Ist Leben ohne Motorrad möglich?
Thailands Wirtschaft wächst, genauso wie der Konsum der Menschen, ihr CO2-Ausstoß und Energie-Verbrauch. Gleichzeitig ist das Land besonders vom Klimawandel betroffen. Doch beim Thema Umweltbewusstsein heißt es: Fehlanzeige. Nur wenige Thailänder sorgen sich um die Natur.
Es ist laut auf dem Universitätsgelände von Chiang Mai, der 130.000 Einwohner zählenden Stadt ganz im Norden von Thailand. Die Chiang Mai University oder CMU, befindet sich etwas außerhalb des historischen Stadtkerns, malerisch gelegen am Fuß des Berges Doi Suthep. Die Institute sind umringt von Bäumen, es gibt kleine Seen, Eichhörnchen huschen vorüber und dazwischen überall – Motorräder.
"Schau mal, dieser Hof hier wurde allein für Motorräder angelegt. Du kannst dir vorstellen wie viele Studierende mit dem Motorrad kommen. Und das ist nur einer. Wir haben viele dieser Parkplätze hier. Da drüben ist noch einer. Und dann gibt’s noch die da drüben, die zu den Studentenwohnheimen gehören."
Das ist Natcha Li. Unikleidung, schwarzer Rock, weiße Bluse, über der Schulter eine weiße Handtasche. Mit beiden Armen umschließt sie ein paar Hefter und eine Laptoptasche. Ab und zu streckt sie den Arm aus.
"Schau mal, da ist ein Fahrrad. Alles andere sind Motorräder. Überall Motorräder."
Ein Shuttle-Bus als Lösung
Ein Bild. Millionen Worte, sagt sie und zeigt auf den Fahrradparkplatz, der offenbar in diesem Moment von nur einer Person genutzt wird. Eigentlich wollte die 22-jährige Sozialwissenschaftlerin im vierten Semester auf die ganzen Sticker hinweisen, die auf dem Universitätsgelände verteilt sind. Sie wollte zeigen, wie die CMU ihre fünfzehntausend Studierenden damit zum Wasser- und Stromsparen animieren will, zum Mülltrennen und zum Recyceln von Plastikflaschen. Aber auf dem Rundgang vorbei an der Bibliothek und den Instituten bis hin zur Uni-Mensa wird deutlich, was das eigentliche Problem der CMU ist. Doch die Lösung für den Transport, die gibt’s schon, lächelt Natcha Li:
"Hast du den Shuttle-Bus bemerkt? Diese lila Busse, das sind die Shuttle-Busse für Studierende. Die fahren über das ganze Universitätsgelände. Es gibt verschiedene Linien, die sind auf die Stundenpläne abgestimmt. Für Studierende, die kein Motorrad haben, sind sie nützlich, weil sie nicht überall hin laufen müssen und dann vielleicht nicht gleich denken, dass sie auch ein Motorrad brauchen. Fünfzehn Studierende passen in einen Shuttle-Bus. Man kann also fünfzehn Motorräder einsparen. Und wenn man zehn Shuttles hat, dann sind es schon hundertfünfzig. Und die Busse sind elektrisch, sie verschmutzen also nicht die Luft in der Stadt."
Elektrische Busse auf dem Campus, doch viele Studenten kommen von weit außerhalb, sagt Natcha Li noch. Seit Jahren gehört Chiang Mai nach der Hauptstadt Bangkok zu den Städten mit der höchsten Luftverschmutzung in Thailand.
Anfang des Jahres haben Bangkoks Feinstaubwerte den thailändischen Durchschnitt über Tage hinweg um das Dreifache überschritten und einen blassen Schleier über die Stadt gelegt. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es nicht in Chiang Mai. Die Alternative zum Motorrad, sind Tuk Tuks oder kleine rote Trucks, die wie Sammeltaxis funktionieren. Die starke Luftverschmutzung in den Städten, vor allem durch Autos und Motorräder ist aber nur ein Teil des Klimaproblems, mit dem Thailand konfrontiert ist. Die Bevölkerung des Landes wächst und braucht immer mehr Strom.
Die Zahl der Touristen steigt jedes Jahr
Nicht nur um ihren eigenen Bedarf zu decken, sagt Kridtiyaporn Wongsa vom Public Policy Studies Institut, eine NGO die zu Klima- und Energiepolitik forscht. Als die Regierung den Energiebedarf für Thailand errechnen wollte, habe sie ein entscheidendes Detail außer Acht gelassen, sagt sie.
"Sie haben zwar die Bevölkerung gezählt und das Wachstum mit eingerechnet. Was sie aber vollkommen vergessen haben, ist die Zahl an Touristen, die jedes Jahr steigt. Ab dem Jahr 2020 rechnen wir mit etwa 50 Millionen Touristen jedes Jahr. Und wenn wir davon ausgehen, dass sie für eine Woche bleiben, dann würde das einem Bevölkerungsplus von weiteren fünf oder sogar zehn Millionen Menschen entsprechen, die auch alle Energie und andere natürliche Ressourcen verbrauchen. Das heißt also, unser Energiebedarf wird höher sein, als wir dachten. Und um den zu decken, müssen wir mehr Strom oder Energie produzieren."
Und das angesichts eines immer deutlicher werdenden Klimawandels in Thailand. Was Kridtiyaporn immer wieder erwähnt, ist die neue Unvorhersagbarkeit der Natur. Jahreszeiten, Temperaturschwankungen, Regenfälle: alles ist unregelmäßiger geworden. Auch Naturkatastrophen sind ein immer größeres Problem.
"2011 hatten wir eine Mega-Flut hier in Thailand, ein Ausmaß, das einmal in einem Jahrhundert vorkam. Nun gibt es Studien, wonach diese Arten von Überschwemmungen in Zukunft vier Mal in hundert Jahren vorkommen sollen, aber die Frage ist wann. Alle 25 Jahre oder vier Jahre in Folge und dann 100 Jahre Ruhe? Dazu gibt es keine Erkenntnisse."
Emissionen senken, Bewusstsein stärken
Kridtiyaporn sitzt an einem runden Holztisch im Hof eines traditionellen Restaurants, im südöstlichen Teil von Chiang Mai. An einem milden, sonnigen Tag wie diesem, scheinen die Auswirkungen des Klimawandels wie ein abstraktes Problem, das an einem anderen Ort stattfindet. Aber dass etwas passieren muss, ist spätestens seit den 90er Jahren immer wieder in unterschiedlichsten Konzept- und Strategiepapieren der thailändischen Regierung zum Klimaschutz und zur Förderung von Erneuerbaren Energien festgeschrieben worden. Die Emissionen sollen gesenkt, das Bewusstsein gestärkt und internationale Kooperationen gefördert werden.
"Ich glaube, wir haben viel zu viele Strategien und Pläne aufgestellt. Viele zu viele Pläne, gegen den Klimawandel. Unser größtes Problem ist die Umsetzung. Der ganze Prozess ist viel zu ineffektiv."
Was unter anderem daran liegt, dass der Kampf gegen den Klimawandel in Thailand nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, sagt sie. Aber das hält Kridtiyaporn auch nicht für den richtigen Weg. Thailand könne nicht von heute auf morgen auf erneuerbare Energien umsteigen, wenn es den Bedarf decken und den Preis stabil halten wolle. Myanmar will sein Erdgas in Zukunft nicht mehr nach Thailand exportieren, weil es die Energie selbst braucht. Gegen Atomenergie gibt es seit Fukushima massive Proteste, deshalb bleibt die Kohle immer noch sehr wichtig. Vor allem mit Blick auf die Ziele der Militärregierung, die sich 2014 an die Macht geputscht hat und Thailand weiterhin als Regionalmacht behaupten will und da steht eher die Förderung von schnell zugänglichen, als nachhaltigen Energien im Vordergrund.
Der Schutz der Umwelt hat keine Priorität
Thailand ist noch immer ein Land im Entwicklungsprozess, schreibt Kridtiyaporn später noch in einer E-Mail. Natürliche Ressourcen, die Verbesserung und der Schutz der Umwelt sind keine Priorität bei uns, die wie eine Frage um Leben und Tod behandelt wird. In diesem Sinne, so schreibt sie, brauchen wir einen Kick-Start.
Weit entfernt vom sonnigen Chiang Mai, etwa eine Stunde von der südlich gelegenen Provinzhauptstadt Nakhon Si Thammarat am Golf von Thailand entfernt, hat es gerade für einen Moment aufgehört zu regnen. Der Wind hat nasse Blätter auf dem grauen Geisterhäuschen verteilt, das einem Tempelgebäude in Miniaturgröße gleicht und das bei jeder thailändischen Familie im Garten oder vor öffentlichen Gebäuden steht. Dieses hier gehört zum Elternhaus von Somporn Chuai Aree. Der Mann mit der Brille und dem freundlichen Blick gestikuliert gerade inmitten einer Gruppe von Männern und Frauen, die aus der ganzen Region angereist sind, um ihn zu treffen.
Solarmodule auf dem Autodach
Somporn steht vor der geöffneten Heckklappe seines silbernen SUV, hält einen Akkuschrauber in die Höhe und drückt einen Knopf an einem der vielen Geräte in seinem Kofferraum. Der Beweis. Der Strom aus den Solarmodulen, die Somporn auf dem Autodach installiert hat, fließt mit Gleichspannung in den Wechselrichter und kommt mit Wechselspannung wieder raus. Kann jeder auch Zuhause nachmachen. Das ist seine Botschaft.
"Hier dieses Kabel ist mit dem Haus verbunden. Und in der Nacht speist es die Energie aus der Batterie hier im Auto in das System des Hauses. Da mischt es sich dann mit dem Strom aus dem öffentlichen Netz. Hier, da sieht man es. Die Lampe leuchtet."
Somporn ist eigentlich Mathematik- und Informatikdozent an der Universität von Pattani, etwa zwei Stunden weiter südlich von Nakhon gelegen. Immer an den Wochenenden wird er zum Aktivisten und fährt in entlegenste Dörfer, um zum Beispiel über das Haus seiner Eltern zu sprechen, das er über Jahre hinweg mit Solarzellen, Biogasanlagen und Wasserpumpen ausgestattet hat. Sein modifizierter Wagen ist wie ein fahrendes Klassenzimmer erzählt er.
Der Herrscher über Kabel, Batterien und Schläuche
Wenn es bei einem Workshop spät wird, nutzt er die solarbetriebenen LED-Scheinwerfer auf dem Autodach, um das Klassenzimmer im Freien zu beleuchten oder kocht er Reis mit der überschüssigen Energie. Heute braucht er beides nicht. In seinem Elternhaus hat er das Zimmer mit den Stromnetzanschlüssen freigeräumt, einen Beamer aufgestellt und unzählige Utensilien bereitgelegt. Je später es wird, desto mehr Kabel, Batterien, Motoren, Schläuche und Wasserpumpen sammeln sich auf dem Boden und zwischen den Teilnehmern.
"This is a Water Pump. That is beeing pumped from the Unterground. Something like 15 Meter depth."
Den Energieverbrauch sinnvoll planen
Diese Wasserpumpe hier, reicht bis zu 15 Meter Tiefe, erklärt er. Man kann sie an ein Solar-Panel anschließen. So ähnlich wie das, was er seinen Gästen eben im Garten gezeigt hat. Es schwimmt auf dem Tümpel hinter dem Haus seiner Eltern und dreht sich mit dem Verlauf der Sonne. Wenn nicht genug Regen fällt, können sie mit der Pumpe ihre Reisfelder bewässern oder tagsüber das Wasserreservoir auffüllen. Der Stromverbrauch, sagt Somporn, ist abends am höchsten. Dann können wir die Energie nutzen, die wir am Tag über die verschiedenen Systeme gespeichert haben. Dezentrale Energieversorgung heißt auch, seinen Energieverbrauch zu planen, findet er.
"Es geht darum, den Energiefluss zu optimieren. Haushalte können ihre eigene Energie produzieren und damit ihren Stromverbrauch um 10, 15 oder sogar 50 Prozent und mehr senken. Wenn sie das tun, dann kann mehr Energie aus der zentralen Stromversorgung zum Beispiel für Unternehmen oder die Industrie verwendet werden. Das ist die Idee. Die Regierung muss nicht für die Haushalte zahlen. Sie muss ihnen nur die Möglichkeit geben, ihre eigene Energie zu produzieren. Dann sinkt auch der Energiebedarf."
Fahrradfahren, um Reis zu kochen
Konsumenten sollen zu Produzenten werden. Das ist es, was sich Somporn für die Zukunft wünscht. Gerade zeigt er eines seiner Lieblingsgeräte. Einen Hometrainer, den er zu einem Antriebsrad umfunktioniert hat, um Energie zu erzeugen. Es sei doch absurd, für das Fitnessstudio Geld zu bezahlen. Besser, man macht Sport, während man sein Reiswasser zum Kochen bringt und spart dabei Strom, findet er. Vom Fahrrad heruntergeklettert, ist eben Rassid Nui Dam. Der ruhige Mann mit der blauen Mütze hat ein Stück Land, weiter nördlich von hier, in der Region Chumphorn. Er ist drei Stunden gefahren, um Somporn hier zu treffen. Er kennt ihn aus dem Internet und will nun selbst mit Solaranlagen anfangen.
"Die anderen in meinem Dorf lernen wenig dazu und auch die Regierung tut nicht viel für unsere Region. Ich sehe in dieser Technologie eine Chance, auch um mich selbst weiterzuentwickeln und auf meinen eigenen Füßen zu stehen. Ich will das alles selbst aufbauen und unabhängig sein. Ich finde es wichtig, nicht stehen zu bleiben. Ich habe die Möglichkeit, das zu tun und will das Wissen in meine Region tragen."
Rassid will erst einmal anfangen ein Bewässerungssystem zu installieren. Vollkommen unabhängig sein vom öffentlichen Stromnetz, kann er sich noch nicht leisten. Er hofft aber, dass vielleicht reichere Menschen irgendwann sehen, was er aufgebaut hat und dass sie sich davon inspirieren lassen, erzählt er. Als sich die kleine Gruppe nach dem langen Tag verabschiedet, und draußen wieder ein neuer Regenschauer begonnen hat, sitzt Somporn noch in seinem Workshopzimmer auf einer der Holzbänke, umringt von all seinen Workshop-Utensilien. Er ist überzeugt davon, dass er Teil eines Prozesses ist, der Menschen dazu bringt, nachzudenken und sich als Teil eines größeren Systems zu verstehen.
"Es geht darum, das Wissen von den Universitäten in die Dörfer und Gemeinden zu bringen. Die Technik ist nicht so kompliziert. Wir müssen nur schaffen, sie so zu erklären, dass die Menschen sie verstehen. Sie müssen merken, dass es einfach ist."
Die Energiewende als Grassroot-Bewegung
Die Energiewende in Thailand – eine Art Grassroot-Bewegung? Somporn findet genau das. Die Menschen kennen ihre Region am Besten und können ihr Energiemanagement selbst in die Hand nehmen.
"Dafür müssen wir keine neuen Kraftwerke bauen, die Konflikte in die Gemeinden bringen. Wie das Kohlekraftwerk, das bald ein ganzes Dorf verdrängen soll. Hunderte Familien müssen umziehen und woher wollen wir wissen, dass sie danach auch weiterhin ein gutes Leben führen können?"
Somporn meint den Bezirk Thepha in der Provinz Songkhla, eine Küstenregion am Golf von Thailand, nahe seiner Heimatstadt.
Wer in die Region fährt, sieht überall rote und grüne Fahnen am Wegesrand. Die Menschen haben sie an ihren Hauseingängen oder an Straßenschildern befestigt. Viele sehen von Wind und Wetter schon sehr mitgenommen aus. Die Fahnen sind ein Symbol dafür, wie gespalten die Bewohner der Provinz seit gut drei Jahren sind. Geteilt in Befürworter und Gegner eines Kohlekraftwerks, das hier gebaut werden soll. Eines der Zentren der Kraftwerk-Gegner ist eine muslimische Privatschule, in der gerade der Unterricht beginnt. Die letzten Schülerinnen und Schüler je nach Jahrgang, in blauen oder roten Schuluniformen verschwinden kichernd in ihren bunten Klassenräumen.
Vom Kampf gegen ein Kohlekraftwerk
Sumitra Sangwanich, silberne Brille, braunes Kopftuch, hat die Schule zusammen mit ihrem Mann gegründet. Mit einem ihrer beiden Kinder auf dem Arm und einem stolzen Lächeln, geht sie in das Lehrerzimmer. Rosa Steinwände mit eingelassenen Ornamenten, pinke Vorhänge, Holzregale mit bunten Ordnern, grüne Tafel und – ein Anschlusskasten. Für die Solaranlage.
"Dieser Raum ist das Zentrum der ganzen Schule. Er ist sehr wichtig, weil wir den Strom hier drin von den Solarzellen auf dem Dach gewinnen. Er ist eine Art Vorzeigeprojekt, weil wir zusammen mit Somporn hier Trainings organisieren. Für Menschen, die von Außerhalb kommen und lernen wollen, wie das System funktioniert."
Unterstützung von der Regierung bekommt die Schule kaum, sagt Sumitra, das Geld reiche noch nicht einmal, um die Schulkosten zu decken. Projekte wie die Solaranlage habe sie mit ihrem Mann aus der eigenen Tasche bezahlt. Eine Investition, damit es den Energieverbrauch aus dem öffentlichen Stromnetz senkt und sie Geld sparen können. Aber es gibt noch einen anderen Grund: die Electricity Generating Authority of Thailand, kurz EGAT. Das staatliche Unternehmen hat der Bevölkerung in der betroffenen Region vor fast vier Jahren mitgeteilt, dass sie hier in ihrem Bezirk ein Kohlekraftwerk bauen wollen. Und einen Hafen, von dem aus die Kohle zur Verbrennung aus Indonesien und Südafrika eingeschifft werden soll. Seitdem ist auch für sie das Thema Unabhängigkeit wichtiger geworden, sagt Sumitra und zeigt auf eines der vielen Bilder an der Wand.
"Vielleicht sind wir denen auch egal"
"Dieses Bild dort zeigt Mekka in Saudi Arabien und die Menschen bei der Hatsch. Hier gegenüber, sind Bilder von allen Dingen, die uns wichtig sind. Die Muschel steht für den Strand und das Meer. Dort sieht man Kinder und da hinten Männer beim Fischen. Das alles passt nicht zusammen mit dem Kraftwerk, das hier gebaut werden soll. Wenn der Premierminister her käme und sich das alles ansehen würde. Er würde das Projekt nicht unterschreiben. Wenn sie das aber umsetzen, dann wird die gesamte Dorfgemeinschaft umziehen müssen. Dann ist hier niemand mehr. Deshalb ist das Projekt schädlich für uns. Aber dafür interessiert sich die Regierung nicht. Vielleicht sind wir denen auch egal. Vielleicht denken sie: die sind ja arm oder: die sind ja Moslems. Wenn du dir die Region hier ansiehst, wirst du sehen, wie die Menschen gegen das Projekt ankämpfen."
Einer dieser Menschen sitzt gegenüber der Schule an einem der langen mit Wellblech überdachten Tische, die später noch zur Schulmensa werden. Chaimid Chaitem hat sich ein schwarz-weiß gestreiftes Hemd um die Hüften gebunden, eine Stofftasche hängt über seiner Schulter, auf dem Kopf trägt er eine dunkelrote Gebetskappe.
Chaimid ist Fischer. Er kommt oft hier her, um sich mit anderen Dorfmitgliedern zu beratschlagen, wie es weitergehen soll.
"Wir haben alle unsere Standpunkte und Fakten in einem Report zusammengefasst. Den haben wir dem Umwelt-Komitee geschickt. Danach soll es dann an die Regierung gehen, damit der Premierminister, der dem Umweltministerium vorsteht, selbst darüber entscheiden kann. Wir wollen den Premierminister nochmal treffen und ihn davon überzeugen, dass das Kraftwerk unser Land zerstört. Ich werde alles daran setzen, dass wir dieses Kraftwerk verhindern."
Auch Somporn Chuai Aree hat sich schon mehrfach öffentlich an den Premierminister gewandt und für seine Idee geworben, dass die Energie von den Menschen selbst kommen sollte. Er würde ihm persönlich eine Solaranlage aufs Dach bauen, sagt er. Dann wäre auch der Premierminister Teil eines Veränderungsprozesses, wie ihn sich Somporn vorstellt.
"Wenn auch der Premierminister mitmachen würde beim: nachdenken, handeln, lehren und transformieren, dann könnte er jeden Tag, jede Woche so viele Dinge tun. Das ist der Punkt, das wäre der Kick-Start. Und das würde ich dem Premierminister sagen. Ich habe schon gekicked. Aber ich brauche dafür sehr viel Kraft und es kann sein, dass trotzdem nichts passiert. Aber wenn du es mit einem Kick-Start versuchst, brauchst du nur ein ganz klein wenig und kannst trotzdem viel erreichen."