"Theater für den öffentlichen Raum"
Ihre Bühne ist die Straße. Ihre Performance eine Mischung aus Puppen- und Schauspiel. Die "Echt Street Puppets" sind überlebensgroß und ein garantierter Hingucker. Geschaffen hat sie Jan Bazant, ein tschechischer Künstler, der dem Puppenspiel sogar einen Doktortitel zu verdanken hat.
Jan Bazant zieht ein Stück Stoff aus der Tasche. In einer Nische der Prager Nationalgalerie bereitet der mittelgroße, schlanke Künstler mit den dunklen Haaren seine neueste Puppe auf ihren Auftritt vor. Die ausgefeilte Konstruktion aus zusammengeschweißten Wasserrohren, Schaumstoff und Drahtseilen bezieht er mit einem metallisch schimmernden, schwarz-blauen Stoffbezug. Es sind viele kleine Handgriffe, mit denen er "den Ritter" zu Leben erweckt:
"An dieser Puppe habe ich Tag und Nacht gearbeitet. Man muss etwa zwei Monate rechnen, wenn man will, dass alles wirklich gut aussieht."
Die Schuhe für die neueste Puppenkreation sind nicht rechtzeitig fertig geworden. Damit die Illusion dennoch perfekt wird, umwickelt Jan Bazant die Füße des Puppenspielers mit Stofffetzen. Dann verschwinden Kopf und Oberkörper des Schauspielers im Inneren des Puppenkörpers. Dem Auge des Betrachters bleibt er so verborgen. Nur seine Beine sind zu sehen:
"Die Puppe kopiert haargenau die Bewegungen des Puppenspielers. Hebt er den Arm, hebt auch die Puppe den Arm, bewegt er seinen Kopf, tut sie es ihm gleich. Es ist also eine Mischung aus Puppen- und Schauspielkunst. Der Schauspieler hat hier eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten."
Mit ihren 2,70 Metern ist die neueste gleichzeitig auch die kleinste Figur des Ensembles. Die anderen Puppen, die Dämonen, Engel oder den Tod darstellen, sind über vier Meter groß. Dennoch ist auch der Ritter eine imposante Erscheinung. Der Kopf kahl, das blaue Gesicht hart, die gelben Augen blicken finster drein. Als er sich durch die Menschenmenge in den Ausstellungsräumen bewegt, sorgt er für Aufsehen.
Einige der Betrachter vergessen sogar für einen Moment, dass der Ritter kein Lebewesen aus Fleisch und Blut ist – und geben ihm zu essen. Jan Bazant – aufgewachsen im Heimatland der Puppenklassiker "Hurvinek" und "Spejbl" - lächelt zufrieden: bei aller Liebe zur tschechischen Puppenspiel-Tradition: Es ist kein Zufall, dass letztgenannte Stars nur wenig mit seinen eigenen Geschöpfen gemein haben:
"Wir haben 2008 mit den drei klassischen Figuren des tschechischen Puppentheaters begonnen, also dem Kasperle, dem Tod und dem Teufel. Unsere Geschichten ergeben sich von selbst, denn diese Form des Theaters ist für den öffentlichen Raum bestimmt. Die Interaktion mit dem Publikum ist ganz entscheidend. Es ist viel Improvisation. Nur die Beziehungen zwischen den Puppen sind vorher klar umrissen."
Jan Bazant ist in einem äußerst kulturinteressierten Umfeld aufgewachsen. Der Vater, Professor für Kunstgeschichte an der Karls-Universität, die Mutter inzwischen pensionierte Kuratorin im Museum für Kunsthandwerk. Jans drei Jahre ältere Schwester Katerina ist Trickfilmanimateurin. Die Eltern haben Ihre beiden Kinder dabei unterstützt, einen künstlerischen Weg einzuschlagen. Die Idee zu den überlebensgroßen Puppen war dem lässig gekleideten 33-Jährigen mit der auffälligen schwarzen Brille während eines Studienaufenthaltes an der Hochschule der Künste in Berlin gekommen. Aus Langeweile, wie er sagt:
"Ich hatte nicht viel Spaß an dem Studium in Deutschland. Da ging es so schrecklich intellektuell zu. Die Leute haben mehr geredet als Arbeiten zu präsentieren. Deshalb ist dieses Projekt entstanden: Ich wollte etwas Handfestes, Greifbares schaffen."
Damals wusste er nicht, dass dieses Projekt sogar einmal Gegenstand seiner Doktorarbeit werden würde. Inzwischen haben seine "Street Puppets" unzählige Auftritte im In- und vor allem im Ausland absolviert:
"Der Vorteil unserer Vorstellungen besteht darin, dass sie ohne Sprache auskommen. Wir sind deshalb nicht an Landesgrenzen oder einen bestimmten Kulturkreis gebunden, sondern können überall auf der Welt auftreten."
Das Ensemble wurde für seine außergewöhnliche Performance mehrfach ausgezeichnet. Dreimal in Folge wurde es vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert. Doch bei allem Erfolg: Nur Puppen zu bauen, wäre dem energiegeladenen Allround-Künstler Jan Bazant zu eintönig. Deshalb gibt der promovierte Puppenbauer sein Wissen an Studenten der tschechischen Kunsthochschule weiter. Seit Jahren zeichnet er außerdem Comics und gestaltet das Bühnenbild an einem Prager Theater:
"Ich habe als Comic-Zeichner angefangen. Doch das bedeutet, dass man überwiegend allein am Schreibtisch sitzt. Deshalb sind die Puppen hinzugekommen. Da kommt man unter Leute, arbeitet mit ihnen zusammen. Das gilt auch für die Arbeit am Theater. Nach einer Weile bin ich dann aber wieder froh, mich von den Schauspielern und dem Bühnenleben erholen zu können. Das ist eine gute Mischung. Nur die Zeit ist manchmal sehr knapp."
Die ist noch knapper, seit sein Sohn Jakub vor zehn Monaten geboren wurde. Wenigstens in der Welt seiner Comics ist der Zeitmangel jedoch ein lösbares Problem. Der Neueste, der im Herbst erscheint, heißt "Pan casu" – auf Deutsch: "Herr der Zeit".
Dank eines Spezialanzuges aus Uhren kann die Hauptfigur darin die Zeit anhalten. Allerdings stellt sie dabei fest, dass die angehaltene Zeit lauter unerwartete Probleme birgt. Kein Allheilmittel also.
"An dieser Puppe habe ich Tag und Nacht gearbeitet. Man muss etwa zwei Monate rechnen, wenn man will, dass alles wirklich gut aussieht."
Die Schuhe für die neueste Puppenkreation sind nicht rechtzeitig fertig geworden. Damit die Illusion dennoch perfekt wird, umwickelt Jan Bazant die Füße des Puppenspielers mit Stofffetzen. Dann verschwinden Kopf und Oberkörper des Schauspielers im Inneren des Puppenkörpers. Dem Auge des Betrachters bleibt er so verborgen. Nur seine Beine sind zu sehen:
"Die Puppe kopiert haargenau die Bewegungen des Puppenspielers. Hebt er den Arm, hebt auch die Puppe den Arm, bewegt er seinen Kopf, tut sie es ihm gleich. Es ist also eine Mischung aus Puppen- und Schauspielkunst. Der Schauspieler hat hier eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten."
Mit ihren 2,70 Metern ist die neueste gleichzeitig auch die kleinste Figur des Ensembles. Die anderen Puppen, die Dämonen, Engel oder den Tod darstellen, sind über vier Meter groß. Dennoch ist auch der Ritter eine imposante Erscheinung. Der Kopf kahl, das blaue Gesicht hart, die gelben Augen blicken finster drein. Als er sich durch die Menschenmenge in den Ausstellungsräumen bewegt, sorgt er für Aufsehen.
Einige der Betrachter vergessen sogar für einen Moment, dass der Ritter kein Lebewesen aus Fleisch und Blut ist – und geben ihm zu essen. Jan Bazant – aufgewachsen im Heimatland der Puppenklassiker "Hurvinek" und "Spejbl" - lächelt zufrieden: bei aller Liebe zur tschechischen Puppenspiel-Tradition: Es ist kein Zufall, dass letztgenannte Stars nur wenig mit seinen eigenen Geschöpfen gemein haben:
"Wir haben 2008 mit den drei klassischen Figuren des tschechischen Puppentheaters begonnen, also dem Kasperle, dem Tod und dem Teufel. Unsere Geschichten ergeben sich von selbst, denn diese Form des Theaters ist für den öffentlichen Raum bestimmt. Die Interaktion mit dem Publikum ist ganz entscheidend. Es ist viel Improvisation. Nur die Beziehungen zwischen den Puppen sind vorher klar umrissen."
Jan Bazant ist in einem äußerst kulturinteressierten Umfeld aufgewachsen. Der Vater, Professor für Kunstgeschichte an der Karls-Universität, die Mutter inzwischen pensionierte Kuratorin im Museum für Kunsthandwerk. Jans drei Jahre ältere Schwester Katerina ist Trickfilmanimateurin. Die Eltern haben Ihre beiden Kinder dabei unterstützt, einen künstlerischen Weg einzuschlagen. Die Idee zu den überlebensgroßen Puppen war dem lässig gekleideten 33-Jährigen mit der auffälligen schwarzen Brille während eines Studienaufenthaltes an der Hochschule der Künste in Berlin gekommen. Aus Langeweile, wie er sagt:
"Ich hatte nicht viel Spaß an dem Studium in Deutschland. Da ging es so schrecklich intellektuell zu. Die Leute haben mehr geredet als Arbeiten zu präsentieren. Deshalb ist dieses Projekt entstanden: Ich wollte etwas Handfestes, Greifbares schaffen."
Damals wusste er nicht, dass dieses Projekt sogar einmal Gegenstand seiner Doktorarbeit werden würde. Inzwischen haben seine "Street Puppets" unzählige Auftritte im In- und vor allem im Ausland absolviert:
"Der Vorteil unserer Vorstellungen besteht darin, dass sie ohne Sprache auskommen. Wir sind deshalb nicht an Landesgrenzen oder einen bestimmten Kulturkreis gebunden, sondern können überall auf der Welt auftreten."
Das Ensemble wurde für seine außergewöhnliche Performance mehrfach ausgezeichnet. Dreimal in Folge wurde es vom Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds gefördert. Doch bei allem Erfolg: Nur Puppen zu bauen, wäre dem energiegeladenen Allround-Künstler Jan Bazant zu eintönig. Deshalb gibt der promovierte Puppenbauer sein Wissen an Studenten der tschechischen Kunsthochschule weiter. Seit Jahren zeichnet er außerdem Comics und gestaltet das Bühnenbild an einem Prager Theater:
"Ich habe als Comic-Zeichner angefangen. Doch das bedeutet, dass man überwiegend allein am Schreibtisch sitzt. Deshalb sind die Puppen hinzugekommen. Da kommt man unter Leute, arbeitet mit ihnen zusammen. Das gilt auch für die Arbeit am Theater. Nach einer Weile bin ich dann aber wieder froh, mich von den Schauspielern und dem Bühnenleben erholen zu können. Das ist eine gute Mischung. Nur die Zeit ist manchmal sehr knapp."
Die ist noch knapper, seit sein Sohn Jakub vor zehn Monaten geboren wurde. Wenigstens in der Welt seiner Comics ist der Zeitmangel jedoch ein lösbares Problem. Der Neueste, der im Herbst erscheint, heißt "Pan casu" – auf Deutsch: "Herr der Zeit".
Dank eines Spezialanzuges aus Uhren kann die Hauptfigur darin die Zeit anhalten. Allerdings stellt sie dabei fest, dass die angehaltene Zeit lauter unerwartete Probleme birgt. Kein Allheilmittel also.