Technisch, taktisch, anonym

Kunstpreis für Hongkonger Protestbewegung

05:54 Minuten
Zwei Demonstranten stehen in Hongkong, einer hat eine Maske vor dem Gesicht, der andere ist vermummt und hält in der rechten Hand einen gelben Regenschirm.
Proteste in Hongkong: Für die einen ist es ein Regenschirm, für Thomas Gegenhuber "eine Technologie, um für die Polizei nicht sichtbar zu sein". Der Forscher betont die Bedeutung auch des Analogen. © Picture Alliance / dpa / Ivan Abreu
Moderation: Gesa Ufer |
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Ihr Protest ging um die Welt – nun werden die Aktivisten einer Hongkonger Gruppe mit dem Linzer Ars Electronica ausgezeichnet. Jurymitglied Thomas Gegenhuber sagt, ihre Methoden seien "state of the art" der Protestorganisation.
Das gab es noch nie: Bei den Goldenen Nicas, den Preisen der Linzer Ars Electronica, haben in diesem Jahr in allen Kategorien Frauen abgeräumt – allein der Preis für Digitale Communitys geht an eine gemischtgeschlechtliche Gruppe. Und zwar – und auch das ist besonders – an eine anonyme Aktivistengruppe in Hongkong.

Erfolgreicher Protest

Die Demonstranten erhalten den Preis für ihren innovativen und kreativen digitalen Aktionismus gegen ein Gesetz, das Peking durchsetzen wollte, so dass Hongkonger Bürger unter bestimmten Umständen an China ausgeliefert werden können. Der Protest war so erfolgreich, dass der Gesetzesentwurf im Herbst 2019 zurückgezogen wurde.
Thomas Gegenhuber ist über die Entscheidung erfreut. Die Aktionen der anonymen Truppe seien in vier Bereichen "sehr bewundernswert", meint Gegenhuber, der an der Lüneburger Leuphana Universität Betriebswirtschaft, insbesondere digitale Transformation, lehrt und der internationalen Ars-Electronica-Jury angehört. Die Protestierenden hätten sich 2019 die Leitidee "Be Water!" - "Sei Wasser" von Kampfsportikone Bruce Lee auf ihre Art zu eigen gemacht, heißt es in der Begründung der Jurorinnen und Juroren.

Ohne Führungspersönlichkeit

Zum einen sei es eine Bewegung, die ohne eine Führungspersönlichkeit auskomme; sie habe sich zudem effizient, flexibel und schnell über soziale Medien wie Telegram organisiert; die Aktivisten hätten es zudem geschafft, anonym zu bleiben; und letztlich habe sich die Bewegung auch offline gut koordiniert – beispielsweise mit Handzeichen, um ihre Botschaften zu verbreiten.
Die Kombination sei "state of the art, wie man Proteste organisiert", sagt der Organisationsforscher.
Gegenbauer weist zudem darauf hin, dass es den Aktivisten gelang, verschiedene Bereiche miteinander zu verbinden: "Das eine Technologie wie ein Schirm eine zentrale Rolle spielt, um für die Polizei nicht sichtbar zu sein, zeigt: das Digitale ist wichtig, aber wir müssen die analogen Techniken auch wertschätzen."

Preisgeld geht an Botschafter

Weil die Bewegung personell bekannte Führung habe, sei über die Frage der Preisübergabe mehrere Stunden in der Jurysitzung nachgedacht worden, berichtet Gegenhuber. Die Lösung sei nun, dass die Personen, die die Gruppe der Jury vorgeschlagen haben, sich als Botschafter für die Bewegung sehen. "Sie haben uns auch kommuniziert, dass sie das Preisgeld im Sinne dieser Bewegung verwenden."
(rzr)
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