Die Kunst des guten Selbstgesprächs
Wer in der Öffentlichkeit laut Selbstgespräche führt, gilt als zumindest ein bisschen verrückt. Dabei können Selbstgespräche durchaus eine therapeutische Funktion erfüllen, meint der Publizist Urs Willmann. Aber es komme dabei auf die "Selbstgesprächskultur" an.
96 Prozent aller Menschen führen einer Studie zufolge Selbstgespräche. Und das muss nicht unbedingt ein Zeichen von Verrückthei sein, meint der Buchautor und Wissenschaftsjournalist Urs Willmann. So lassen sich beispielsweise im Selbstgespräch komplexe Probleme strukturieren. "Selbstgespräche helfen eigentlich beim Fokussieren".
Aber es kommt dabei auf die "Selbstgesprächskultur" an: "Wenn man zu sehr abschweift und eine Selbstgesprächskultur führt, die eher jeden Aspekt aufnimmt, dann kann es natürlich sein, dass man das Thema vergrößert und am Ende gar nicht mehr weiß, wo einem der Kopf steht."
"Man sollte nicht immer dasselbe sagen"
Auch Motivation über Selbstgespräche ist möglich. Nur dürfe es nicht bei leeren Worthülsen bleiben. "Wenn ich mir immer nur einrede, ich schaffe das, ich kriege das hin, ich bin doch der Beste, der Größte, ich kann kicken wie Ronaldo, dann hilft das nichts", so Willmann. "Wenn man das aber kombiniert mit einer Reflexion, wo ist wirklich das Problem und was kann ich? Und wie kriege ich meine Fähigkeiten so umgesetzt, dass Sie wenigstens ansatzweise dieses hohe Ziel erreichen können? Dann hilft es mir."
Ganz falsch ist der Zusammenhang von Spleen und Selbstgespräch aber doch nicht, räumt der Autor ein. "Eine übertriebene Neigung zu Selbstgesprächen kann natürlich schon auch ein Hinweis auf Neurosen sein oder sogar auf eine Schizophrenie oder auch auf Paranoia."
Insofern müsse man immer abwägen, wie laut und wie häufig man Selbstgespräche führe. "Man sollte vielleicht auch nicht immer dasselbe sagen. Menschen, die durch die U-Bahn gehen und immer dasselbe Geschimpfe von sich geben, die sind vielleicht schon nicht unbedingt auf dem Weg, sich mit dem Selbstgespräch zu helfen."