Thailand

    Bangkok baut Barrikaden ab

    Protestler und Polizisten schütteln sich in Bangkok am 03.12.2013 die Hände
    Händeschütteln statt Steine werfen: In Bangkok reichen sich Polizei und Demonstranten die Hände. © dpa / picture alliance / Barbara Walton
    03.12.2013
    Kein Tränengas, keine Konfrontation: Die thailändische Polizei ändert in Bangkok ihre Strategie im Umgang mit den Demonstranten, die gegen Regierungschefin Yingluck Shinawatra auf die Straße gehen.
    Nach der Eskalation der Proteste gegen die thailändische Regierung mit Toten und vielen Verletzten am Wochenende hat die Polizei nun ihre Taktik geändert: Statt Regierungssitz und Polizeizentrale weiter mit Tränengas und Wasserwerfern zu verteidigen, öffneten Beamte in Bangkok am Dienstag die Tore und ließen die Demonstranten ein. Die feierten dies als Sieg, obwohl die Regierung weiter fest im Sattel sitzt. Protestführer Suthep Thaugsuban forderte seine Anhänger auf, weiter zu protestieren.
    "Die Leute denken, wir haben gesiegt, aber die Tyrannen sind immer noch im Parlament und in der Regierung", sagte Suthep Thaugsuban vor Anhängern. Damit bezog er sich auf die demokratisch gewählte Regierung von Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra und die Regierungspartei Pheu Thai. "Wir müssen sie los werden, bevor wir den vollen Sieg erklären."
    Einer der Protestorganisatoren, Taworn Senniem, kletterte am Dienstag auf einen Lastwagen und sprach von einem Sieg. "Ihr habt nicht versagt", rief er zu den Polizisten zu. "Ihr teilt Euch den Sieg mit dem Volk." Polizeisprecher Kissana Phatsanacharoen erklärte die Taktikwende so: "Wir haben ihnen einen symbolischen Sieg gegeben."
    "Jeder kann hereinkommen"
    Am Dienstagvormittag war die Lage noch äußerst gespannt gewesen. Auf Anweisung des Protestführers zogen Regierungsgegner los, um das Polizeigelände zu stürmen. Dort angekommen, erlebten sie aber eine Überraschung: Polizisten, die das Gelände am Vortag noch mit Tränengas verteidigt hatten, räumten die Barrieren beiseite. "Jeder kann hereinkommen", sagte Polizeichef Khamronvit Thupkrajang. "Diese Büros gehören ja dem Volk." Am Regierungssitz räumten Polizisten und Demonstranten Seite an Seite den Stacheldraht beiseite. Jubelnd strömten wenig später Hunderte auf das Gelände. Polizisten und Demonstranten umarmten sich.
    Die Demonstranten haben dennoch zunächst keines ihrer Ziele erreicht. Sie wollten die Regierung stürzen. Suthep Thaugsuban betonte erneut, dass ihm ein Rücktritt der Regierungschefin nicht reiche. Er verlangt einen Übergangsrat aus ernannten Technokraten, der das Land auf unbestimmte Zeit regiert und eine neue Verfassung ausarbeitet. Wer wen ernennen soll, ist aber unklar. Gegen den Anführer der Regierungsgegner liegen mehrere Haftbefehle vor, unter anderem wegen Aufruhrs – darauf steht in Thailand lebenslänglich oder sogar die Todesstrafe.
    Regierungschefin zunehmend ratlos
    Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra wolle ein Forum mit Akademikern einrichten, um eine Lösung aus der Krise zu finden, sagte ein Regierungssprecher. Die Regierungschefin wirke zunehmend ratlos, sagte Korrespondent Udo Schmidt im Deutschlandfunk. Ihre Strategie der Dialogbereitschaft verfange nicht bei Oppositionsführer Suthep, der sich immer weiter von der Realität entferne und dabei auf Radikalisierung und Eskalation setze. Gegen Suthep wurde am Montag Haftbefehl erlassen.
    UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt über die zunehmende Gewalt. Er bedaure, dass es Tote und Verletzte gegeben habe, sagte Ban am Rande einer Konferenz in der peruanischen Hauptstadt Lima. Er rief alle Beteiligten zur größtmöglichen Zurückhaltung auf. Die Meinungsverschiedenheiten müssten per Dialog und mit friedlichen Mitteln ausgetragen werden und alle Seiten müssten sich an die demokratischen Grundprinzipien halten, forderte Ban.
    Tote und Verletzte
    Die Proteste waren am Samstag eskaliert, als bei Zusammenstößen in Bangkok mehrere Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt wurden. Es waren die ersten Todesopfer, seitdem die bislang überwiegend friedlichen Proteste vor einem Monat begannen.
    Diese entzündeten sich an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz, das Yinglucks Bruder, dem im Exil lebenden früheren Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra, womöglich eine Rückkehr erlaubt hätte. Dieser war 2006 vom Militär entmachtet und später wegen Korruption verurteilt worden.

    bre mit AP, dpa
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