Theatertreffen Berlin

Inszenierungen, die an Installationen erinnern

Buhrufe in den Münchner Kammerspielen: Kennedy sorgte mit ihrer zweiten Inszenierung dort für Empörung.
Buhrufe in den Münchner Kammerspielen: Kennedy sorgte mit ihrer zweiten Inszenierung dort für Empörung. © picture alliance / dpa / Tobias Hase
Von Gerd Brendel |
Die Bewerbung für ihr Regiestudium war ein Witz, sagt Susanne Kennedy. Heute ist die Friedrichshafenerin eine der gefragtesten Jung-Regisseurinnen. Für Ihre Arbeit erhält sie nun den 3sat-Theaterpreis.
Es kann gut sein, dass "Fegefeuer in Ingolstadt" die Produktion beim diesjährigen Theatertreffen war, bei deren Premiere es die meisten Buhrufe hagelte. Die Regisseurin Susanne Kennedy saß an dem Abend mit im Zuschauerraum.
"Da gibt's am Ende dieses Gebet, was sich so hochschaukelt, und nach dem vierten Mal haben es die Leute nicht mehr ausgehalten, haben angefangen, Buh zu rufen und wegzulaufen. Und dann sind andere Leute dagegen angegangen. Einer hat gerufen: 'Wenn Sie das nicht aushalten, was machen Sie dann überhaupt hier?' Und eine Frau hat vom Balkon gerufen: 'Was für eine Scheiße ist das hier!'"
"Fegefeuer in Ingolstadt" ist die zweite Inszenierung der jungen Regisseurin für die Münchner Kammerspiele. Ans Haus hatte sie Intendant Johan Simons geholt. Der kannte Kennedy aus seiner niederländischen Heimat, wo die gebürtige Badenserin seit mehreren Jahren zu Hause ist. In die Niederlande hatte es sie der Liebe wegen verschlagen, und auf die Idee, sich in ihrer neuen Heimat für das Studienfach Regie zu bewerben, kam die Theaterwissenschaftlerin durch Zufall.
Die Geschichte ist nur "ein kleiner Teil dessen, was da passiert"
"Ich bin dann mit jemandem mit, der die Aufnahmeprüfung gemacht hat, und dann hab ich gedacht, ich mach das jetzt als Witz."
Aus Witz wurde Ernst. Kennedy bestand die Aufnahmeprüfung und wurde nach dem Studium Hausregisseurin am Nationaltheater Den Haag. Ihre Inszenierungen würden an Installationen erinnern, schreiben Kritiker immer wieder. In "Fegefeuer in Ingolstadt" kreiert Kennedy –Licht aus, Licht an – immer wieder neue lebende Bilder. Die Schauspieler agieren, als würden sie neben sich stehen. Ihr Text kommt vom Band.
"Für mich ist die Geschichte nur ein kleiner Teil dessen, was da passiert",
sagt Kennedy.
Am liebsten würde sie die Zuschauer hypnotisieren
"Ich versuche, den Zuschauer auch in einen Zustand zu bringen. Manchmal denke ich, ich würde die Zuschauer am liebsten hypnotisieren. In was mitreißen, dass sie danach gar nicht mehr wissen: Wie lange hat das jetzt eigentlich gedauert, was war das jetzt eigentlich."
Etwas, was eine Auszeichnung verdient, meinten auf jeden Fall die Juroren des diesjährigen Theatertreffens. Die Redaktion von "Theater heute" hatte Kennedy schon im letzten Jahr zur Nachwuchsregisseurin des Jahres gewählt, und nächste Woche bekommt sie den 3sat-Theaterpreis verliehen. Ist Susanne Kennedy zufrieden?
"Ich hab gedacht, jetzt fängt es erst an. Geschafft überhaupt nicht!"
Susanne Kennedy und das Theater – diese Geschichte ist noch lange nicht zu Ende.