Katastrophale Lage in Syrien und Libyen
Sicherlich werden die EU-Außenminister in Brüssel über die Entwicklung in der Ukraine sprechen, im Vordergrund stehen aber Syrien und Libyen. Die humanitäre Lage in den beiden Ländern ist erschreckend - was auch am Vormarsch der IS-Terrormilizen liegt.
Natürlich geht es fast genau ein Jahr nach der russischen Annektierung der Krim bei den EU-Außenministern auch zum wiederholten Mal um die Lage in der Ukraine.
"Seit der Verabschiedung des Maßnahme-Paketes hat es eine Reduzierung der täglichen Verletzungen des Waffenstillstandes gegeben. Aber wir sind noch nicht in der Phase eines wirkliche nachhaltigen Waffenstillstandes."
Optimistisch ist Bundesaußenminister Steinmeier deswegen noch nicht, was die weitere Entwicklung in der Ukraine angeht. Aber zumindest etwas weniger pessimistisch als er schon war. Neue Sanktionen stehen momentan zwar nicht nur zur Debatte. Da Russland aber die Minsker Vereinbarungen bisher nicht voll umgesetzt hat, steht auch keine Lockerung der bestehenden Sanktionen an. Sie wurden am Freitag um sechs Monate bis Mitte September verlängert.
Islamisten terrorisieren die Bevölkerung
Im Vordergrund der Beratungen soll aber die Lage in der südlichen Nachbarschaft stehen. Die katastrophale Situation in Syrien und in Libyen ist über der Causa Ukraine in den letzten Monaten in den Hintergrund des allgemeinen Interesses geraten. Was weder der katastrophalen humanitären Lage in beiden Ländern gerecht wird, noch den Konsequenzen, die dortigen Entwicklungen auch für Europa haben.
"Weil Libyen ein wichtiges Transfer-Land für die Ausreise von Flüchtlingen aus ganz Afrika geworden ist und Schmuggler-Banden sich diesen Weg offenbar als den im Augenblick einfachsten ausgesucht haben."
Und nicht nur das – vier Jahre nach dem Ende der Gaddafi-Diktatur ist Libyen mehr oder weniger ein 'Failing State'. Das Machtvakuum im Land aufgrund der Tatsache, dass zwei rivalisierende Regierungen um die Macht ringen, hat zudem dazu geführt, dass die islamistischen Extremisten des IS ihren Einflussbereich ausgedehnt haben, mit den entsprechenden auch in Syrien und im Irak zu beobachtenden Konsequenzen.
Die Islamisten terrorisieren die Bevölkerung, greifen Ölanlagen an, töten Ausländer oder kidnappen sie und rekrutieren europäische Dschihad-Touristen. All das ist Grund genug für die Europäer, alles zu tun, die Bemühungen des Libyen-Beauftragten der Vereinten Nationen, Bernardino Leon, zu unterstützen, in Verhandlungen eine Waffenruhe zu erreichen, einen Demokratisierungsprozess einzuleiten und zu eine Einheitsregierung in Libyen zu kommen. Erste vorsichtige Erfolge haben Gespräche im marokkanischen Rabat gebracht.
"Die Lage in Libyen geht uns alle an und bedroht uns alle. Deshalb ist darüber zu sprechen, was wir ganz konkret tun können, um das Land zu stabilisieren und damit die Gespräche zu einem Ergebnis führen."
Katastrophe in Syrien noch größer als in Libyen
In mancher Hinsicht lassen sich Parallelen zwischen Libyen und Syrien ziehen. Auch in Syrien tobt seit vier Jahren ein grausamer, opferreicher, Hunderttausende in die Flucht schlagender Bürgerkrieg. Im März 2011 begannen die Proteste gegen das Assad-Regime. Auch in Syrien haben die Extremisten des IS zunehmend Fuß gefasst. Mittlerweile kontrollieren sie ein Drittel des Landes, manche sagen: die Hälfte.
Wobei die humanitäre Katastrophe in Syrien noch größer ist als die in Libyen. Die Vereinten Nationen gehen von 220.000 Toten aus, über zehn Millionen Menschen haben ihre Heimat verlassen. Hilfsorganisationen sprechen davon, dass das vergangene Jahr das bisher blutigste war.
"Die EU hat Sanktionen gegen das Assad-Regime verhängt. Aber wenn die Dinge in Syrien sich trotzdem so weiter entwickeln, wird es immer schwieriger, das Terrorismus-Problem in den Griff zu bekommen. Ohne eine enge Kooperation mit den Ländern in der Region werden wir keine nachhaltige Lösung des Problems finden."
Analysiert der lettische Außenminister Rinkevics. Mehr Geld für humanitäre Hilfe, größere Bereitschaft, in Europa Flüchtlinge aufzunehmen, eine bessere Einbindung muslimischer Länder und der wichtigsten Akteure in der Region in ihre Politik in Nordafrika – das könnte die EU tun.
"Of course it is very difficult to get form that understanding to real action."
Vom Wissen zum entsprechenden Handeln zu kommen, sagt Rinkevics, ist oft ein sehr schwieriger Schritt.