Bret Easton Ellis: "The Shards"
© Kiepenheuer & Witsch
Down und Out in Hollywood
05:24 Minuten
Bret Easton Ellis
Aus dem Amerikanischen übersetzt von Stefan Kleiner
The ShardsKiepenheuer & Witsch , Köln 2023736 Seiten
28,00 Euro
Bret Easton Ellis ist zurück! Der „Prinz der Finsternis“, wie man ihn genannt hat, schlägt wieder zu: mit Sex, Drogen und Gewalt. Der Roman erinnert in seiner deprimierenden Schönheit an die Skandaltriumphe von „American Psycho“ und „Glamorama“.
Los Angeles, 1981. Der 17-jährige Bret fährt jeden Morgen in seinem 450-SL-Mercedes-Cabrio auf den Parkplatz der Buckley High-School, einer exklusiven Privatschule. Er ist ein bisschen neidisch, denn seine Klassen-Clique fährt Porsche, Camaro und Jaguar, viel schickere Schlitten, die sie von ihren reichen Eltern – Anwälte, Filmproduzenten etc. – pünktlich zum 16. Geburtstag geschenkt bekam.
Ebenso natürlich sind Designerklamotten, Ray-Ban-Sonnenbrillen, Sneakers für 300 Dollar, zu Hause liegen die Kids am Pool luxuriöser Villen und scheuchen die Dienstboten herum. Und immer sind genug Koks, Marihuana, Speed-Pillen vorhanden, um sich bei Musik von Blondie und den Cars schön zuzuballern.
Sex, das große Thema
Wie bei allen Teenagern ist Sex das große Thema, vor allem der Ich-Erzähler Bret experimentiert mächtig, mit seiner Freundin Debbie, aber auch mit männlichen Freunden, im verborgenen, denn offenes Schwulsein ist in jenen Jahren noch tabu! Krasser Sexismus ist dagegen selbstverständlich, bis hin zum Missbrauch.
Achselzuckend lässt sich Bret von Debbies Vater flachlegen, einem wichtigen Hollywood-Boss, der ihm, dem angehenden jungen Schriftsteller einen Drehbuchjob in Aussicht stellt. Und was ist schon ein wenig übergriffiger Sex, wenn man auf Parties eingeladen wird, wo Mel Gibson, Jane Fonda, Jack Nicholson und –zig weitere Filmstars zu Gast sind?
Celebrity-Luxus-Welt und exzessive Gewalt
In diese üppig geschilderte Celebrity-Luxus-Welt zieht der Romanautor Bret Easton Ellis nun die für ihn typische Spur exzessiver Gewalt ein, in Form von sadistischen Morden eines Serienkillers, der direkt ins Milieu der Romanfigur Bret vordringt, diesen zum Detektiv, sogar zum Mittäter macht. Und alles mündet schließlich in einem wahren Blutrausch.
Dabei verblüfft zunächst ein langes Vorwort zum Roman, in dem Ellis ungewohnt larmoyant ausführt, unter welch großen Schmerzen dieses Buch entstand: Jahrzehntelang hätte er sich dieser "wahren“ Geschichte nicht stellen können, zu groß sei der Horror des Geschehens gewesen, der zudem sein ganzes weiteres Schriftstellerleben geprägt habe!
Das ist reiner Mumpitz, wie man nach ein paar Google-Klicks weiß. Es gab diesen speziellen Serienmörder gar nicht in Kalifornien anno 1981, sondern nur einen jungen Bret Easton Ellis, der sich in solche Szenarien hineinzuträumen begann, mit schillernd abgestumpften Figuren und „Slasher“-Fantasien, die ihn später berühmt machen sollten.
Großartige wie radikale Satire
Das ist die so großartige wie radikale Satire des Bret Easton Ellis: Jede heile Fassade, alle Oberflächlichkeit wird am Ende gesprengt und zerschnitten, liegt in „shards“, in Splittern und Trümmern. Und mit vergnügter Abscheu liest man, wie seine kleinen verwöhnten Arschgeigen dran glauben müssen. Eine nach der anderen.