Zeitlos gute Exzentrik
The Jazz Butcher, das sind Pat Fish und der Gitarrist Max Eider. Seit 30 Jahren machen sie zusammen Musik, die zwischen Indie-Folk, Pop und jazzigen Anleihen mäandert. Irgendwie sind sie ein ewiger Geheimtipp geblieben, was Sänger Pat Fish überhaupt nicht stört.
1988 - Wenn man mal zurückblickt in diese Zeit, in der Post Punk, die Ausläufer von New Wave und das Aufkommen der Rave-Szene in Nordengland die Popmusik bestimmten, mag man kaum glauben, wie sehr dieses eigenwillige Duo aus der Zeit fiel.
Auch als Gitarrenpop mag man die Musik, die Sänger Pat Fish und Gitarrist Max Eider damals machten, nicht bezeichnen: Sie klang nicht nur zeitlos, sondern auch alterslos und keineswegs jugendlich.
Den Beweis ihrer Alterslosigkeit lieferten sie 2012, als sie nach zwölf Jahren ein neues Album veröffentlichten. Und immer noch so klangen wir früher.
Pat Fish: "In Großbritannien gab es in den frühen 80er-Jahren ja John Peel. Er hat viel Post-Punk-Musik gespielt, und irgendwann haben diese Leute sich ja nur noch gegenseitig nachgeahmt. Ich hatte damals einfach genug von diesem Sound und habe mich nach einfacheren Klängen gesehnt, wie es sie in den 60er-Jahren gab."
The Velvet Underground, Miles Davis und Stan Getz nennt Pat Fish als musikalische Vorbilder von damals. Das passt, von ersteren hat er den Witz, von letzteren beiden die Tiefenentspanntheit und melancholische Eleganz geerbt.
Eine Karriere war nie geplant
Und es ist nicht zuletzt die spürbare Abwesenheit jeglichen Ehrgeizes, die die Musik von The Jazz Butcher so besonders macht. Eine Karriere hatte diese Band nie vor, und sie hat es bis heute nicht:
"Als wir mit The Jazz Butcher angefangen haben, ging es auf jeden Fall darum, eine Außenseiterrolle einzunehmen. Wir hatten auch nie vor, Profimusiker zu werden. Wir haben wenig erwartet und viel bekommen."
The Jazz Butcher sind weniger eine Band als ein Lebensprojekt, gegründet auf einer alten und tiefen Männerfreundschaft zwischen diesen beiden Musikern, die sich Ende der 80er-Jahre auch einmal getrennt, aber bald wieder zusammen gefunden haben.
Zufällige Labelkollegen von Oasis
Fragt man Pat Fish nach der Geschichte von The Jazz Butcher und nach seinem Leben, bekommt man lauter Erzählungen von mehr oder weniger zufälligen Ereignissen. Jobs haben sich ergeben, eine Weile hatte Fish sogar eine Buchhandlung in seiner Heimatstadt Northampton, Geld ließ sich damit allerdings nicht verdienen.
Auch bei Alan McGees Epoche machendem Plattenlabel "Creation Records" landeten The Jazz Butcher eher zufällig. Die großen Namen von Labelkollegen wie Oasis, Primal Scream oder My Bloody Valentine konnten die beiden Männer aus der Provinz nicht in ihren Sog ziehen.
"Let’s all do what the animals do / Instead of what the people keep telling us to" heißt es im Song "Animals" von ihrem letzten Album "Last Of The Gentlemen Adventurers", also in etwa: "Lass uns die Tiere zum Vorbild nehmen und nicht das machen, was die Leute uns raten".
Eigenwilligkeit wird in Großbritannien ja gerne unter dem Adelstitel "Exzentrik" gepflegt, und vielleicht ist das die beste Umgebung, in der eine Band wie The Jazz Butcher gedeihen kann. Eigentlich wollten sie sich schon 1995 auflösen:
"Aber die Leute haben uns immer wieder Auftritte an netten Orten angeboten, also haben wir einfach weiter gemacht."
Keine Musik vom Computer
Im Jahr 2000 war dann doch Schluss, und Pat Fish hat sich der elektronischen Musik zugewandt. Zehn Jahre hat er jeden Tag stundenlang am Rechner gesessen und komponiert, bis mal wieder der Zufall sein Leben änderte:
Pat Fish: "Was der eigentliche Grund war, wieder akustische Musik zu machen? Na gut, ich will ganz ehrlich sein: Ich hatte eine neue Version der Musiksoftware Cubase. Ich habe drei tolle Stücke damit produziert, und dann ging plötzlich nichts mehr. Ich habe den Hersteller kontaktiert, habe Freunde um Rat gefragt, aber niemand konnte mir helfen. Als der Typ an der Hotline mir riet, das Betriebssystem neu zu installieren, hatte ich einfach keine Lust mehr. Ich habe mir die Akustikgitarre genommen und seitdem keine Musik mehr am Computer gemacht."
So entstand also das Album "Last Of The Gentlemen Adventurers", das 2012 zum 30-jährigen Gründungsjubiläum von The Jazz Butcher in kleiner Auflage erschien und jetzt neu aufgelegt wird.
Der Name Jazz Butcher wird auch weiter bestehen, in neuer Konstellation: Nachdem Pat Fish und Max Eider ein paar Jubiläumsauftritte hinter sich hatten und nun wirklich einen Schlussstrich ziehen wollten, wurde Fish schnell langweilig. Er lernte durch Zufall drei Musiker kennen und hat mit ihnen das Jazz Butcher Quartet gegründet.
Immer wieder wird The Jazz Butcher, vor allem von Musikerkollegen, als große, unterschätzte Band bezeichnet. Empfindet Pat Fish das auch so?
Pat Fish: "Unterschätzt? Nein, ich bin immer noch erstaunt und glücklich, wie viele Leute unsere Musik mögen."