Ambitioniert und langatmig
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"The National" sind eine der erfolgreichsten Indie-Bands des Planeten. Ihr neues Album ist in Zusammenarbeit mit Filmemacher Mike Mills entstanden. Der sorgt für einen ruhigen und sphärischen Sound. "I Am Easy To Find" wirkt zugleich ambitioniert und eintönig.
Die Indie-Rockband "The National" ist mit Grammy-Auszeichnungen und Platin-Alben dekoriert – die fünf US-amerikanischen Bandmitglieder füllen Arenen. Doch je erfolgreicher das Quintett aus Cincinnati wird, desto anspruchsvoller klingt die Musik.
Das neue Werk, ein Kurzfilm mit dem Titel "I Am Easy To Find", erweist sich als regelrechtes Kunstprojekt, wartet mit etlichen Neuerungen auf und entstand in Kooperation mit Filmemacher Mike Mills. Sänger Matt Berninger verrät, welchen Weg die Band mit ihrem achten Album "I Am Easy To Find" gehen wollte:
"Es ist kein kompletter Wandel. Aber eine externe Person ins Boot zu holen, war wie einen Kreativ-Direktor zu verpflichten. Für uns ein absolutes Novum. Das Album ergab sich aus Mikes Ideen und unserer Musik. Er hat sich Skizzen von Songs angehört, die ich ihm geschickt habe, dann hat er sie auseinandergenommen und nach seinen Vorstellungen neu zusammengesetzt."
Was Matt Berninger hier beschreibt, ist ein Experiment: Eine Rockband mit Millionenumsätzen unterwirft sich den Vorstellungen eines Regisseurs, der sonst Arthouse-Kino wie "Thumbsucker" oder "20th Century Women", aber auch Musikvideos für Air oder Moby dreht.
Werke, von denen "The National" erklärte Fans sind. Genau wie Mills von ihnen. Deswegen schlüpft der 53-Jährige jetzt in die Rolle des Arrangeurs und Produzenten. Und präsentiert seine Version der Band. Quasi "The National" by Mike Mills: Mit weniger Rock-Gitarren, aber umso mehr Klavier, Streichern, Beats und Chören.
Neue musikalische Momente zulassen
Klangkunst, die sich betont ruhig und sphärisch gibt, die auf klassische Songstrukturen verzichtet, eher wie ein Fluss aus Musik anmutet. Und bei der Berninger nicht mehr alleiniger Sänger ist, sondern von mehreren weiblichen Stimmen begleitet wird. Etwa von Lisa Hannigan, Sharon Van Etten oder Ex-Bowie-Bassistin Gail Ann Dorsey. Duett-Partnerinnen, die den Stücken – so Berninger – auch einen anderen Fokus geben als auf den bisherigen sieben Alben:
"Ich war auf eine verrückte Art bereit dafür. Einfach, weil meine Frau Carin und ich an einem Theaterstück gearbeitet und somit schon länger für andere Charaktere geschrieben haben. In den Songs geht es zwar weiter um persönliche Sachen, aber mit dem Wissen, dass sie vielleicht interessanter anmuten, wenn sie nicht allein aus meinem Mund kommen. Und mich da etwas rauszunehmen, hat gut funktioniert. Im Sinne von: Die meisten Stücke handeln nach wie vor von Carin und mir, sind aber viel universeller."
Laut Berninger thematisiert "I Am Easy To Find" zwischenmenschliche Beziehungen wie das tägliche Leben: also Höhen und Tiefen, Glücksmomente und Verluste, aber auch Sorgen und Ängste angesichts des beklemmenden Zeitgeists. Alles so tiefgründig, melancholisch und schwermütig, dass es mitunter schwere Kost ist.
Eine Person, zwei unterschiedliche Gesichter
Doch der vermeintliche Trauerkloß hat noch eine ganz andere Seite: Auf Instagram tanzt Berninger in kurzweiligen Clips zu Techno-Musik oder wirft Gitarren durch einen Basketballkorb. Hanebüchener Blödsinn, den man ihm kaum zutrauen würde.
"Die Musik ist so traurig, dass mein Witz in den Texten kaum wahrgenommen wird. Insofern komme ich immer als mürrischer Typ rüber, aber die Wahrheit ist: Mein Pendel schlägt in beide Richtungen aus. Es ist nicht so, als würde ich auf der Bühne eine überzogene melodramatische Version von mir präsentieren – oder auf Instagram den Blödmann geben. Das bin beides ich.
Und mein nächstes Projekt ist eine Fernsehsendung. Eine Mischung aus den Monkeys und den
Sopranos, die in Ohio spielt. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Außer, dass sie lustig, aber auch das genaue Gegenteil davon sein wird. Nämlich super-deprimierend und langweilig."
Sopranos, die in Ohio spielt. Viel mehr kann ich dazu nicht sagen. Außer, dass sie lustig, aber auch das genaue Gegenteil davon sein wird. Nämlich super-deprimierend und langweilig."
Also ähnlich wie das neue Album seiner Band: "I Am Easy To Find" wirkt äußerst arty und ambitioniert, fällt mit 64 Minuten Gesamtspielzeit aber auch ein bisschen eintönig und langatmig aus. Mehr Gitarren und mehr Dynamik hätten den 16 Songs sicher gutgetan. Aber auch "The National" sind schließlich nicht unfehlbar.