Telemarken

Renaissance eines Skifahr-Stils

04:59 Minuten
Johanna Holzmann fährt bei einem Wettkampf eine Skipiste hinunter.
Beim Telemarken ist der Fuß in der Bindung nur vorne an den Zehen fixiert, die Ferse bleibt frei. © Deutschlandradio/ Caroline Kuban
Von Caroline Kuban |
Audio herunterladen
Der norwegische Telemarkstil war bei Skifahrern nahezu in Vergessenheit geraten. Inzwischen erlebt er eine Renaissance. 14 Nationen waren beim Weltcup in Oberjoch im Allgäu vertreten. Bald geht es weiter zur WM nach Norwegen. In die Provinz Telemark.
Es sieht aus wie Skifahren aus einer längst vergangenen Zeit. In weiten Kurven gleiten die Telemarker den Berg hinunter. Bei jedem Schwung schiebt sich wechselseitig ein Fuß nach vorne. Das Knie des hinteren Beines sinkt Richtung Ski, die Ferse hebt sich von der Bindung. Wie bei einem Knicks. Elegant, und auch ein bisschen altmodisch mutet es an.
Die Provinz Telemark liegt im Süden Norwegens. Von hier aus verbreitete sich Ende des 19. Jahrhunderts die Idee, Skifahren als Sport zu betreiben - inklusive dem danach benannten Fahrstil. Die Idee erreichte auch den Alpenraum, wo Ski und Schwungtechnik in den folgenden Jahrzehnten konsequent weiterentwickelt wurden. Dabei stritten sich Österreicher und Norweger vor allem um die richtige Bindung, wie der Tiroler Bergsteiger, Regisseur und Schauspieler Louis Trenker von den Anfängen berichtete:
"Und mit heiligem Zorn haben sie sich angegriffen, und gekämpft haben sie um die Bindung. Der Ski vereinigt uns, aber die Bindung trennt uns!"

Telemarker sind längst keine Exoten mehr

Modernes Material und großflächige Liftanlagen sorgten später für den Aufstieg zum Massenphänomen. Dabei galt der Parallelschwung in festen Bindungen lange Zeit als Bewegungsideal – der norwegische Telemarkstil geriet in Vergessenheit. Einen festen Platz hatte er nur beim Skispringen. Inzwischen sind die Telemarker längst auf die Pisten zurückgekehrt – und messen sich regelmäßig bei Wettkämpfen. Zum Beispiel beim Telemark-Weltcup in Oberjoch im Allgäu. Christian Leicht steht am Rand der Piste und freut sich über das rege Interesse der zahlreichen Zuschauer. Exoten seien sie schon lange nicht mehr, sagt der Referent für Telemark im Deutschen Skiverband:
"Das ist so exotisch wie Biathlon. Wenn ich auf der Langlaufloipe bin, sehe ich in der Regel auch niemanden mit einem Gewehr auf dem Rücken laufen. Ich sehe die Telemarker, ich glaube, es hat sich die letzten Jahre etabliert, im Wettkampfsport auch, aber es genießt natürlich ein Schattendasein aller anderen großen Disziplinen."
15 Athleten umfasst der deutsche Nationalkader momentan. Es gibt fünf verschiedene Disziplinen im Telemarken, erläutert Christian Leicht, drei davon werden im Weltcup gefahren:
"Da gibt es den Parallelsprint, den wir heute sehen, da gibt’s den sogenannten Sprint , das ist in etwa eine Riesenslalomstrecke und den Classic, das ist eine lange Strecke mit Laufzeiten bis zu zwei Minuten. Alle haben gemeinsam, dass man durch Tore fahren muss, dass man springen muss, nach Weite, und dass man skaten muss."

Der Fuß ist in der Bindung nur vorn fixiert

In Oberjoch starten 55 Teilnehmer aus immerhin 14 Nationen. Johanna Holzmann vom SC Oberstdorf ist eine von ihnen. Mit 15 fuhr sie ihr erstes Weltcuprennen. Mit 22 gewann sie letzten Winter als erste Deutsche den Gesamtweltcup der Telemarker:
"Was mir besonders daran gefällt, ist die Freiheit auf dem Ski. Durch die freie Ferse hat man einfach viel mehr Bewegungsspielraum und kann auch einfach mal gemütlich fahren und trotzdem mega viel Spaß haben."
Das ist der wichtigste Unterschied zum Alpinskifahren: Der Fuß in der Bindung ist nur vorne an den Zehen fixiert, die Ferse bleibt frei. Johannas Lieblingsdisziplin ist der Parallelsprint. Hier fahren zwei Athleten in einem direkten Duell gegeneinander.
"Beim Parallel muss man schon den richtigen Riecher haben. Man muss Lücken sehen, man muss in Sekunden oder Hundertstel Schnelle entscheiden, ob man rechts oder links versucht vorbeizugehen, welche Linienwahl man trifft. Es gibt da schon viel zu beachten, und wer das einfach alles am Besten hinkriegt, der kommt dann als Sieger hervor."
Ihr nächstes Ziel will sie in drei Wochen angehen: eine Medaille bei der Weltmeisterschaft in Rjukan, einem kleinen Ort in der norwegischen Provinz Telemark. Dort, wo der Sport ganz bei sich ist.
Mehr zum Thema