"Die Leute nicht mit irgendwelchem Quatsch enttäuschen"
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Sandra Hüller ist eine feste Größe auf deutschen Bühnen und im Film. Lang ist die Liste ihrer Auszeichnungen, die nun um den Theaterpreis Berlin ergänzt wird. Hüller ist optimistisch, dass die lange Durststrecke für die Theater bald vorbei sein wird.
Sandra Hüller ist eine der herausragenden Charakterdarstellerinnen auf deutschen Bühnen und im Film. Sie ist bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, unter anderem mit dem Deutschen und dem Europäischen Filmpreis und mit dem Silbernen Bären der Berlinale.
Nun erhält sie im Rahmen des Berliner Theatertreffens den Preis für besondere Verdienste um das deutschsprachige Theater.
Die Schauspielerin war bereits 2003 Nachwuchsschauspielerin des Jahres, und gleich dreimal Schauspielerin des Jahres der Zeitschrift "Theater heute". Eigentlich sollte Hüller den mit 20.000 Euro dotierten Theaterpreis Berlin schon 2020 entgegennehmen. Da war sie als Hamlet in Johan Simons Bochumer Inszenierung zum ebenfalls virtuellen Theatertreffen eingeladen. Die Preisverleihung wurde aber wegen der Pandemie abgesagt und soll nun nachgeholt werden.
Hoffnung auf analoge Aufführungen
Sandra Hüller zeigt sich optimistisch, dass bald wieder ein analoges Theatertreffen stattfinden kann und vermisst durchaus die besonderen Aufführungen beim Berliner Festival: "Wenn das Publikum sich so massiv ändert – also, wenn man in einer anderen Stadt spielt – ist das immer etwas ganz Besonderes für die Spieler*innen und für die Regie, glaube ich, auch. Aber wenn es dann eben auch noch das Theatertreffen ist, nimmt man alles noch mal genauer unter die Lupe, und dadurch wird auch noch genauer gespielt, habe ich immer den Eindruck."
Auf den langen Theaterlockdown schaut Sandra Hüller, die selbst eine schulpflichtige Tochter hat, nicht nur mit negativen Gefühlen zurück, betont sie: "In meinem Umfeld gibt es auch ganz viele Leute, die vordergründig keine Leidenserfahrung gemacht haben. Die gibt es wohl, das ist mir sehr bewusst, aber ich habe auch ganz viele Leute getroffen, die viele neue Dinge über sich herausgefunden haben – über den Umgang miteinander, über die Beschulung der Kinder – und die etwas über ihre persönliche Leidensgrenze gelernt und das als Herausforderung gesehen haben."
Kritische Distanz zu #allesdichtmachen
Sandra Hüller gehört auch zu denjenigen, die sich kritisch zu der #allesdichtmachen-Aktion rund um Film-, Fernseh- und Theaterschaffende wie Regisseur Dietrich Brüggemann und Schauspieler Jan Josef Liefers geäußert haben. Einen besonderen Leidensdruck bei sich und ihren Kolleg*innen sieht die Schauspielerin nur bedingt. "Mein Eindruck ist ein anderer gewesen, die ganze Zeit", sagt die Schauspielerin. "Ich habe gerade am Theater unglaublich gefasste Leute gesehen, Leute, die praktisch geworden sind, die aktiv geworden sind, die versucht haben, die Kunst, die Arbeit, die sie machten, sichtbar zu machen, erfahrbar zu machen für ein Publikum."
Gerade das Ausweichen auf Online-Aufführungen sei für sie auch als Zuschauerin eine Bereicherung gewesen. "Es sind so unglaublich tolle Formate entstanden, es sind Inszenierungen entstanden, die natürlich eine andere Form bekommen haben, weil man bestimmte Aufzeichnungstechniken mitdenken musste oder durfte." Sie habe "unglaublich tapfere Menschen erlebt". Natürlich seien alle traurig, dass speziell im Theater nur in einem beschränkten Rahmen gespielt werden könne. Doch würde nun vieles nachgeholt. Die 43-Jährige ist überzeugt: "Der Laden läuft."
"Ich versuche, das Niveau zu halten"
Mit dem Theaterpreis Berlin geht eine Auszeichnung an Sandra Hüller, die für besondere Verdienste um das Theater und oft auch fürs Lebenswerk verliehen wird. Sie selbst ist noch jung, steht aber seit geraumer Zeit in der Gunst von Publikum und Kritik sehr weit oben.
Entsteht dadurch ein Druck? "Sagen wir mal so: Ich versuche schon, das Niveau zu halten – auch in den nächsten Jahren", ist Hüllers Antwort. "Keine Ahnung, ob das funktioniert – aber ich versuche, mich selber nicht zu belügen und auch nicht die Leute um mich herum."
Es gibt nicht nur die Schauspielerin
Der große Erfolg führe in jedem Fall zu einer überlegteren Projektplanung, räumt Sandra Hüller ein. "Es ist natürlich auch eine Arbeit – das will ich gar nicht verstecken – sich zu überlegen: Was macht man als nächstes?" Es gebe neben der Schauspielerin auch noch eine andere Sandra Hüller. "Das kollidiert zuweilen auch", gibt sie zu.
So viel Planung sei für sie durchaus neu. "Ich habe bis jetzt in meiner Karriere so überhaupt noch nicht gedacht. Ich habe einfach Schritte gemacht. Weil ich Lust darauf hatte, weil mir was wichtig war. Und jetzt habe ich das Gefühl, dass ich mich noch einmal anders entscheiden muss. Es ist nicht mehr eine rein intuitive Angelegenheit.
Und lachend fügt Sandra Hüller hinzu: "Ja, es gibt da so eine komische Art von Verantwortung natürlich auch, die Leute nicht zu enttäuschen mit irgendwelchem Quatsch."