Der Wirtschaftjournalist Ralph Bollmann wurde 1969 in Bad Dürkheim geboren. Seit 2011 ist er wirtschaftspolitischer Korrespondent der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung in Berlin, seit 2017 zusätzlich stellvertretender Leiter des F.A.S.-Wirtschaftsressorts. Er hat mehrere Bücher geschrieben, zuletzt die Biographie "Die Deutsche. Angela Merkel und wir" (2013).
Abschied von den guten Jahren im Kulturbetrieb
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Weil in Berlin die großen Bühnen wegen des Coronavirus geschlossen wurden, wird es wohl zu dramatischen Einnahmeausfällen kommen, befürchtet Ralph Bollmann. Der Journalist appelliert an den Staat, einzuspringen.
Das Bundesligaspiel zwischen dem 1. FC Union Berlin und dem FC Bayern München wird am Samstag nun doch ohne Zuschauer stattfinden. Das zuständige Bezirksamt gab eine entsprechende Anordnung bekannt, nachdem es tags zuvor widersprüchliche Angaben vom Bezirk und vom Verein gegeben hatte. Bei kulturellen Veranstaltungen war die Hauptstadt schneller mit der Entscheidung, wegen des Corona-Virus Häuser einer bestimmten Größe zu schließen.
Ab heute werden die großen Bühnen bis Mitte April nicht mehr bespielt. "Das ist hart, weil da Einnahmen ausfallen", sagt unser Studiogast Ralph Bollmann, Wirtschaftsjournalist bei der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Er hatte für sein Buch "Walküre in Detmold. Eine Entdeckungsreise durch die deutsche Provinz" alle 80 Opernhäuser in Deutschland besucht.
Die Theater- und Opernhäuser bezögen zwischen zehn und 40 Prozent ihres Budgets aus dem Kartenverkauf, sagt Bollmann. Gerade große und erfolgreiche Häuser wie die Bayerische Staatsoper lägen bei 40 Prozent. "Wenn das jetzt wegfällt, sind die Folgen wirklich dramatisch." Schließlich sei das meiste Geld für Personal- und Verwaltungskosten fest gebunden. Ohne Ausgleichszahlungen könnten die Häuser eigentlich keine Neuproduktionen mehr machen, keine Gäste mehr engagieren. "Eigentlich können sie den Spielbetrieb einstellen."
Neue Debatten über Kulturabbau befürchtet
Er vermute, dass die staatlichen Stellen diese Einnahmeverluste ausgleichen werden, so Bollmann. Sie hätten die Häuser schließlich auch per Anweisung von oben gezwungen, den Spielbetrieb einzustellen.
Allerdings befürchtet er auch, dass in Folge eines Wirtschaftseinbruchs die öffentlichen Finanzen knapper werden und neue Debatten über Kulturabbau folgen könnten. "Was kaum wahrgenommen worden ist in der deutschen Kulturszene, die immer notorisch pessimistisch ist, ist, dass wir zehn extrem gute Jahre hatten."
Die Etats der Theater seien über ein Jahrzehnt nur gestiegen, teilweise auch der Personalbestand. "Ich habe ein bisschen die Befürchtung, dass wir da an ein Ende kommen", so Bollmann. Dann könne es vor allem für die kleineren Häusern in ländlichen Regionen schwieriger werden.
(gem)
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