Tessa Hadley: "Zwei und zwei"
Aus dem Englischen von Gertraude Krüger
Kampa Verlag, Zürich 2020
320 Seiten, 22 Euro
Man kann nicht alles haben im Leben
04:51 Minuten
Zwei befreundete Ehepaare, zwei Töchter, viele gemeinsame Jahre: Und plötzlich bricht alles auseinander, als einer der Männer stirbt. Tessa Hadleys Roman "Zwei und zwei" erzählt über späte Leidenschaften und frühe Irrtümer.
Der Roman beginnt mit dem Tod. Der erfolgreiche Kunsthändler ist plötzlich gestorben, seine ebenso schöne wie lethargische Frau zieht zu dem engsten Freundespaar, das ebenso schockiert und traurig ist wie sie. Er war sein ältester Freund, sie ist ihre älteste Freundin.
In der Jugend war die eine mit dem anderen liiert, die andere in den einen verliebt und dann hatte sich alles gedreht und die Paare wurden neu geordnet und alles schien gut so. Zwei Töchter wurden geboren, die ebenso eng miteinander befreundet sind wie ihre Mütter und Väter. Die Familien fuhren zusammen in die Ferien, liebten und vertrauten einander. Und nun ist einer plötzlich weg. Aus dem ausgeglichenen Viereck wird ein instabiles Dreieck.
Schmerzvolle Fassungslosigkeit
Die englische Autorin Tessa Hadley, Jahrgang 1956, erzählt von Freundschaft und Liebe, von der Erinnerung an die Jugend und die überraschenden Verwerfungen des Alters. Die beiden Frauen sind sehr verschieden und einander seit der Schule trotzdem eng verbunden. Die schöne Lydia und die begabte Christine.
Die eine hat Zeit ihres Lebens nicht gearbeitet, sich von ihrem Ehemann umsorgen und aushalten lassen, die andere hatte ihre Dissertation nicht beendet und war zur Künstlerin geworden. Ihr Mann, der eigentlich Dichter sein wollte, arbeitet als Lehrer und hat das Schreiben aufgegeben, während es sein weniger begabter Freund zum reichen Kunsthändler gebracht hat.
Wer passt zu wem und warum? Die Jungendfrage stellt sich im Alter neu und plötzlich sind die Endfünfziger in dieser Geschichte aus allen Sicherheiten gerissen. Tessa Hadley beschreibt die müden Gewohnheiten eines Ehepaares ebenso nuancenreich wie sie die schmerzvolle Fassungslosigkeit der betrogenen Ehefrau und die ängstliche Leidenschaft der Untreuen in allen Gefühlsschwankungen einfängt.
Die eine hat Zeit ihres Lebens nicht gearbeitet, sich von ihrem Ehemann umsorgen und aushalten lassen, die andere hatte ihre Dissertation nicht beendet und war zur Künstlerin geworden. Ihr Mann, der eigentlich Dichter sein wollte, arbeitet als Lehrer und hat das Schreiben aufgegeben, während es sein weniger begabter Freund zum reichen Kunsthändler gebracht hat.
Wer passt zu wem und warum? Die Jungendfrage stellt sich im Alter neu und plötzlich sind die Endfünfziger in dieser Geschichte aus allen Sicherheiten gerissen. Tessa Hadley beschreibt die müden Gewohnheiten eines Ehepaares ebenso nuancenreich wie sie die schmerzvolle Fassungslosigkeit der betrogenen Ehefrau und die ängstliche Leidenschaft der Untreuen in allen Gefühlsschwankungen einfängt.
Verspielte Nähe
Und sie beschreibt in diesem Ehe- und Freundschaftsroman auch die Klassenunterschiede, die in der britischen Gesellschaft immer noch eine enorme Rolle spielen. Woher einer kommt, wie er spricht, das markiert hier eben nicht nur die gesellschaftliche Zuordnung sondern auch seine Gedanken und seine Zukunftsperspektiven.
Am Ende – und das macht diesen gut lesbaren Roman über späte Leidenschaft und frühe Irrtümer besonders – findet die verlassene Ehefrau Zuversicht und Glück in ihrer künstlerischen Arbeit. Und das ist ein literarischer Topos, der weiblichen Protagonisten eher selten zugestanden wird.
Man stellt sich diese ältere Frau jedenfalls als glücklichen Menschen vor, ihre attraktive Freundin dagegen braucht einen Mann zum Überleben. Und verspielt damit die unabdingbare Nähe und grenzenlose Loyalität ihrer Vertrauten, weil sie sich deren Ehemann nimmt. Der resümiert am Ende ziemlich banal: "Man konnte nicht alles haben: Darauf lief die gesamte Lebensweisheit hinaus. Was man auch hatte, es war immer ein Ersatz für etwas anderes."
Man stellt sich diese ältere Frau jedenfalls als glücklichen Menschen vor, ihre attraktive Freundin dagegen braucht einen Mann zum Überleben. Und verspielt damit die unabdingbare Nähe und grenzenlose Loyalität ihrer Vertrauten, weil sie sich deren Ehemann nimmt. Der resümiert am Ende ziemlich banal: "Man konnte nicht alles haben: Darauf lief die gesamte Lebensweisheit hinaus. Was man auch hatte, es war immer ein Ersatz für etwas anderes."