Der Beitrag ist eine Wiederholung vom 7. Februar 2022.
Mexikos Tequila-Boom
Eine zähe Pflanze, die den rauen Bedingungen trotzt: ein Agavenfeld bei Tequila, dem Ort, der dem Schnaps den Namen gab. © Deutschlandradio / Marc Dugge
Ein Schnaps erobert die Welt
22:05 Minuten
Tequila, der mexikanische Agavenschnaps, feiert historische Absatzrekorde: 2021 wurde so viel produziert wie nie zuvor. Trendsetter im Business sind Stars wie George Clooney oder Carlos Santana. Ein Boom, den man auch in Mexiko spürt.
Wenn es in Mexiko-Stadt einen Ort gibt, an dem der Tequila gefeiert wird, dann hier: im Salón Tenampa, einem Traditionslokal im historischen Zentrum. Mariachi-Sänger schmettern ihre Lieder – ein Song: 20 Pesos und ein Euro –, während der Tequila in Strömen fließt, und die Gäste kaum ihr eigenes Wort verstehen. So soll es sein.
Auch Frida Kahlo hat hier Tequila genippt
Was für München das Hofbräuhaus ist, ist für Mexiko das Tenampa. An den Wänden hängen Bilder von mexikanischen Legenden. Von der Malerin Frida Kahlo zum Beispiel, auch sie hat hier schon an ihrem Tequila genippt.
Die meisten der Bilder zeigen aber Sängerinnen und Sänger. Manche von ihnen hat das Tenampa berühmt gemacht.
„Dieser Ort besticht durch sein Erbe", sagt Ramses Cuevas, Chefs des Tenampa. Er trägt keinen Sombrero, sondern schwarzen Anzug und Krawatte. "Kaum jemand in Mexiko dürfte das Tenampa nicht kennen. Hier gibt es jeden Tag Mariachi-Lieder, Tequila und typisch mexikanisches Essen. Das Tenampa steht für alles, was Mexiko ausmacht.“
Und dazu gehört eben auch unbedingt der Tequila, der mexikanische Agavenschnaps. Er schimmert hier in den Gläsern: klar wie Wasser, gold- oder bronzefarben – je nach Alter. „Das ist unser Nationalgetränk, der darf an so einem Ort nicht fehlen. Wir haben mehr als 70 verschiedene Tequilas auf der Karte. Von einem jungen Tequila bis zu einem Extra Añejo. Wir haben für alle Geldbeutel und Geschmäcker etwas.“
Nicht kippen, sondern langsam kosten
Plata, Reposado, Añejo, Extra Añejo, Cristalino – in all diesen Bezeichnungen kann man sich als Tequila-Neuling schnell verlieren. „Die Tequilas, die länger im Holzfass lagern, sind meistens teurer, sie sind auch leichter zu trinken", sagt Geschäftsführer Ernesto Jimenez. Er gibt gern Orientierungshilfe. "Tequilas, die direkt abgefüllt werden, sind dagegen eher stark. Früher hat man eher jene Tequilas getrunken: die, die in der Kehle brennen."
Daher komme auch die Tradition, sie in einem Zug zu trinken. "Dabei ist der Tequila wie ein guter Wein, den du langsam kosten musst, um zu wissen, ob er dir schmeckt. Im Ausland kennt man ja oft nur ganz wenige Marken. Aber bald werden es mehr werden. Das lässt sich nicht mehr aufhalten."
Reise zu den Ursprüngen, nachmittags an der Bundesstraße von Guadalajara nach Tequila, in der Nähe von El Arenal. Links und rechts die trockenen Felder. Darauf lange Streifen, in denen sich eine Agave an die andere reiht. Wie ausgerollte, mattgrüne Teppichläufer in Richtung Horizont. Zum Abend hin wird die Sonne sie in ein milderes Licht tauchen.
„Die Agave ist sehr genügsam", sagt Brennereibesitzerin Leticia Hermosillo. "Sie muss nicht gegossen werden, ihr reicht das Wasser, das bei einem Unwetter vom Himmel kommt. Du musst gut auf sie aufpassen, damit sie immer weiterwächst – Jahr für Jahr. Eines Tages entsteht eine Blume an ihr, die Quiote genannt wird. Sie enthält Samen, aus denen dann neue Agaven entstehen.“
Die erste Frau im Tequila-Business
Eine zähe Pflanze, die den rauen Bedingungen trotzt. Das könnte man auch über Leticia Hermosillo sagen. Sie war die erste Frau, die in Mexiko eine eigene Tequila-Brennerei aufgemacht hat. „Cava de Oro“ heißt sie, „Goldener Keller“. Sie liegt gleich neben der Bundesstraße.
Kein einfacher Schritt. „Du musst schon deine Klauen ausfahren, sonst fressen sie dich", sagt sie. "Dafür musst du schon den entsprechenden Charakter haben. Den kann man sich nicht anerziehen, damit wird man geboren!“
Leticia lässt keinen Zweifel daran, dass sie den nötigen Charakter für diesen Job mitbringt, und das nötige Selbstbewusstsein. Enge rote Lederhose, Gucci-Gürtel, knallroter Lippenstift, lange lockige Mähne. Eine von hier. Sie hat klein angefangen, vor 22 Jahren, mit ihrem Mann und kleinen Kindern.
Sie wusste, wie man Agaven schneidet und Tequila brennt. Das hat ihr Respekt auch bei den Männern eingebracht, sagt sie. „Wir haben schon in der Kindheit angefangen. Da habe ich auf dem Feld gearbeitet. Darum weiß ich alles darüber: wie man die Erde bearbeitet, wie und wann man die Agaven pflanzt und wie man sie pflegt. Der einzige Feind der Agave ist das Feuer. Wenn man die Gegend, in der die Agave wächst, nicht sauber hält, brennt sie ganz schnell in der Trockenheit.“
Wahr ist aber auch: Agavenbesitzerinnen wie Leticia müssen Weinbauern neidisch machen. Denn anders als Weinreben müssen Agaven weder gegossen noch größer beschnitten werden. Sie stehen einfach da und wachsen.
Agaven müssen rasiert werden
Die Besitzer müssen im Grunde erst nach einigen Jahren wieder aktiv werden. „Früher wurde die Agave erst nach zehn Jahren rasiert", sagt Leticia. "Aber, weil die Leute jetzt immer mehr Tequila wollen, machen wir das manchmal schon nach sieben Jahren – in seltenen Fällen sogar nach sechs. Aber sieben Jahre sollten es schon mindestens sein.“
Rasieren heißt: die harten, spitzen Blätter abschneiden, um zum Herz der Agaven vorzudringen, der sogenannten Piña. Aus der Piña wird der Tequila gewonnen.
Wie das geht, lässt sich ein paar Kilometer weiter in der Kleinstadt Tequila beobachten, die dem Schnaps ihren Namen gegeben hat.
Tequila ist ein hübscher 30.000-Einwohner-Ort mit Dorfkirche, Dutzenden Tequila-Geschäften, feinen Restaurants – und ganzen neun Tequila-Brennereien. Eine von ihnen ist José Cuervo.
Auf dem Fabrikgeländer schaufelt ein Bagger Piñas auf einen Haufen, daneben spaltet ein Arbeiter die Agavenherzen mit einer Axt. „Wenn man die Agaven spaltet, ist es leichter, sie zu kochen", erklärt Mitarbeiter Alonso González. "So kommt der Dampf leichter in die Fasern, und die Agave wird von allen Seiten gleichermaßen gekocht.“
Sieben Kilo Agavenherz braucht es für einen Liter Tequila. Die Brennerei José Cuervo produziert Millionen Liter. Es ist der größte Tequila-Hersteller weltweit. Seit über 200 Jahren ist das Unternehmen im Zentrum von Tequila ansässig.
55 Prozent Alkoholgehalt
Über dem Ort hängt stets ein süßlicher Geruch von gekochten Agaven. Ein angenehmer Duft. Aber das war nicht immer so. „Früher galt Tequila als nichts Besonderes. Der Herstellungsprozess war nicht sehr kontrolliert, teils rochen die Tequilas sehr schlecht", sagt Alonso González. "Daher nahm man Salz und Zitrone, um ihn überhaupt herunterzubekommen. Die Tequilas hatten manchmal mehr als 80 Prozent Alkohol! "
Die Zeiten sind lange vorbei. Alonso González führt durch die Fabrik. Wo die Agavenherzen in großen Öfen gebacken und anschließend zerkleinert werden. Damit wird der süße Saft freigesetzt, der dann in großen Tanks gärt. Die Flüssigkeit hat zunächst nur einen niedrigen Alkoholgehalt. Sie wird anschließend zweifach destilliert, um einen klaren Tequila ohne Rückstände zu erhalten. Das ist dann der sogenannte Plata mit 55 Prozent Alkohol.
„In Mexiko dürften wir das verkaufen, aber 55 Prozent sind schon sehr aggressiv", sagt González. "Also verdünnen wir das – auf 40 Prozent für Tequila, der außerhalb Mexikos verkauft wird. Diesen Tequila füllen wir direkt in Flaschen ab oder wir lassen ihn noch in Fässern reifen. Das gibt dem Tequila eine andere Farbe und Struktur – für den Reposado, den Añejo oder Extra Añejo.“
Je länger der Tequila lagert, desto dunkler wird er – und desto süßer. Ein Reposado liegt nur wenige Monate im Fass, ein Añejo zwischen einem und drei Jahren, und ein Extra Añejo ist älter als drei.
340 Millionen Liter für den Export
Alonso González führt in den Keller der Brennerei, wo Dutzende Holzfässer gestapelt sind. In manchen war in einem früheren Leben Whisky, in anderen Cognac. „Das sind Fässer aus Tennessee, Frankreich oder Kentucky. Sie geben jeweils ein anderes Aroma." Natürlich sei ein amerikanisches Fass günstiger, aufgrund der Nähe. "Aber wir haben auch europäische, die dem Tequila oft nochmal ein anderes, intensiveres Aroma geben. Je nach Fass kann ein Tequila nach einem Jahr einen völlig anderen Geschmack haben. Wie genau er schmecken soll, muss der Kellermeister entscheiden.“
Dann öffnet Alonso die Schatzkammer: Hinter einer Gittertür lagern große bauchige und ziemlich verstaubte Glasflaschen. In ihnen schwimmt Tequila, der zwischen 1890 und 1900 produziert wurde. Ob er noch schmeckt, ist fraglich. In jedem Fall sei er unbezahlbar, sagt Alonso.
Damals wurden in Mexiko noch kleine Mengen produziert, für den heimischen Markt. Im vergangenen Jahr gingen dagegen allein 340 Millionen Liter in den Export. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr, und schon 2020 war ein Boom-Jahr.
Regulationsrat wacht über Qualität
„Das sind Mengen, die wir uns nie, niemals hätten vorstellen können“, sagt Ramón González vom Tequila-Regulationsrat in Guadalajara. Diese gemeinnützige Institution bestimmt, was sich in Mexiko Tequila nennen darf.
So muss der Schnaps etwa aus einer bestimmten Agavensorte gemacht werden, der Blauen Weber Agave – anders als der andere beliebte Agavenschnaps, der Mezcal. Außerdem darf Tequila nur in einigen wenigen Regionen von Mexiko produziert werden – und mehr als die Hälfte seines Zuckers muss aus der Agave stammen.
Der Regulationsrat wacht über die Qualität und zertifiziert die Hersteller. Die Zeiten, in der in der Branche Wildwuchs herrschte, die seien vorbei, so Ramón González. Und das zahle sich aus: „Wir sehen das hier ganz deutlich: Als der Regulationsrat im Jahr 1994 geschaffen wurde, lag die Produktion bei 80 Millionen Litern, 2021 werden es mehr als 500 Millionen gewesen sein.“
González räumt aber ein, dass der Erfolg nicht komplett hausgemacht ist. Verantwortlich für den jetzigen Boom seien auch die Verkäufe in den USA. Dorthin geht traditionell der Großteil der Exporte, derzeit fast 90 Prozent. Seit dort mehrere Stars mit eigenen Tequila-Marken werben feiert das Getränk reißenden Absatz. Schon 2013 hat George Clooney sein eigenes Tequila-Label gegründet. "Casamigos" heißt es, zu Deutsch so viel wie: „Haus von Freunden“.
Viele Promis sorgen für Boom
Clooney konnte seine Tequila-Marke schon wenige Jahre später sehr lukrativ weiterverkaufen. Eine Milliarde Dollar hat ihm das eingebracht. Ramón González vom Tequila-Regulationsrat muss lächeln, wenn er davon erzählt.
Clooney sei nicht der Einzige, der in Tequila mache. „Da sind auch Michael Jordan, Carlos Santana und das Model Kendall Jenner aus dem Kardashian-Clan. Einige hier in Mexiko haben Kendall Jenner beschuldigt, sich unsere Kulturgüter anzueignen.
"Wie bitte? Sie kommt hierher, investiert in Mexiko, ein hiesiger Tequila-Produzent stellt es für sie her, sie zahlt die Gehälter, die Agave, Etiketten, Transport. Wenn sie den Tequila verkaufen kann, umso besser!“, sagt dazu González.
Eine Flasche ihres Tequila kostet in Deutschland rund 100 Euro. Kein günstiges Vergnügen. Ihre Fans zahlen es offenbar gern, und Fans hat sie genug: Auf Instagram hat Kendall Jenner mehr als 200 Millionen Follower. Wenn sie für ein Produkt wirbt, zeigt das eine Wirkung, von der mexikanische Tequila-Unternehmer nur träumen können.
Positiver Effekt für die Wirtschaft
Aber natürlich kommt vom Tequila-Boom in den USA auch in dessen Heimat etwas an. „Die Bauern der Region werden reicher, weil der Preis für einen Kilo Agave enorm gestiegen ist", sagt der Historiker und Tequila-Experte Dario Chavira. "Derzeit liegen wir bei 28 bis 30 Pesos für die beste Qualität. Eine Piña Agave wiegt etwa 60 Kilo – also bringt sie etwa 1800 Pesos. Pro Feld pflanzt man zwischen 2500 und 3500 Agaven. Das bringt viel Geld.“
Und dieses Geld sei in Jalisco mittlerweile sichtbar, so Chavira. Einer Gegend, die bisher nicht übermäßig reich war: „In den Dörfern hier ist zu spüren, dass die Lebensqualität steigt. Da werden etwa die Söhne auf einmal auf die Universität geschickt. Hier war es sonst eher üblich, dass die Menschen eine einfache Schulbildung bekommen – das war es dann."
Und es werde viel gebaut, nicht nur Privathäuser, auch in den Tequila-Unternehmen. Das sorge wiederum dafür, dass Menschen aus anderen Teilen Mexikos kommen, um hier zu arbeiten. "Die Leute von hier hören auf, selbst zu arbeiten, und stellen daher andere von außerhalb an.“ Der Boom freut Agavenbauern, Tequila-Hersteller und die lokale Wirtschaft ebenso wie den Staat.
Negative Folgen für die Umwelt
Er hat aber auch seine Schattenseiten, sagt Antonio Castañeda. Der Ingenieur ist Experte für Wassermanagement an der Universität Guadalajara. So sei der Waldbestand in den Anbaugebieten zuletzt immer weiter zurückgegangen. Statt Bäumen stünden dort heute Agaven.
„Da werden vorsätzlich Brände gelegt. Dafür gibt es dann ein Bußgeld, und in der folgenden Saison stehen dort nicht mehr Maispflanzen, sondern Agaven. Vor 25 Jahren lag der Preis für ein Kilo Agave bei zwei Pesos. Heute liegt er zwischen 25 und 40. Deswegen wollen viele Menschen lieber in Agaven investieren.“
Die wachsende Monokultur schade aber nicht nur der Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt, so Castañeda. Sie fördere auch die Erosion. Und dann sei da das Problem, dass nur die wenigsten Tequila-Hersteller ihre Abfälle, die sogenannte Vinasse, umweltverträglich entsorgen.
Denn das sei ein teures Verfahren, das sich nur wenige Hersteller leisten könnten oder wollten. So landen die Abfälle oft auf Feldern oder in Flüssen, so Castañeda: „Das ist ein großes Problem, denn es gibt immer mehr Vinasse – und die Auswirkungen sehen wir, wenn Fische in den Flüssen sterben oder auf belasteten Feldern über Jahre nichts angepflanzt werden kann.“
Die Tequila-Branche ist sich des Problems bewusst. Deswegen will sie jetzt ein spezielles Umweltsiegel einführen. Klebt es auf der Flasche, sollen Verbraucher künftig die Sicherheit haben, dass ihr Tequila umweltgerecht produziert worden ist. Damit der Tequila-Boom auch vor kritischeren Geistern nicht haltmacht.
Tequila als Luxusartikel
Im Tequila steckt viel Geld. Das Getränk ist längst zum Luxusartikel geworden. Eine Flasche kann schon mal 200, ja sogar 2000 Euro kosten – nach oben sind keine Grenzen gesetzt. In Deutschland denken viele bei Tequila aber immer noch eher an dem Schnaps, den man zu vorgerückter Stunde in der Disco runterkippt, mit Salz und Zitrone, und den man dann am Tag danach bitter bereut.
Auch Christian aus Nürnberg hatte bei Tequila diese Assoziationen. Er macht gerade Urlaub in Mexiko und besucht die Brennerei Cava de Oro. „Es ist so ein bisschen das K.o.-Getränk, von dem jedem einem einmal schlecht geworden ist. Aber heute ist das eine ganz andere Erfahrung, um mal den ganzen Prozess dahinter zu verstehen. Wir haben natürlich ein paar Flaschen mitgenommen."
Woran man einen guten Tequila erkennt, weiß kaum jemand besser als Ana Maria Romero. Die Sommelière hat Tequila-Proben zu ihrem Beruf gemacht.
„Ein guter Tequila riecht nach Agave, sein Aroma erinnert an gerösteten Kürbis oder Süßkartoffel, an Rohrzucker", erklärt sie. "Er hat Aromen der Erde oder von Zitrusfrüchten in sich. Er muss mir seine Geschichte über die Duftnoten erzählen. Er darf in der Nase nicht scharf sein und der Alkohol nicht zu aufdringlich, und dann muss er den Mund verführen: Das Versprechen, das er der Nase gegeben hat, muss er im Mund einlösen.“
Mehr als 600 Geschmacksbestandteile
Ana Maria Romero ist um Worte nicht verlegen, wenn sie auf Tequila zu sprechen kommt. In ihrem Restaurant „La Tequila“ in Guadalajara hat sie Dutzende verschiedene Marken im Regal stehen. Sie kennt sie alle.
Sie schmeckten tatsächlich teils völlig unterschiedlich, sagt sie. „Obwohl wir es beim Tequila immer mit der Blauen Weber Agave zu tun haben, haben das Klima und die Beschaffenheit der Erde Einfluss auf ihren Geschmack."
In der Alteña-Region habe die Pflanze beispielsweise mehr Fasern und weniger Wasser. Dadurch stehe sie quasi unter Stress. "Der Tequila hat hier eine eher fruchtige Note, die an Kirsche oder Birne erinnert. Im wärmeren Klima von Los Valles, rund um den Vulkan, wo die Böden heiß sind, hat er eher Zitrus- und Kräuteraromen.“
Am Anfang ihrer Karriere interessierte sie sich vor allem für Wein. Sie bereiste Europa, um ihren Gaumen auszubilden. In Cognac fragte ein Cognac-Produzent die Mexikanerin, was sie von Tequila halte. Da merkte sie, dass sie nichts davon wusste. Und sie begann, sich durchzuprobieren.
„Was mich am meisten begeistert hat, war die Komplexität seiner Aromen." Cognac habe rund 300 Komponenten, die dem Getränk seinen Geschmack verleihen, Rum 150. "Ich hätte nie gedacht, dass ein Tequila mehr als 600 Geschmacksbestandteile hat. Ich habe fast alle Hersteller besucht und eine Karte erstellt, welche Aromen aus der Erde kommen, welche vom Kochprozess, der Fermentation, der Destillation und der Lagerung.“
Ein wichtiger Teil der Geschichte Mexikos
Ana Maria Romero war Tequila-Pionierin. In seiner Heimat sei der Tequila lange kaum wertgeschätzt worden, sagt sie. Ein Getränk, das schon in vorspanischer Zeit getrunken wurde – und das sehr mit der Identität Mexikos verknüpft sei.
In Mexiko gebe es rund 200 verschiedene Agavensorten. "150 davon existieren nur hier." Die Agave habe daher schon in der vorspanischen Zeit eine große Rolle gespielt. "Wir wissen nicht, wann unseren Vorfahren eingefallen ist, eine Agave zu kochen, zu zerkleinern und sie dann vergären zu lassen. Aber alte Aufzeichnungen und Keramikmalereien erzählen uns, dass die frühen Kulturen eine Beziehung zu dieser heiligen Pflanze hatten. Das hat mich gefesselt. Es ist wie ein Rückspiegel, in dem du sehen kannst, wie der Tequila zu einem wichtigen Teil unserer Geschichte wurde.“
Und diese Geschichte ist weniger eine Geschichte von Edelbrennereien, internationalen Unternehmern oder Marketingstrategen in Hollywood. Ramón González vom Tequila-Regulationsrat sagt: Der Tequila darf nicht seine Wurzeln vergessen. „Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur auf Super-Premium-Tequilas setzen und das klassische Segment aus dem Blick verlieren. Das wäre ein schwerer Fehler."
Noch vor 40 Jahren sei der Tequila ein Getränk der armen Leute, der Bauarbeiter gewesen. "Dieses Milieu hat den Tequila hervorgebracht – und diesen Menschen darf man den Tequila nicht wegnehmen! Einen Tequila für 1000 Pesos kann man doch keinem Maurer verkaufen!“