Den Rechtspopulisten stärker entgegentreten
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Mit ausländerfeindlichen Pöbeleien hatte eine Gruppe eine Kabarett-Aufführung in Dresden gestört. Philipp Schaller, Leiter des betroffenen Theaters "Die Herkuleskeule", will trotzdem weitermachen. Und fühlt sich durch die Reaktion anderer Gäste ermutigt.
Am vergangenen Samstag wurde in Dresden eine Vorstellung des politischen Kabaretttheaters "Die Herkuleskeule" durch ausländerfeindliche und pro-AfD-Zwischenrufe von Zuschauern gestört. Nachdem die Schauspieler ihr Programm Betreutes Denken deswegen unterbrachen, verletzte ein Störer einen Schauspieler mit einem Bierglas am Kopf. Inzwischen hat sich auch Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU) zu dem Vorfall geäußert. Sie sprach von einem "unvorstellbaren Angriff auf Menschen und die Freiheit von Kunst".
Vorsätzliche Störung
Es sei offensichtlich gewesen, dass die rund 15-köpfige Gruppe vorsätzlich und unabhängig vom Programm stören wollte, sagt Philipp Schaller. Schaller ist künstlerischer Leiter des seit 60 Jahren bestehenden Dresdner Kabaretttheaters.
Trotz aller Versuche, die Zwischenrufer spielerisch und ermahnend zu beruhigen, habe die Vorstellung unterbrochen werden müssen. Der Forderung von Seiten der Schauspieler, das Theater zu verlassen, hätte sich die Gruppe verweigert, so Schaller: "Daraufhin kam es dann zu diesem Glaswurf. Als die Polizei eintraf, waren nur noch drei da, von denen dann die Personalien aufgenommen wurden."
Als Opfer rechter Gewalt sieht er sein Theater allerdings nicht, dies würde den wirklichen Opfern rechter Gewalt nicht gerecht. "Was wir gemacht haben, ist nicht mutig. Das ist unser Beruf, dass wir unsere Meinung auf der Bühne sagen. Jeden Tag werden Menschen angegriffen, die mutiger sind als wir, die dann keine Öffentlichkeit und kein Solidarität bekommen - also was sich zum Beispiel Mission Lifeline hier in Dresden anhören muss an Beschimpfungen."
Theater müssen sich miteinander solidarisieren
Gegen den zunehmenden Versuch von rechts auf Theater und Bühnenprogramme Einfluss zu nehmen, müssten sich alle stärker behaupten. Dazu gehöre, eindeutig Stellung zu beziehen: "Alle, die das denken, müssen sagen `Nein` und die AfD auch klar benennen. Meine persönliche Überzeugung ist, dass das eine faschistische Partei ist, seit der Flügel um Höcke in der Leitung an Macht gewinnt."
Wenn Zuschauer andere Meinungen hätten, sei es unbenommen, auch zukünftig darüber zu diskutieren. "Aber wir können uns doch nicht verstecken und uns verkriechen und so seicht daherreden." Theater müssten sich solidarisieren. Auch seine Kabarettbühne habe Hilfsangebote von anderen Theatern bekommen, sagt Schaller.
Inhaltlich werde es für sein Theater keine Veränderung geben. Auch künftige Sicherheitskontrollen des Publikums seien für ihn undenkbar.
Das Publikum hat sich mit den Schauspielern solidarisiert
Die Kolleginnen des Programms vom Samstagabend seien natürlich von dem Vorfall erschüttert, würden aber – wie schon am Samstag – das Programm weiter spielen. "Was ein tolles Signal ist. Das ist passiert, das stellen wir fest, und jetzt machen wir aber weiter." Bemerkenswert sei, dass sich das Publikum bei der Vorstellung mit den Schauspielern solidarisiert habe, offen gesprochen habe und die Störer gebeten habe, zu gehen.
Dass das Theater vor allem in bestimmten Regionen stärker verteidigt werden müsse, sieht Schaller nicht: "Man muss es immer dort verteidigen, wo es um Fördergelder geht. Wenn die AfD in irgendwelchen Stadträten oder Landesparlamenten sitzt, geht es dann auch um Geld. Man kann jedes Theater totmachen, wenn man den Geldhahn zudreht."
(mle)