Telegram als Alternative zu Parler

Was die App für Rechtsextreme so attraktiv macht

09:07 Minuten
Auf einem Smartphone ist die Telegram App zu sehen.
Telegram wird für Rechtsextreme attraktiv, auch weil Nutzerinnen und Nutzer kaum Eingriffe in ihre dortige Kommunikation fürchten müssen. © picture alliance / NurPhoto / Jakub Porzycki
Maik Fielitz im Gespräch mit Gesa Ufer |
Audio herunterladen
Parler wurde abgeschaltet. Twitter hat zahlreiche Accounts gelöscht. Viele rechte Akteure nutzen daher nun Telegram. Denn der Messengerdienst verspreche Privatsphäre, meint Politikwissenschaftler Maik Fielitz. Die Sperrungen seien trotzdem sinnvoll.
Nachdem Twitter neben dem Account Donald Trumps 70.000 Accounts gesperrt hat und Parler abgeschaltet wurde, wandern immer mehr Rechtsextreme in den USA zu anderen Messengerdiensten ab: Unter anderen Telegram kann davon profitieren, bestätigt der Politikwissenschaftler Maik Fielitz.
Das ist nicht das erste Mal: In der Studie "Hate Not Found?! Das Deplatforming der extremen Rechte und seine Folgen" (PDF), hat Fielitz gemeinsam mit Karolin Schwarz die Aktivitäten rechtsextremer Akteure im Netz beobachtet, nachdem deren Accounts auf bestimmten Plattformen gesperrt wurden.
Aus Fielitz Sicht kann eine Sperrung bei Facebook, Twitter und Co. die Akteure durchaus empfindlich treffen, auch wenn sie schnell neue Kanäle nutzen: Es nehme den Akteuren nicht nur Aufmerksamkeit, wie es sich beispielsweise bei dem ehemaligen Breitbart-Star Milo Yiannopoulos beobachten lässt. Viele Akteure hätten sich mit den Social-Media-Kanälen auch ein finanzielles Standbein aufgebaut. "Die finanziellen Anreizstrukturen, sich im rechten Spektrum zu präsentieren, fallen weg", so Fielitz.

Back-up-Kanäle werden im Vorfeld aufgebaut

Lange seien die Plattformen zögerlich gewesen, ihre Regeln bezüglich Hassrede anzuwenden und Accounts zu sperren. Doch mittlerweile seien viele der in der Studie beobachteten Twitter-Profile gesperrt worden, sagt Fielitz.
Oft würden rechtsextreme Akteure deswegen bereits im Vorfeld Back-up-Kanäle anlegen, auf die sie im Falle einer Sperrung umziehen können. Viele ihrer Follower können sie dabei mitnehmen.

Messengerdienste als Massenmedium

Weswegen viele der rechten Nutzer zu Telegram wechseln, lässt sich relativ einfach erklären: Der Messengerdienst verspricht besonders viel Privatsphäre und Schutz. Außerdem werbe Telegram damit, die Kommunikation seiner Nutzer nicht zu moderieren, sagt Fielitz.
Straftaten wie die Erstürmung des Kapitols in Washington zeigen: Messengerdienste sind längst mehr geworden als private Kommunikationswege. "Telegram hat sich in den letzten Monaten und Jahren zu einer Art Massenmedium entwickelt", so Fielitz. Private und öffentliche Kommunikation vermische sich dort zunehmend.
Und: Die Nutzer organisieren sich per Messenger, um Gewalttaten zu planen und durchzuführen. Umso wichtiger sei es, dass Sicherheitsbehörden Social-Media-Kanäle in den Blick nehmen.
(lkn)
Mehr zum Thema