Auch in der Provinz nach Regietalenten suchen
09:54 Minuten
Die Bühnen des Berliner Theatertreffens sollen künftig zur Hälfte mit Inszenierungen von Regisseurinnen bespielt werden. Für Anna Bergmann, Schauspieldirektorin in Karlsruhe, ist das überfällig: Deutschland solle sich ein Beispiel an Schweden nehmen.
Geht doch! Das Leitungsteam am Staatstheater Karlsruhe unter Generalintendant Peter Spuhler besteht nur aus Frauen – darunter ist auch die Schauspieldirektorin Anna Bergmann. Bergmann ist mit ihrer Theateradaption des Ingmar-Bergman-Films "Persona" zu Gast beim diesjährigen Theatertreffen in Berlin. Die Theaterfrau ist die erste Frau auf einer solchen Position.
Verglichen etwa mit Schweden, wo die Ensembles der Theater schon seit langem paritätisch besetzt sind und ebenso viele Inszenierungen von Regisseurinnen wie von Regisseuren auf die Bühne kommen, stecke die deutsche Theaterszene in Sachen Geschlechtergerechtigkeit noch in den Kinderschuhen, sagt Anna Bergmann.
Bald 50 Prozent Regisseurinnen beim Theatertreffen
Sie findet es deshalb großartig, dass das Theatertreffen in den kommenden zwei Jahren zu 50 Prozent Inszenierungen von Regisseurinnen einladen wird.
"Es war immer all die Jahre so, dass es mehr Männer waren, die eingeladen wurden. Man kann sagen, dass es tatsächlich nach wie vor 70 Prozent Männer sind, die auf den großen Bühnen inszenieren. Dementsprechend gibt es weniger Inszenierungen von Frauen anzuschauen. Ich glaube, dass sich das in den nächsten zwei Jahren hoffentlich verbessern wird. Und die Notwendigkeit von 50 Prozent bedingt dann, dass man sich noch mehr Dinge von Frauen anschaut."
Anna Bergmann betont, sie erhoffe sich von dieser Quote unter anderem auch, dass die Jury zum Beispiel hin und wieder in die Provinz reise, um dort spannende Inszenierungen zu entdecken.
Zeitlose Klassiker wichtig für den Spielplan
Und bezogen auf den Vorwurf des Theaterkritikers Simon Strauß, es gebe keine klassischen Theaterstücke auf deutschen Bühnen mehr, sondern nur noch Film- und Romanadaptionen oder Performances, widerspricht Bergmann entschieden: "Ich glaube, dass es für das Publikum immer wieder ein Erlebnis ist, eine tolle Klassikerinszenierung zu sehen. Ob das jetzt ein Shakespeare-Stück ist oder was von Tschechow. Tschechow ist absolut zeitlos – und die Leute lieben das. Ich glaube, es ist wichtig, dass das nach wie vor auf den Spielplänen bleibt."
(mkn)