Weitere Infos zum Stück finden Sie auf der Homepage des Theater Dortmund.
Der Tyrann als Weltverbesserer
Missgelaunt und unausstehlich: Thomas Bernhard hat mit seiner Komödie "Der Theatermacher" allen Kunsttyrannen und Theaterbesessenen ein Denkmal gesetzt. Intendant Kay Voges bringt das Stück mit Andreas Beck in der Hauptrolle grandios auf die Bühne. #Metoo ist natürlich auch ein Thema.
Bruscon ist Staatsschauspieler, ein Tyrann, der sein Familienensemble quält, dem Knochenbrüche und seelische Verwüstungen egal sind, wenn es um die Kunst geht. Aber er ist auch der einzige, der unermüdlich für die Verbesserung einer Gesellschaft kämpft, in der Hitler-Bilder an den Wänden hängen und der Blutwurst-Tag das Zentrum allen Denkens ist. Thomas Bernhard schrieb sein Stück "Der Theatermacher" mit Blick auf Claus Peymann, der fast alle seine Stücke zur Uraufführung brachte.
Heute stürzen die allmächtigen Intendantenregisseure alten Stils, manche sind durch die Me-Too-Debatte schwer angeschlagen. Die Hingabe an die Kunst taugt nicht mehr als Entschuldigung, um sich seinen Mitarbeitern gegenüber wie ein Arschloch zu verhalten. Aber was geht durch die Demokratisierung verloren? Und ist der Theatermacher ein Tyrann, weil er der Welt, die er kritisiert, doch nicht entkommen kann? All diese Themen formuliert Thomas Bernhard, immer noch kantig, poetisch und derb, mit Erregungspotenzial.
Die Künstler sind Bittsteller
Kay Voges inszeniert den ersten Teil ganz klassisch als Sprechtheater. Die Bühne erinnert an den Megastore, die erst vor kurzem wieder verlassene Ausweichspielstätte des Schauspiels, eine staubige Industriehalle mit nackten Wänden. So wird die Diskussion ums Notlicht – bei Bernhard eine Anspielung an einen Skandal bei den Salzburger Festspielen – zur Spiegelung Dortmunder Verhältnisse.
Die Feuerwehr und das Ordnungsamt haben die Macht, die Künstler sind Bittsteller. Zunächst kaum merklich verändert Andreas Beck als wunderbar wuchtiger Theatermacher einzelne Worte des Textes. Bevor die im Stück vorgesehene Frittatensuppe serviert wird, stoppt die Aufführung und springt wieder an den Anfang. Insgesamt gibt es neun Versuche, neun Annäherungen an das Stück, mal länger, mal sehr kurz.
Einfach nett zueinander sein
Uwe Rohbeck, der zu Beginn mit irrwitzig blitzenden Augen den Wirt gegeben hat, ist nun ein Dandy-Theatermacher, den man auch als Parodie auf Regisseur Voges sehen kann. Es gibt eine Musical-Version und einen Punksong (mit der explosiven Xenia Snagowski), Bilder zwischen Horror und Groteske, Parodie und Huldigung an den Theaterwahnsinn.
Am Ende fragt Andreas Beck, ob nicht alle einfach nett zueinander sein könnten. Dann senkt sich der eiserne Vorhang herab, auf dem "Das Ende des Theaters" geschrieben steht. Stirbt die Kunst durch zu viel Menschlichkeit? Die Aufführung gibt darauf keine Antwort, aber eine Menge Anregungen, mit einem sprühenden, grandiosen Ensemble.