Bands aus Iran und Israel gemeinsam auf Konzertreise
"The Secret Handshake Tour" könnte die Musiker der iranischen Indie-Rocker Langtunes ins Gefängnis bringen. Denn dabei stehen sie mit der israelischen Band Ramzailech zusammen auf der Bühne. Ihre mutige Tour führt sie in zehn deutsche Städte.
Schnelle Gitarren, Rockige Sounds und Synthesizer Melodien. Der erste Höreindruck verleitet einen in die Londoner Clubs. Doch diese Musik ist in Teheran entstanden. Die Langtunes haben sich 2009 gegründet. In dem Jahr, als es zu blutigen Auseinandersetzungen wegen der Wahlfälschung von Präsident Ahmadinedschad kam. Da sie aber dort weder Konzerte geben dürfen, noch CDs veröffentlichen, kommen die vier Indie-Rocker regelmäßig nach Europa. Sänger Behrooz drückt sich vorsichtig dazu aus.
"Im Iran entscheidet die Regierung, welche Musik existieren darf und welche nicht. Und das ist unser größtes Problem dort. Wir können zwar im Untergrund existieren und unsere Musik machen, aber damit können wir im Iran kein Geld verdienen und Konzerte geben. Wir dürfen also keine offizielle Band werden."
Regelmäßig spielen Langtunes auf Festivals in Deutschland. So hat die Band in Nürnberg ein Label gefunden, dass sie unter Vertrag genommen hat. So konnten die iranischen Musiker letztes Jahr in Deutschland ihr Debüt-Album "Teherantor" veröffentlichen.
Auf einem ihrer Konzerte lernten die Langtunes dann die israelische Hardcore-Klezmer-Band Ramzailech kennen – aus der zufälligen Bekanntschaft entstand abseits der politischen Konflikte die Idee für ein gemeinsames Projekt, berichtet Behrooz.
"Das war uns egal, wo die herkommen. Für uns war es zunächst nur eine Gelegenheit, gemeinsam live zu spielen. Erst später kamen die Gedanken: Die kommen ja aus Israel ... Es gibt ja Konflikte zwischen dem Iran und Israel. Aber wir merkten, wie egal uns das war. Wir können diese Vorurteile, unsere Hintergründe abstellen und Musik machen. So entstand die Idee für diese Tour."
"The Secret Handshake Tour" nennt sich das Projekt: Ein heimlicher musikalischer Händedruck, der Freundschaft zwischen jungen Künstlern, deren Heimatländer in scheinbar unversöhnlicher Feindschaft zueinander stehen. Amit, Gitarrist von Ramzailech freut sich auf die Tour.
"Es ist toll. Es ist wichtig, diese Chance zu nutzen, diese Tour zu starten – ohne politisch zu werden. Für uns war es ganz leicht, uns für dieses Projekt zu entscheiden. Langtunes haben einen modernen Sound, viel Elektronik. Wir machen mehr traditionelle jüdische Musik, aber auch Hardcore und Elektronik. Also musikalisch sind wir vielleicht verschieden. Aber umso schöner ist es, alles am gleichen Abend, auf der gleichen Bühne zu teilen."
Gemeinsames Streben nach Freiheit und Frieden
Die Band aus der Nähe von Tel Aviv mischt seit zehn Jahren nicht nur die Musikszene in Israel auf, sondern spielt auch auf Festivals in Europa und Asien. Als Israeli mit einer iranischen Band ein Projekt zu starten, ist für Sänger Gal ein gemeinsames Streben nach Freiheit und Frieden.
"Einer unserer größten Träume ist es, in Ländern wie Libanon oder Syrien zu reisen – wenn es ruhiger wird. Die Möglichkeit, mit einer iranischen Band zu spielen, wäre niemals geschehen, wenn wir das nicht zugelassen hätten."
So groß die Probleme zwischen Iran und Israel auf der politischen Bühne sein mögen: Auf der musikalischen Bühne haben Künstler aus beiden Ländern keine Berührungsängste, wie auch andere Projekte zuvor bewiesen haben. Auch die Fans freuen sich auf das Projekt, berichtet Ramzailech-Sänger Gal. Auf einem Konzert in Israel haben sie ihren Fans von dem gemeinsamen Projekt erzählt.
"In der Sekunde, als sie gehört hatten, dass wir mit einer iranischen Band spielen werden, haben sie minutenlang applaudiert. Es war faszinierend. Die Reaktion des Publikums war so positiv. Das hat uns noch mehr ermutigt, das Projekt anzugehen."
"Vielleicht wird es ein Nachspiel haben"
So offen können Langtunes das Projekt im Iran allerdings nicht ankündigen, denn weil sie im Iran keine Konzerte geben dürfen, können sie ihren Fans davon auch nicht berichten. Gefährlicher ist allerdings, dass die Teheraner Indie-Rocker mit einer israelischen Band spielen. Diese Tatsache könnte sie ins Gefängnis bringen. Denn alle Projekte, die mit Israel zu tun haben, sind für das fundamentalistische Regime in Teheran ein Dorn im Auge, weiß Sänger Behrooz.
"Klar, die Angst ist ständig mit uns. Seitdem wir mit dem Gedanken gespielt haben, sollen wir oder sollen wir das nicht machen? Ein Risiko ist immer dabei. Aber wir sind Rock 'n' Roller. Wir können uns nicht stoppen, nur weil wir Angst haben. Mal schauen, was passiert. Vielleicht wird es ein Nachspiel haben oder auch nicht. Wir waren von Anfang an eine Untergrundband und als Rock 'n' Roller musst du auch immer gewisse Regeln brechen. Ob bewusst oder unbewusst – ohne es zu planen."