Mit Dolmetscher auf der Bühne
Wer schlecht oder kaum hört, dem entgeht bei einer Theateraufführungen einiges, denn Stimme und Ausdruck machen die Figuren auf der Bühne erst wirklich lebendig. Das Hans Otto Theater in Potsdam holt deshalb Dolmetscher mit auf die Bühne.
Dorothee und die Vogelscheuche machen sich fröhlich singend auf den Weg zum mächtigen Zauberer von Oz. Die Bühne dreht sich. Dorothees rote Lackschuhe glänzen im Scheinwerferlicht. Hell beleuchtet – aber im schwarzen Gewand – steht auch Dolmetscherin Gudrun Hillert mit ihrem Kollegen Christian Pflugfelder auf der Bühne. Die Beiden folgen Dorothee und der Vogelscheuche auf Schritt und Tritt. Mit großen Gebärden übersetzen sie ihren Gesang und bewegen sich zur Musik.
Gebärdensprache ist eine eigenständige Sprache
Gebärdensprache ist eine visuell wahrnehmbare Sprache, die sich über die Hände und den ganzen Körper ausdrückt. Emotionen werden über die Mimik und die Größe der Gebärden vermittelt.
"‚Gehen‘ sind die Hände, die gehen und ‚Haus‘ ist das Dach und ‚trinken‘ ist als wenn ich ein Gefäß an den Mund nehme und was trinke und ‚essen‘ ist, als wenn ich es in den Mund nehme. Was dann aber darüber hinausgeht, ist, dass man auch noch lernen muss, wie diese Zeichen verknüpft werden und dass die sich eben im Raum aufeinander beziehen müssen."
"‚Gehen‘ sind die Hände, die gehen und ‚Haus‘ ist das Dach und ‚trinken‘ ist als wenn ich ein Gefäß an den Mund nehme und was trinke und ‚essen‘ ist, als wenn ich es in den Mund nehme. Was dann aber darüber hinausgeht, ist, dass man auch noch lernen muss, wie diese Zeichen verknüpft werden und dass die sich eben im Raum aufeinander beziehen müssen."
Für Carolin Schär, die im Stück der Zauberer von Oz die Rolle der Dorothee gespielt hat, war es das erste Mal mit Dolmetschern auf der Bühne:
"Also ich habe das noch nie gemacht und ich war am Anfang sehr irritiert plötzlich da zwei Vogelscheuchen zu sehen, ich hatte ein bisschen Mühe mich auf meinen Spielpartner zu konzentrieren. Ich habe das Gefühl, wir haben automatisch ein bisschen deutlicher gesprochen lustigerweise und auch so gespielt einfach, die Haltungen klarer voneinander abgesetzt, damit es verständlicher ist."
"Also ich habe das noch nie gemacht und ich war am Anfang sehr irritiert plötzlich da zwei Vogelscheuchen zu sehen, ich hatte ein bisschen Mühe mich auf meinen Spielpartner zu konzentrieren. Ich habe das Gefühl, wir haben automatisch ein bisschen deutlicher gesprochen lustigerweise und auch so gespielt einfach, die Haltungen klarer voneinander abgesetzt, damit es verständlicher ist."
Regisseure und künstlerische Leiter sträuben sich oft
Schauspieler und Dolmetscher stehen gemeinsam auf der Bühne, Hörende und gehörlose Menschen sitzen im Publikum: Das Projekt "TamiDos" existiert seit 1996 und soll Inklusion fördern. Eine spezielle Förderung dafür gibt es nicht, das Hans Otto Theater muss die Gelder dafür selber aufbringen. Das macht es nicht immer einfach, Regisseure und künstlerische Leiter von der Idee zu überzeugen, sagt Manuela Gerlach. Sie ist die Leiterin des Projekts.
"Also prinzipiell ist es schwierig am Theater, weil es immer als ein Eingriff in ein Kunstprodukt verstanden wird und die größte Angst ist tatsächlich bei künstlerischen Leitern, sprich Intendanten, aber auch bei Regisseuren. Also ich vergleiche das immer mit so einem Bild, das ist fertiggestellt und nachträglich geht man mit Farbe rein. Das macht natürlich Angst, weil das Kunstprodukt sich verändert."
Die Übersetzer lenken die Aufmerksamkeit der hörenden Zuschauer auf sich, hat die Schülerin Özge beobachtet. Sie ist auf die Live-Übersetzung in Gebärdensprache angewiesen und war ebenfalls mit ihrer Klasse im Hans Otto Theater.
"Ich glaube, die Hörenden mögen keine Dolmetscher. Das ist zwar nur mein Eindruck, aber ich denke, sie hätten es am liebsten, wenn die Dolmetscher nicht da wären. Ich glaube, die Hörenden sind davon genervt und mögen das einfach nicht."
"Also prinzipiell ist es schwierig am Theater, weil es immer als ein Eingriff in ein Kunstprodukt verstanden wird und die größte Angst ist tatsächlich bei künstlerischen Leitern, sprich Intendanten, aber auch bei Regisseuren. Also ich vergleiche das immer mit so einem Bild, das ist fertiggestellt und nachträglich geht man mit Farbe rein. Das macht natürlich Angst, weil das Kunstprodukt sich verändert."
Die Übersetzer lenken die Aufmerksamkeit der hörenden Zuschauer auf sich, hat die Schülerin Özge beobachtet. Sie ist auf die Live-Übersetzung in Gebärdensprache angewiesen und war ebenfalls mit ihrer Klasse im Hans Otto Theater.
"Ich glaube, die Hörenden mögen keine Dolmetscher. Das ist zwar nur mein Eindruck, aber ich denke, sie hätten es am liebsten, wenn die Dolmetscher nicht da wären. Ich glaube, die Hörenden sind davon genervt und mögen das einfach nicht."
Zunächst eine Irritation und dann ein Mehrwert
Das "TamiDos"-Projekt versucht genau hier anzusetzen und für Verständnis auf beiden Seiten zu sorgen. Manuela Gerlach beobachtet auch positive Reaktionen:
"Die Hörenden finden das unglaublich interessant, zunächst eine Irritation und dann sogar ein Mehrwert und wenn man das nicht sehen möchte, dann geht man eben auch nicht in die Vorstellung, aber eigentlich fast durchweg positive Rückmeldungen."
Am Ende der Vorstellung des Zauberers von Oz nehmen sich Schauspieler und Gebärdendolmetscher auf der Bühne an den Händen und verbeugen sich. Das Publikum klatscht oder streckt die Arme nach oben und winkt. Dieses Händewedeln ist die Gebärde für Applaus. Solche Momente zeigen, dass Projekte wie dieses notwendig sind. Hörende müssen darauf aber erstmal vorbereitet werden, weiß Manuela Gerlach.
"Ein ganz, ganz schönes Beispiel, was wir mal hatten, war eine Inszenierung ‚Die Sabinerinnen‘, Regie führte Katharina Thalbach. Und sie war sehr skeptisch am Anfang, weil es ist immer eine ganz, ganz große Angst, wuah da sind auf einmal zwei Leute, die stehen ja bei uns nicht am Rand, sondern sind mittendrin im Bühnengeschehen. Und während der Inszenierung kam eine ganz neue Spielebene rein. Und das ist, glaube ich, eins der schönsten Momente gewesen, weil die Gehörlosen zum ersten Mal ein Empfinden hatten, dass sie nicht stören, sondern dass auch für die Hörenden, was ganz, ganz Spannendes passiert ist."
"Die Hörenden finden das unglaublich interessant, zunächst eine Irritation und dann sogar ein Mehrwert und wenn man das nicht sehen möchte, dann geht man eben auch nicht in die Vorstellung, aber eigentlich fast durchweg positive Rückmeldungen."
Am Ende der Vorstellung des Zauberers von Oz nehmen sich Schauspieler und Gebärdendolmetscher auf der Bühne an den Händen und verbeugen sich. Das Publikum klatscht oder streckt die Arme nach oben und winkt. Dieses Händewedeln ist die Gebärde für Applaus. Solche Momente zeigen, dass Projekte wie dieses notwendig sind. Hörende müssen darauf aber erstmal vorbereitet werden, weiß Manuela Gerlach.
"Ein ganz, ganz schönes Beispiel, was wir mal hatten, war eine Inszenierung ‚Die Sabinerinnen‘, Regie führte Katharina Thalbach. Und sie war sehr skeptisch am Anfang, weil es ist immer eine ganz, ganz große Angst, wuah da sind auf einmal zwei Leute, die stehen ja bei uns nicht am Rand, sondern sind mittendrin im Bühnengeschehen. Und während der Inszenierung kam eine ganz neue Spielebene rein. Und das ist, glaube ich, eins der schönsten Momente gewesen, weil die Gehörlosen zum ersten Mal ein Empfinden hatten, dass sie nicht stören, sondern dass auch für die Hörenden, was ganz, ganz Spannendes passiert ist."