Kommentar zu Elon Musk

Behaltet eure Tesla-Aktien!

04:42 Minuten
Demonstranten halten Schilder auf einer Brücke über einer Straße hoch, darauf steht: "Tesla funds fascism" oder "honk if you hate Elon".
Tesla ist vom grünen Vorzeige-Unternehmen mehr und mehr zum Ziel von Protest geworden © picture alliance / ZUMAPRESS.com / Cameron Scott
Kommentar von Arno Orzessek |
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Elon Musk ist vom grünen Tech-Unternehmer zum Kumpel von Donald Trump geworden, der den US-Staatsapparat mit Massenentlassungen erschüttert. Manche ehemalige Anhänger wollen ihm nun schaden, indem sie Tesla-Aktien verkaufen. Keine gute Idee.
Es gab Zeiten, da hielten viele Menschen Elon Musk, den Gründer und Chef von Tesla, für den genialen Weltverbesserer, für den er sich selbst immer noch hält. Zwar war das Modell S, das erste von Tesla, zu groß und zu stark motorisiert, um dem Umweltschutz zu dienen. Aber als zwischenzeitlich meistverkauftes Elektro-Auto überhaupt symbolisierte es wie kein anderes eine emissionsarme automobile Zukunft.
In allen möglichen weltanschaulichen Milieus entfaltete sich um Musk ein ähnlicher Personenkult wie einst um Apple-Mitbegründer Steve Jobs. Doch vor Jahren bog Musk rechts ab. Und seit er im Auftrag seines Kumpels Donald Trump im US-Staatsapparat chaotische Massenentlassungen befehligt, hat er Verächter ohne Zahl.
Manche von ihnen demonstrieren gesittet gegen den empathielosen Multimilliardär, nicht Wenige verkaufen ihren Tesla, andere fackeln Exemplare der Marke auf offener Straße ab. Und dann gibt es die vielen, die – von Musk angewidert – ihre Tesla-Aktien veräußern. Auch deshalb ist deren Kurs in dem Börsen-Chaos', das Trump angerichtet hat, um bis zu 40 Prozent gefallen.

Verkäufe treffen Musk - aber nicht nur ihn

Da sich Musks famoser Reichtum nicht zuletzt auf selbige Aktien gründet, trifft ihn der Kursverfall zumindest theoretisch mit voller Wucht. Toll!... könnte man sagen. Der narzisstische Tunichtgut bekommt eine fette Rechnung für das Unwesen, das er in Trumps Auftrag treibt, während sich die Ex-Aktionäre auf der richtigen Seite der Geschichte wähnen dürfen.
So gesehen, wäre die Börse eine moralische Anstalt, die es selbst Klein-Anlegern erlaubt, sich an der Abstrafung ausgerasteter Kapitalisten zu beteiligen. Und sollte er oder sie die Tesla-Aktien einst sehr günstig erworben haben, könnte der moralische Gewinn beim Abstoßen sogar mit monetärem Gewinn einhergehen. Besser geht’s nicht, oder?
Nun, wenn man den Fokus weitet, wird die Sache komplizierter. Aktien, auch die von Tesla, spielen bei der Altersversorgung vieler Menschen gerade in den USA eine Rolle. Wer Musk per Kurs-Drücken ärmer macht, macht auch sie ärmer.... Kein erhebender Gedanke. 
Musk allerdings wird deshalb nicht an der Armentafel speisen, besagte Rentner vielleicht schon.
Sollte durch den Sturz von Aktienkurs und Absatzzahlen Tesla generell ins Wanken geraten, wären bald Beschäftigte des Herstellers betroffen – darunter die mehr als 10.000 in Grünheide bei Berlin. Bereits jetzt profitieren von der Tesla-Krise in erster Linie chinesische Konkurrenten wie BYD, die auf dem Markt für Elektro-Autos ohnehin an die Spitze stürmen. Doch mit welcher wertegeleiteten Begründung könnte man den Erfolg von staatlich gepamperten Konzernen aus der Ein-Parteien-Diktatur China eher wollen als den Erfolg von Tesla?

Verkäufe sind eher nur Psycho-Hygiene

Gewiss, es zeugt von moralischer Sensibilität, wenn Aktionäre ihr Portfolio mit ihrem Gewissen abgleichen. Und wenn sie sich das im Zweifel etwas kosten lassen – bravo! Ob die Welt dadurch objektiv besser wird, bleibt jedoch angesichts der global vernetzten Wirtschaft höchst fraglich.
Sticker auf der Motorhaube eines Tesla neben dem Markenlogo mit Der Aufschrift: "I bought this before Elon went crazy".
Sticker auf der Motorhaube: Manche Tesla-Fahrer wollen zeigen, dass sie mit der politischen Haltung von Elon Musk nicht einverstanden sind.© picture alliance / Peter Schatz / Peter Schatz
Es gibt also wenig Gründe, den Verkauf von Tesla-Aktien schön zu reden. Der Haupteffekt liegt in der seelischen Hygiene. 
Eine Möglichkeit, Musk abzustrafen und zugleich wirklich Gutes zu tun, hätten barmherzige Aktien-Samariter zuletzt aber doch gehabt. 
Sie hätten per Terminkontrakt auf den sinkenden Kurs der Tesla-Aktie wetten und den Gewinn zum Beispiel an die US-Bürger verteilen können, die Musk aus ihren Ämtern gejagt hat.
Doch machen wir uns nichts vor. Wer gegen Tesla gewettet hat, hat seinen Gewinn behalten. Und die meisten derjenigen, die ihre alten Tesla-Aktien verkaufen, werden das erlöste Geld wieder aussichtsreich investieren. Denn die Börse ist keine moralische Anstalt. Sie mag in der Causa Musk Triebabfuhr und die Illusion gerechter Bestrafung ermöglichen. Aber am Ende geht es dort jenseits von Gut und Böse nicht um die Optimierung der Moral, es geht um die Maximierung von Gewinn.

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