Erneuerbare auf Überholspur in Schleswig-Holstein
Bereits seit 2014 liegt in Schleswig-Holstein die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien vor der aus Atomkraft an der Spitze. Im vergangenen Jahr produzierte es mehr erneuerbare Energie als es selbst verbrauchte. Doch nun geht es darum, wie der Strom am besten zu den Abnehmern kommt.
Die Zahlen sagen eigentlich alles. Schleswig-Holstein ist offenbar auf dem richtigen Weg. 2014 bereits wurden im nördlichsten Bundesland knapp 12,5 Millionen Megawattstunden Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt – damit lagen die "Erneuerbaren" erstmals vor der Atomkraft auf Platz eins. Im vergangenen Jahr gelang dann, vor allem durch den weiteren Ausbau der Windkraft, der nächste Schritt. Schleswig-Holstein konnte erstmals rein rechnerisch seinen Bruttostromverbrauch zu mehr als 100 Prozent aus erneuerbaren Energien decken. Es läuft, so das Fazit des grünen Energiewendeministers Robert Habeck, der allerdings schon wieder den nächsten Schritt vor Augen hat.
"Naja, es läuft ganz gut und es läuft auch in die richtige Richtung – aber wir müssen ja weiter denken."
Windkraft, Biogas, Photovoltaik und in sehr geringem Umfang auch Wasserkraft. Die Landesregierung hat ein klares Ziel formuliert: Bis 2025 soll damit dreimal mehr Strom produziert werden, als im Land selbst verbraucht wird. Das wiederum erfordert einen zügigen Netzausbau – der Ökostrom muss schließlich die Abnehmer vor allem in den großen Ballungs- und Industriezentren im Westen und Süden der Republik erreichen. Robert Habeck fordert aber auch den verstärkten Ausbau von dezentralen, regionalen Speichersystemen.
Lösungen zur dezentralen Speicherung und Abnahme des Stroms
"Klassische Speicher, Batterien wie alle Formen von Wasserkraft oder auch Wärmespeicher, Druckluft und so weiter, haben ihre Funktion! Vor allem um das Netz stabil zu halten, und wir werden immer mehr in Zeiten reinkommen, wo das Netz, obwohl es ausgebaut ist, die Menge an Strom nicht aufnehmen kann, weil wir immer Zeiten haben werden, wo Wind und Sonne stärker sind als das Netz."
Genau dafür muss es intelligente Lösungen zur dezentralen Speicherung und Abnahme des erzeugten Stroms geben – so wie zum Beispiel in der Gemeinde Reußenköge im Kreis Nordfriesland, wo das mittelständische Unternehmen GP Joule gerade die erste "Power to gas"-Anlage Schleswig-Holsteins in Betrieb genommen hat. Die Anlage nutzt Strom aus umliegenden Windkraftanlagen und ganz normales Wasser aus dem Wasserhahn, erläutert André Steinau von GP Joule.
"Das wird etwas gereinigt und durch den Elektrolyseur gedrückt. Wenn dann Strom anliegt, Erneuerbarer-Energie-Strom, wird es dann aufgeteilt in Wasserstoff und Sauerstoff. Den Sauerstoff nutzen wir hier in dem System nicht, der wird einfach in die Luft entlassen, und den Wasserstoff speichern wir in entsprechenden Tanks, damit er dann weiter genutzt werden kann."
Energetische Unabhängigkeit für einzelne Gehöfte und Dörfer
Zum Beispiel in einer Biogasanlage in der Nähe, wo er bei Bedarf dem dort produzierten Methan beigemischt und mit Hilfe eines klassischen Verbrennungsmotors wieder in Strom umgewandelt werden kann. Eine ähnliche Anlage für Demonstrationszwecke plant auch der Verein "Erneuerbare Energie & Speicher e.V." in Flensburg. Man könnte zum Beispiel die bei der Aufspaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff entstehende Abwärme in das Fernwärmenetz der Stadtwerke einspeisen, den Wasserstoff als Treibstoff in Brennstoffzellen in öffentlichen Bussen nutzen. Dem Vereinsvorsitzenden Axel Wiese fallen so einige Nutzungsmöglichkeiten ein:
"Sie können letztendlich für ein einzelnes Gehöft energetische Unabhängigkeit erreichen über solche Technologien, für einzelne Dörfer. Sie müssen da sicherlich anders denken im Zusammenhang mit größeren Ballungsräumen in Städten, aber immer können Sie dieselbe Technik irgendwo einsetzen."
All das ist noch Zukunftsmusik, aber es ist auch der dringend notwendige nächste Schritt, die wirklich konsequente Umsetzung der dezentralen Energiewende vor Ort.