Polizeisprecher Thilo Cablitz
Thilo Cablitz bei einem Einsatz am besetzten Haus "Liebig 34" in Berlin-Friedrichshain im Jahr 2020. Von Linksextremisten wurde er als Nazi beschimpft, Rechtsextremisten wollten nur mit seiner weißen Kollegin reden. © picture alliance / SULUPRESS.DE / Marc Vorwerk / SULUPRESS.DE
Kämpfer gegen Rassismus in der Polizei
04:41 Minuten
Thilo Cablitz ist Pressesprecher der Berliner Polizei. Der Sohn einer deutschen Mutter und eines sudanesischen Vaters hat selbst schon Racial Profiling erlebt. Deshalb reagiert er besonders sensibel bei solchen Formen von institutionellen Rassismus.
Der weiße Helm aus seiner Zeit als Polizist im Einsatz liegt noch in einer Vitrine über der Tür. Ein Andenken, sagt Thilo Cablitz.
Wobei: "Gerade in den vergangenen zweieinhalb Jahren gab es durchaus den ein oder anderen Einsatz, bei dem man schon überlegt, ob es nicht sinnvoll gewesen wäre, den wenigstens dabei zu haben, den Helm“, fügt er hinzu.
Corona-Proteste und Todesdrohungen
Besonders die Corona-Proteste hatten es in sich, brachten selbst die demonstrationsgestählte Berliner Polizei an ihre Grenzen. Vom Versuch, den Reichstag zu stürmen bis zu Schwurblern, die sich als Journalisten ausgaben und dann den Polizeisprecher bedrohten.
„Es gab Tötungsaufforderungen und was weiß ich nicht alles", erzählt Cablitz. "Und man weiß halt nie, ob sich jemand darunter befindet, der sagt, das ist jetzt meine Chance.“
Deutscher Name mit sieben Jahren
Der 44-Jährige mit dem kahl geschorenen Kopf sitzt aufrecht hinter seinem Schreibtisch. Hellblaues Hemd, die drei goldenen Sterne auf der Schulterklappe seiner blauen Uniform weisen ihn als Polizeidirektor aus.
Manchmal denkt Thilo Cablitz darüber nach, ob er auch hier sitzen würde, wenn er noch seinen ursprünglichen Namen trüge – den sudanesischen Vor- und Nachnamen, den ihm sein Vater gab. Als er sieben Jahre alt wurde, bestand seine deutsche Mutter auf einer Umbenennung.
„Um in Deutschland Erfolg zu haben, bräuchte ich auch einen deutschen Namen", erklärt er die Gedanken seiner Mutter. "Und jetzt sitze ich hier, als Noch-Pressesprecher der Polizei Berlin, ich würde durchaus sagen, dass ich Erfolg hatte. Und dann fragt man sich schon: Gab es da einen Einfluss? Hat das etwas bewirkt, hat das was verändert, hat es etwas dazu beigetragen, dass die ein oder andere Bewerbung eher gelesen wurde? Wissen tue ich es nicht, ich hoffe, dass es nicht so war.“
Erfahrung mit Racial Profiling
Denn Thilo Cablitz glaubt an das Gute im Menschen. Cablitz kennt aber auch Alltagsrassismus, hat ihn immer wieder am eigenen Leib erfahren. Zum Beispiel als er vor einigen Jahren mit einem weißen Kollegen in Zivil eine Altstadt besichtigt und gleich dreimal von verschiedenen Polizeistreifen nach seinen Papieren gefragt wird.
Sein Kollege wird nicht danach gefragt. Racial Profiling in Reinkultur.
„Ich als Vertreter der Polizei Berlin habe auch einen klaren Standpunkt, habe eigene Erlebnisse in der Gesellschaft, in der Polizei", sagt Cablitz. "Ich möchte gerne drüber reden und einen Beitrag leisten, es vielleicht zu verändern, intern wie extern.“
Irritierendes Video
Intern ist noch eine Menge zu tun. Erst vor Kurzem sorgte ein Video in den Sozialen Medien für Aufmerksamkeit. Zwei Berliner Polizisten, die in der Wohnung einer syrischen Familie den Familienvater zu Boden ringen, ihm Handschellen anlegen und die Anwesenden beschimpfen.
„Nix raus, das ist mein Haus", sagt die Frau zu einem Beamten, der sie auffordert, das Zimmer zu verlassen, in dem die Polizisten und ihr Mann sind: "Das ist mein Land und Du bist hier Gast", ist der Polizist zu hören.
Im weiteren Verlauf heißt es dann: "Hier hat keiner geschlagen, wir haben ihn zu Boden gebracht" und "Halt die Fresse, fass mich nicht noch mal an!“.
Schnelle Reaktion der Polizeiführung
Die Polizeiführung reagiert schnell, versetzt den Beamten in den Innendienst, jetzt wird gegen ihn ermittelt. Innenstaatssekretär Thorsten Akmann findet klare Worte: „Es ist absolut inakzeptabel, einen solchen Polizeibeamten wollen wir in Berlin nicht.“
Dass die Berliner Polizeiführung in solchen Fällen klarer und schneller reagiert als möglicherweise in anderen Bundesländern, liegt vielleicht auch an Thilo Cablitz. "Ja, wir haben auch Rassisten in unseren Reihen", sagt er, "aber sie machen uns nicht aus."
„Wann immer wir einen solchen Sachverhalt hier auf dem Tisch haben, ob er nun sexistisch, rassistisch, antisemitisch ist, das tut uns allen in der Seele weh. Das ganz überwiegende Gros ist mit einer Überzeugung zur Polizei Berlin gekommen, eben um für das Gute einzutreten.“
Weiterer Karriereschritt
Jetzt wird Polizeidirektor Cablitz befördert – wohin, darf er noch nicht sagen. Und wie viele Überstunden hat er in den letzten vier Jahren gemacht?
„Ich darf die Zahl nicht sagen“, flüstert er. Nur so viel: Es sind mehrere Tausend. Einen Teil davon habe er sich auszahlen lassen und sich von dem Geld einen Lamborghini gekauft und damit rase er über die Sonnenallee in Neukölln, sagt er ironisch und lacht.