"Texte sehr stark an der Grenze"
Der Politologe Markus Birzer hat auf die Schwierigkeiten des Verbots von Konzerten rechter Bands hingewiesen. " Die Rechten sind immer geschickter in ihrem Vorgehen", sagte Birzer. "Sie veranstalten diese Musikkonzerte nicht mehr als Versammlung, oder als Konzert, in der Tat, sondern sie deklarieren sie zum Beispiel als Geburtstagsfeiern. Und eine Geburtstagsfeier ist per se erst einmal eine Veranstaltung und eben keine Versammlung", ergänzte Birzer.
Liane von Billerbeck: Warum verbietet man solche Konzerte nicht einfach, wird sich jetzt mancher fragen. Darüber wollen wir jetzt mit Markus Birzer sprechen. Er ist Politologe und Projektleiter der Akademie für Politik, Wirtschaft und Kultur in Mecklenburg-Vorpommern. Er setzt sich in Seminaren und Vorträgen seit Jahren mit rechtsextremer Rhetorik und mit den sich wandelnden Strategien der rechtsextremen Szene auseinander. Guten Tag, Herr Birzer.
Markus Birzer: Guten Tag.
Von Billerbeck: Ist es naiv, nach einem Verbot solcher Konzerte zu rufen?
Birzer: Nein, naiv mit Sicherheit nicht. Wir haben ja eben in dem Beitrag gehört, dass eine ganze Dorfgemeinschaft dieses Verbot eigentlich gerne möchte. Es ist nur sehr schwierig für die Juristen und das wissen wir ja schon seit ganz vielen Jahren, solche Veranstaltungen zu verbieten. Denn die Rechten sind immer geschickter in ihrem Vorgehen. Sie veranstalten diese Musikkonzerte nicht mehr als Versammlung, oder als Konzert, in der Tat, sondern sie deklarieren sie zum Beispiel als Geburtstagsfeiern. Und eine Geburtstagsfeier ist per se erst einmal eine Veranstaltung und eben keine Versammlung. Und von daher muss man dort dann schon wieder nachweisen, dass in dieser Versammlung tatsächlich etwas passieren könnte, was eben die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dann in Frage stellt. Und dies wird natürlich immer schwieriger.
Von Billerbeck: Ein rechtliches Mittel gegen das Konzert wäre der so genannte Konzerterlass, der in Mecklenburg-Vorpommern seit 1999 gilt und der vor drei Jahren modifiziert wurde. Der könnte also in so einem Fall, wenn die Rechten das ganze Konzert als Geburtstagsfeier deklarieren, also nicht angewendet werden. Oder was ist der Grund, weshalb der so selten zur Anwendung kommt?
Birzer: Nun, er könnte schon angewendet werden, aber es muss eben detailliert nachgewiesen werden, dass es zu einer Gefährdung kommen würde. Das heißt, der Schadenseintritt müsste bei der Durchführung der Veranstaltung wahrscheinlich sein. Und dies immer nachzuweisen heißt entsprechend, erst einmal Material zu sammeln, über die Bands, die da auftreten sollen, über die Redner, die auftreten sollen. Wenn dann schon Bands angekündigt sind, die vielleicht schon einmal in ähnlicher Art und Weise für Gefährdungen gesorgt haben, dann ist es relativ leicht. Nun wissen das aber die Veranstalter meistens auch sehr genau, welche Musikgruppen das sind. Und nehmen dann gerne einmal wieder etwas andere, die vielleicht noch nicht so bekannt sind, oder entsprechend noch nicht so aufgefallen sind. Insofern wird es dann eben sehr schwer, diese Gefährdung der Sicherheitslage tatsächlich nachzuweisen.
Von Billerbeck: Sie kennen sich ja mit solchen Musikgruppen aus. Eine der rechtsextremen Gruppen, die ab morgen auf dem nationalen Freiluftkonzert in Bakendorf auftreten wollen, ist die Band "Hauptkampflinie". Eine Band, in deren Texten man nicht so oft Bezüge zum Nationalsozialismus findet. Das ist dann eher verschlüsselt. Da heißt es zum Beispiel im Refrain des Liedes "Im Kreis der schwarzen Sonne": "Du stehst im Kreis der schwarzen Sonne, du bist einer von uns. Du stehst im Kreis der schwarzen Sonne, es war dein innigster Wunsch. Trägst Du den Ring, der das Symbol des Todes trägt?" Was ist justitiabel an dem Text?
Birzer: Justitiabel ist, und das muss man dann schon sehr genau wissen, dass hiermit beschrieben wird, ein Initiationsritus der SS im Obergruppensaal der Wewelsburg in Westfalen, dessen Boden mit einem großen Mosaik ausgelegt war, in Form einer schwarzen Sonne. Das heißt, damit kann man den Bezug zum Nationalsozialismus herstellen. Wenn man dies aber nicht weiß, was bedeutet eine schwarze Sonne, was heißt es, im Kreis der schwarzen Sonne zu stehen, dann wird es schon sehr schwer. Das heißt, man muss hier auch tatsächlich Experten zu Rate ziehen, Experten des Landeskriminalamtes, des Verfassungsschutzes oder andere, um dann auch zu wissen, dass dieses Lied tatsächlich einen Bezug herstellt. Und selbst dann, wenn man es weiß, bleibt es immer noch ein bisschen Interpretationssache, wie man dies dann letztendlich auch vor Gericht auslegt.
Von Billerbeck: Also es ist schwierig, juristisch dann auch bei dieser Verschlüsselungsstrategie den Rechten beizukommen.
Birzer: Genau, es sind Texte, die eben sehr stark so an der Grenze sind. Und da treiben die Rechten mittlerweile auch ein beliebtes Spiel. Wir haben das gesehen, zum Beispiel auch, bei der Schulhof-CD, die im letzten Jahr von der NPD verteilt wurde. Die wurde juristisch sehr intensiv geprüft, von verschiedenen Stellen, so dass eben gesagt wurde, hier ist tatsächlich kein Ansatzpunkt, um Volksverhetzung oder dergleichen nachzuweisen. Dann konnte man die CD in Ruhe drucken und entsprechend dann auch verteilen, in entsprechender Auflage.
Von Billerbeck: Es gibt aber auch ein anderes Beispiel, so die Zillertaler Türkenjäger, da ist das ganz deutlich. Wir können ja einmal ein paar Takte einspielen, damit sich unsere Hörer vorstellen können, was da so gesungen wird.
Hinweis:
Vom 2. bis zum 6. Juni ist in dem Dorf kleinen Dorf Gammelin in Mecklenburg-Vorpommern ein "nationales Freiluftkonzert" geplant - so steht es im NPD-Blog in Mecklenburg-Vorpommern. Bis zu 500 Neonazis werden in dem kleinen Dorf mit etwa 80 Einwohnern erwartet. Näheres dazu im Beitrag:
Ein Dorf wehrt sich
Markus Birzer: Guten Tag.
Von Billerbeck: Ist es naiv, nach einem Verbot solcher Konzerte zu rufen?
Birzer: Nein, naiv mit Sicherheit nicht. Wir haben ja eben in dem Beitrag gehört, dass eine ganze Dorfgemeinschaft dieses Verbot eigentlich gerne möchte. Es ist nur sehr schwierig für die Juristen und das wissen wir ja schon seit ganz vielen Jahren, solche Veranstaltungen zu verbieten. Denn die Rechten sind immer geschickter in ihrem Vorgehen. Sie veranstalten diese Musikkonzerte nicht mehr als Versammlung, oder als Konzert, in der Tat, sondern sie deklarieren sie zum Beispiel als Geburtstagsfeiern. Und eine Geburtstagsfeier ist per se erst einmal eine Veranstaltung und eben keine Versammlung. Und von daher muss man dort dann schon wieder nachweisen, dass in dieser Versammlung tatsächlich etwas passieren könnte, was eben die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dann in Frage stellt. Und dies wird natürlich immer schwieriger.
Von Billerbeck: Ein rechtliches Mittel gegen das Konzert wäre der so genannte Konzerterlass, der in Mecklenburg-Vorpommern seit 1999 gilt und der vor drei Jahren modifiziert wurde. Der könnte also in so einem Fall, wenn die Rechten das ganze Konzert als Geburtstagsfeier deklarieren, also nicht angewendet werden. Oder was ist der Grund, weshalb der so selten zur Anwendung kommt?
Birzer: Nun, er könnte schon angewendet werden, aber es muss eben detailliert nachgewiesen werden, dass es zu einer Gefährdung kommen würde. Das heißt, der Schadenseintritt müsste bei der Durchführung der Veranstaltung wahrscheinlich sein. Und dies immer nachzuweisen heißt entsprechend, erst einmal Material zu sammeln, über die Bands, die da auftreten sollen, über die Redner, die auftreten sollen. Wenn dann schon Bands angekündigt sind, die vielleicht schon einmal in ähnlicher Art und Weise für Gefährdungen gesorgt haben, dann ist es relativ leicht. Nun wissen das aber die Veranstalter meistens auch sehr genau, welche Musikgruppen das sind. Und nehmen dann gerne einmal wieder etwas andere, die vielleicht noch nicht so bekannt sind, oder entsprechend noch nicht so aufgefallen sind. Insofern wird es dann eben sehr schwer, diese Gefährdung der Sicherheitslage tatsächlich nachzuweisen.
Von Billerbeck: Sie kennen sich ja mit solchen Musikgruppen aus. Eine der rechtsextremen Gruppen, die ab morgen auf dem nationalen Freiluftkonzert in Bakendorf auftreten wollen, ist die Band "Hauptkampflinie". Eine Band, in deren Texten man nicht so oft Bezüge zum Nationalsozialismus findet. Das ist dann eher verschlüsselt. Da heißt es zum Beispiel im Refrain des Liedes "Im Kreis der schwarzen Sonne": "Du stehst im Kreis der schwarzen Sonne, du bist einer von uns. Du stehst im Kreis der schwarzen Sonne, es war dein innigster Wunsch. Trägst Du den Ring, der das Symbol des Todes trägt?" Was ist justitiabel an dem Text?
Birzer: Justitiabel ist, und das muss man dann schon sehr genau wissen, dass hiermit beschrieben wird, ein Initiationsritus der SS im Obergruppensaal der Wewelsburg in Westfalen, dessen Boden mit einem großen Mosaik ausgelegt war, in Form einer schwarzen Sonne. Das heißt, damit kann man den Bezug zum Nationalsozialismus herstellen. Wenn man dies aber nicht weiß, was bedeutet eine schwarze Sonne, was heißt es, im Kreis der schwarzen Sonne zu stehen, dann wird es schon sehr schwer. Das heißt, man muss hier auch tatsächlich Experten zu Rate ziehen, Experten des Landeskriminalamtes, des Verfassungsschutzes oder andere, um dann auch zu wissen, dass dieses Lied tatsächlich einen Bezug herstellt. Und selbst dann, wenn man es weiß, bleibt es immer noch ein bisschen Interpretationssache, wie man dies dann letztendlich auch vor Gericht auslegt.
Von Billerbeck: Also es ist schwierig, juristisch dann auch bei dieser Verschlüsselungsstrategie den Rechten beizukommen.
Birzer: Genau, es sind Texte, die eben sehr stark so an der Grenze sind. Und da treiben die Rechten mittlerweile auch ein beliebtes Spiel. Wir haben das gesehen, zum Beispiel auch, bei der Schulhof-CD, die im letzten Jahr von der NPD verteilt wurde. Die wurde juristisch sehr intensiv geprüft, von verschiedenen Stellen, so dass eben gesagt wurde, hier ist tatsächlich kein Ansatzpunkt, um Volksverhetzung oder dergleichen nachzuweisen. Dann konnte man die CD in Ruhe drucken und entsprechend dann auch verteilen, in entsprechender Auflage.
Von Billerbeck: Es gibt aber auch ein anderes Beispiel, so die Zillertaler Türkenjäger, da ist das ganz deutlich. Wir können ja einmal ein paar Takte einspielen, damit sich unsere Hörer vorstellen können, was da so gesungen wird.
Hinweis:
Vom 2. bis zum 6. Juni ist in dem Dorf kleinen Dorf Gammelin in Mecklenburg-Vorpommern ein "nationales Freiluftkonzert" geplant - so steht es im NPD-Blog in Mecklenburg-Vorpommern. Bis zu 500 Neonazis werden in dem kleinen Dorf mit etwa 80 Einwohnern erwartet. Näheres dazu im Beitrag:
Ein Dorf wehrt sich