Einfach nur reden (lassen)
37:35 Minuten
Die "Joe Rogan Experience" ist einer der reichweitenstärksten Gesprächspodcasts weltweit. Verantwortlich dafür sind prominente Gäste, aber auch eine unkritische Gesprächsatmosphäre. Wie viel Verantwortung trägt ein Laberpodcast mit Millionenpublikum?
Es ist der Podcast-Deal des Jahres: Der Comedian und Erfolgspodcaster Joe Rogan wechselt ab September exklusiv zu Spotify. Bis Ende des Jahres soll "The Joe Rogan Experience" dann von den anderen Plattformen, wie YouTube und Apple Podcast, verschwunden sein.
Laut Wall Street Journal hat das Spotify rund 100 Millionen Euro gekostet. Außerdem soll Joe Rogan seine redaktionelle Freiheit angeblich behalten. Dafür bekommt das Unternehmen von Joe Rogan Fans und Reichweite.
Auf den ersten Blick scheint das ein lukrativer Deal zu sein. Doch die "Über Podcast"-Redaktion ist skeptisch - denn für Joe Roegan gibt es auch viel zu verlieren. Immerhin hat sich Joe Rogan in den fast 1.500 Folgen eine beliebte Marke aufgebaut, mit direktem Draht zum Publikum – und über mehrere Plattformen verteilt.
Jetzt begibt sich der Podcast möglicherweise in eine Abhängigkeit. Wie das Phänomen "The Joe Rogan Experience" funktioniert und welche Schwächen der Podcast hat, beleuchten Anna Bühler und Heiko Behr.
Gästeauswahl: Bei Joe Roegan darf jeder ans Mikro
Joe Rogan sagt von sich selbst, dass er keine Interviews führt, sondern Gespräche. Der Podcaster unterhält sich einfach nur gerne – mit jedem über alles, meist ohne größere Vorbereitung. Seine Gästeauswahl reicht von Politikern wie Bernie Sanders, über kontroverse Sportler wie Lance Armstrong bis hin zu rechtsextremen Verschwörungstheoretikern wie Alex Jones.
Angelockt werden die oft auch kontroversen Gäste durch die sanfte Behandlung, die Joe Rogan ihnen zukommen lässt. Er fragt nicht kritisch nach, setzt Gäste nicht unter Druck, sondern bietet ihnen eine Bühne, alles zu sagen, wonach ihnen ist.
Das sorgt zum einen für ungestellte Gespräche, kann aber auch gefährlich werden. Ein Bewusstsein dafür scheint Joe Rogan trotz seiner gigantischen Reichweite allerdings nicht zu haben, kritisiert "Über Podcast"-Moderator Heiko Behr: "Ich glaube, der ist letztendlich einfach überfordert mit dieser Idee, dass er wirklich Schaden anrichten kann."
"Wind of Change": Viele kleine Geschichten im Spionage-Krimi
Ohne den US-Auslandsgeheimdienst CIA soll es die Scorpions-Rockballade "Wind of Change" angeblich nicht gegeben haben. Diese zunächst völlig irrwitzig erscheinenden These beschäftigt den Journalisten Patrick Radden Keefe seit gut zehn Jahren. In dem Podcast "Wind of Change" geht er dem Gerücht hörenwert auf die Spur – in einer üppigen Co-Produktion von Spotify und den beiden Podcast-Labels Pineapple Street Studios und Crooked Media.
Auf seiner Reise stößt der New Yorker Journalist auf Künstler wie Louis Armstrong und Nina Simone, die zu Propaganda-Zwecken im Kalten Krieg benutzt wurden. Außerdem unterhält sich Patrick Radden Keefe mit zahlreichen aktiven und pensionierten Spionen und gibt nebenbei noch Einblicke in die Musikgeschichte der 80er Jahre. "Das finde ich so toll an dem Podcast, dass er in den acht Episoden viele kleine schöne Schleifen macht. Es gibt viele kleine Stories unter der eigentlichen Story", schwärmt "Über Podcast"-Moderatorin Anna Bühler.