Ein Jahr Themis
In der Musikbranche können sich alle an "Themis" wenden, der Vertrauensstelle gegen sexuelle Gewalt und Belästigung. © Getty Images / iStock / Nadia Bormotova
MeToo-Anlaufstelle für Musikbranche zieht Zwischenbilanz
07:40 Minuten
Seit gut einem Jahr ist die Vertrauensstelle gegen sexuelle Gewalt und Belästigung Themis auch Ansprechpartner für die Musikbranche. Birte Wiemann vom Verband unabhängiger Musikunternehmer, einem der Träger, zieht eine erste Bilanz.
Wer in der Film-, Fernseh- und Theaterbranche sexuell belästigt wird oder sexuelle Gewalt erfährt, hat schon länger mit Themis eine Anlaufstelle. Vor gut einem Jahr hat sich die Vertrauensstelle gegen sexuelle Gewalt und Belästigung auch für die Musikbranche geöffnet.
Birte Wiemann vom Verband unabhängiger Musikunternehmer (VUT), einem der Träger von Themis, berichtet in einer Bilanz, dass es im ersten Jahr, von Oktober 2021 bis September 2022, zwei bis drei Fälle pro Monat aus ihrer Branche gegeben habe.
Dabei gebe es gewisse Konjunkturen: „Tatsächlich können wir sagen, dass wir immer, wenn so etwas medial hochkocht, dann auch eine erhöhte Anzahl von Anrufen von Betroffenen aus der Musikwirtschaft bei Themis verzeichnen können.“
Vertrauensstelle fürs ganze Spektrum
„Wichtig bei uns ist, dass wir nicht nur die Menschen in unserem Umfeld haben, die im Rampenlicht stehen, sondern wir für die gesamte Musikwirtschaft da sind", sagt sie. "Natürlich gibt es auch hinter der Bühne Fälle von sexueller Gewalt und sexualisierter Belästigung.“
Es würden sich einzelne Menschen und Gruppen melden, darunter auch Männer. „Insofern geht es eigentlich durch die ganze Bank: Es ist auch gut so, dass wirklich alle wissen: Sie können sich an Themis wenden und konkret zugeschnittene Hilfestellung bekommen."
Die meisten Fälle beträfen verbale, nonverbale oder digitale Formen von Belästigung, allerdings gebe es auch Fälle körperlicher Gewalt, die bis zu Vergewaltigungen reichten.
Unterstützung für Betroffene
Themis biete den Betroffenen hauptsächlich psychologische und juristische Hilfestellung, erläutert Wiemann. „Das ist aber auch alles genau so, wie die Betroffenen das wollen. Wenn die nur über das Erlebte sprechen wollen und einfach zur Verarbeitung kommen wollen, ist das auch vollkommen genehm.“
Gern würde man typische Muster erkennen, um auch in die Prävention gehen zu können in den Betrieben und mit den Arbeitgebenden, sagt sie. „Allerdings müssen wir uns nach dem Jahr sagen, dass es noch keine typischen Muster gibt. Das heißt, wir leisten im Moment mit Themis nur den Betroffenen die aktuelle Hilfestellung.“
Positiv hebt sie hervor, dass sich auch proaktive Arbeitgebende bei Themis meldeten, die Hilfestellung für die Prävention im Betrieb haben wollten.
(mfu)