Musikalische Konkurrenz für den Thomaskantor
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Im Jahr 1704 wird der junge Georg Philipp Telemann Musikdirektor der Leipziger Neuen Kirche und etabliert dort sein Collegium Musicum. Der Thomaskantor verzweifelt: Seine besten Musiker wechseln zu den Neuen, die offenbar mehr Spaß haben.
Der 23-jährige Georg Philipp Telemann übernimmt im September 1704 das Amt des Organisten und Musikdirektors der Leipziger Neuen Kirche. Diese ist unabhängiger von den Hauptkirchen St. Thomas und St. Nikolai. Seine Neue Kirche wird nicht regelmäßig vom Thomaskantor und den Thomanern betreut und bespielt.
Telemann muss für die Gottesdienste an seiner Kirche oft selbst Musik und Gesang organisieren. Mit unglaublichem Geschick etabliert er eine unabhängige Institution im Musikleben der Messestadt, das Collegium Musicum. Die neue Situation wird für den amtierenden Thomaskantor Johann Kuhnau – den Vorgänger Bachs – fatal, denn etliche seiner bisherigen musikalischen Helfer wechseln die Seite, ist doch die Neukirchenmusik viel agiler, moderner. Und vor allem ist sie auch finanziell lukrativer.
Musikästhetische Kontroverse
Erfolglos beklagt der Thomaskantor "Das wilde Opernwesen" im benachbarten Gotteshaus. Doch seine Gesuche an den Leipziger Rat bleiben erfolglos. Die Neukirchenmusik bleibt eine autonome Musikinstitution, was in späteren Jahren selbst für Johann Sebastian Bach nicht ohne Folgen sein sollte.
Denn in der "Neuen" erklingen vor allem Werke der jüngeren Komponistengeneration, auch die eines Johann Adolph Scheibe. Der kritisiert zudem lauthals und undiplomatisch Bachs Kompositionsstil und löst damit eine länger andauernde, musikästhetische Kontroverse aus.