Messengerdienst Telegram

Geschützter Ort für Aufwiegler

08:09 Minuten
Demonstrationen halten Schilder mit Parolen gegen Corona-Einschränkungen
Protestaufrufe werden häufig über den Messenger-Dienst Telegram organisiert. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild
Jan Rathje im Gespräch mit Marietta Schwarz |
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Bei den Protesten gegen Coronamaßnahmen spielt der Messengerdienst Telegram eine immer größere Rolle: als Austauschort für rechte Ideologien und Aufrufe zur Gewalt. Dagegen müsse der Staat etwas tun, fordert der Extremismusforscher Jan Rathje.
Der Messengerdienst Telegram hat sich als zentrales Medium für die aktuellen Proteste gegen Coronamaßnahmen herausgebildet.
Er sei von entscheidender Bedeutung für diese Bewegung, denn dort könnten Dinge gepostet werden, die auf den gängigen Social-Media-Plattformen wie YouTube oder Facebook gelöscht würden, sagt der Politikwissenschaftler Jan Rathje. Er ist Mitbegründer des Thinktanks CeMAS, der sich mit Verschwörungsideologien, Antisemitismus und Rechtsextremismus beschäftigt.

Keine Kontrolle durch Moderation

Auf Telegram fänden sich dagegen – kaum moderiert und leicht auffindbar – Aufrufe zu illegalen Versammlungen oder auch Aufrufe zu Gewalt gegen die mutmaßlich Verantwortlichen der Maßnahmen gegen das Coronavirus.
„Wenn man hier einfach nur die Suchfunktion nutzt, kann man schnell immer weiter in verschwörungsideologische Tiefen hinabsteigen, immer weiter in Chats", erläutert Rathje.
Es sei erkennbar, dass die Akteure hinter den aktuellen Aufrufen zu Protesten zum Teil identisch mit denen der sogenannten Montagsmahnwachen seien: Dazu zählten etwa Jürgen Elsässer und sein Compact-Magazin oder auch Personen wie Ken Jebsen und dessen Mediennetzwerk.

Zu wenig Knowhow im Kampf gegen Gewalt im Netz

Schwierig sei, dass Polizei und Ermittlungsbehörden erst spät das Internet als einen Raum anerkannt hätten, in dem Gewaltaufrufe auch zu physischen Konsequenzen führen können, sagt Rathje.
Man sei dort noch immer im Prozess, Kompetenzen aufzubauen, um zu verstehen, wie die Form der Kommunikation bei Telegram und generell Social Media funktioniere.
Als richtigen und wichtigen Schritt begrüßt der Extemismusforscher, dass Telegram auch vom Bundesjustizministerium nun stärker beachtet wird, etwa im Rahmen des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes.
Das Gesetz zielt darauf ab, Hasskriminalität, strafbare Falschnachrichten und andere strafbare Inhalte auf den Plattformen sozialer Netzwerke wirksamer zu bekämpfen.

Keine Reaktion der Verantwortlichen

„Problematisch ist, dass die Firma hinter Telegram überhaupt nicht greifbar ist für den deutschen Staat.“ Auch der Versuch Russlands im Jahr 2018, den Dienst des Telegram-Gründers Pawel Durow zu blockieren, scheiterte.
Hier müsse nach weiteren Lösungen gesucht werden, wie Maßnahmen gegen Telegram verfangen könnten, wenn dort Hassbotschaften, Drohungen, Mordaufrufe, Antisemitismus oder Holocaustleugnung gepostet würden, fordert Rathje. "Damit diese Inhalte dann gelöscht und Betroffene geschützt werden können.“
(mle)

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