Ist Ökostrom marktfähig?
Strom aus Erneuerbaren Energien ist der derzeit noch teurer als konventionell erzeugter. Dabei sind die reinen Produktionskosten in etwa gleich hoch. In Bezug auf ökologische Folgekosten wären die Erneuerbaren sogar billiger. Gäbe es da nicht noch die Einspeisevergütung...
Sigmar Gabriel: "Die Politik gibt Menge vor – der Markt entscheidet über den Preis."
Was Sigmar Gabriel hier verspricht, soll ab 2017 Realität werden: Wer künftig einen Windpark oder einen fußballfeldgroßen Solarpark bauen will, muss sich an Ausschreibungen beteiligen, für die der Staat zuvor festgelegt hat, wie viele Solar- und Windstromprojekte insgesamt neu gebaut werden sollen.
Die Interessenten geben ein Gebot ab über den Preis, zu dem sie mit ihrer Anlage den Ökostrom glauben produzieren zu können, den Zuschlag erhalten in aufsteigender Reihenfolge diejenigen mit den niedrigsten Produktionskosten, bis die gewünschte Menge an neuen Wind-oder Photovoltaikanlagen erreicht ist.
Wettbewerb soll Ökostrom günstiger machen
Sigmar Gabriel: "Nicht Bundestag und Bundesrat entscheiden in Zukunft über den Preis für CO2-freien erneuerbaren Strom, sondern der Wettbewerb um die kostengünstigste Lösung.
Sigmar Gabriel ist sich sicher: Das neue Verfahren soll die Kosten der Energiewende weiter senken. Und die Erfahrungen mit den ersten drei Pilotausschreibungen bei großen Freiflächen-Photovoltaikanlagen geben ihm aus seiner Sicht auch Recht:
"Die Kosten sinken - 8 Cent als Ergebnis der dritten Ausschreibungsrunde - finde ich - ist 'n Wort ..."
Doch am grundsätzlichen Problem hat sich noch nichts geändert: Auch mit 8 Cent ist dieser Solarstrom immer noch teurer als der Großhandelspreis, zu dem der nackte Strom an der Strombörse in Leipzig gehandelt wird. Dort liegt der Preis derzeit bei 2,2 Cent. Und an diesem Niedrigpreis wird sich – das zeigen die Terminkontrakte für die Jahre bis 2020 – in den kommenden vier Jahren kaum etwas ändern.
Für Haushaltskunden in Deutschland ist dies eine schlechte Nachricht. Denn die Differenz zwischen den 8 Cent und den 2,2 Cent zahlen sie – über die EEG-Umlage als Teil ihres Endkundenpreises. Nach diesem System wird jede Kilowattstunde Ökostrom gefördert. Also auch der Strom aus älteren Anlagen, die ihren Strom 20 Jahre lang mit über 20 oder gar 30 Cent vergütet bekommen. Das erklärt, warum die Kosten der Energiewende in die Milliarden gehen.
Weniger Folgekosten bei Erneuerbaren
Diese reine Rechnung in Euro und Cent haben die Lobbyisten der Erneuerbaren aber noch nie akzeptiert. Sie definieren marktfähig anders, etwa Fritz Brickwedde, der Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien:
"Eine Kilowattstunde Solarstrom ist bei Solaranlagen heute für 8 Cent zu haben, Windstrom für noch weniger. Die Produktionskosten liegen damit im Bereich der betriebswirtschaftlichen Vollkosten neuer Kohle- und Gaskraftwerke. Aber würden bei den Kohlekraftwerken die externen Kosten, etwa durch Quecksilber und die Folgen der Luft- und Umweltverschmutzung, eingerechnet, dann wären die Erneuerbaren Energien unschlagbar im Vorteil."
Für Ökostromproduzenten wie Fritz Brickwedde sind die Erneuerbaren deshalb bei ehrlicher Rechnung die ökonomisch klügere Alternative. Zumal die Einspeisevergütungen für die Erzeuger seit Jahren sinken. Windparkbetreiber an Land bekommen bei einer neuen Anlage anfangs noch knapp 8,5 Cent, nach fünf Jahren sinkt dieser Wert schlagartig auf 4,5 Cent.
Diese Beispiele zeigen: Es wird in jedem Fall noch ein paar Jahre dauern, bis die in ihren Anfangsjahren sehr teuren Wind-, Solar- und Biogasanlagen aus den hohen Vergütungssätzen herausgewachsen sind.