Thomas Bernhards "Der Theatermacher"

Pervers, irrational, verlogen

09:30 Minuten
Der österreichische Roman- und Theaterautor Thomas Bernhard
Texte des österreichischen Autors Thomas Bernhard waren wie im Bühnenwerk "Der Theatermacher" oft voller autobiografischer Bezüge. © Picture Alliance / dpa / Votava
Wolfram Koch im Gespräch mit Susanne Burkhardt |
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Anlässlich des 90. Geburtstags von Thomas Bernhard wird in Frankfurt am Main dessen Stück "Theatermacher" geprobt. Nicht allein, weil es darin um Isolation gehe, passe es in die Zeit der Pandemie, sagt der Schauspieler Wolfram Koch.
In Thomas Bernhards Texten wird fast immer abgerechnet, ob mit der österreichischen Gesellschaft, mit dem Literaturbetrieb oder der Kunst. Vor rund 30 Jahren starb der Schriftsteller, der am 9. Februar 1931 geboren worden war.
In Frankfurt am Main probt Wolfram Koch als Hauptdarsteller unter der Regie von Herbert Fritsch Bernhards "Der Theatermacher". Eine Premiere ist wegen der Coronapandemie mehrfach verschoben worden.

Ausgestellter Wahnsinn

Dass Bernhard das Theater als eine Jahrtausende alte Perversion sieht, in die die Menschheit vernarrt ist, findet Koch faszinierend. "Wir wissen auch nicht, wo es langgeht. Wir stellen diesen Wahnsinn aus."
Im "Theatermacher" werde "wahnsinnig aufgebauscht": "Es wird sich wahnsinnig wichtiggetan. Es wird unheimlich viel über Theater geredet, wie Theater wichtig ist." Letztendlich erfahre man dadurch viel über die Menschen, "die Konstellationen, über die Einsamkeit. Wir erfahren viel über eine merkwürdige Sehnsucht, Theater zu spielen, Theater aufzuführen."
Bernhard rege sich wahnsinnig über die Verlogenheit auf. Doch die Menschheit sei auch vernarrt in die Verlogenheit, sagt Koch.

Große Liebe für das Theater

"Letztendlich ganz tief drunten kriegt man eine große Liebe fürs Theater mit, wenn man sagt: 'Es ist zumindest etwas, was ich nicht fassen kann. Das ist pervers. Das ist irrational. Es ist vielleicht dreckig, es ist verlogen. Es ist wahrscheinlich alles verlogen, wie die ganze Welt verlogen ist. Nur da habe ich zumindest eine Faszination.'"
Es gebe eine Art Sehnsucht, ins Theater zu gehen, so Koch: "Diese Theaterleute anzusehen als etwas, was wenigstens lebendig ist, was man aber nicht in Worte oder in etwas Logisches packen kann. Es ist etwas Irrationales."

Pamphlet zum Weiterspielen

Erstaunlich sei, wie das Stück für die Pandemiezeit stehe: "Denn letztendlich ist es ein Pamphlet dafür: Spielen, spielen, weiterspielen, fail oder fail better. In allen Widersprüchen."
Auch die Sprunghaftigkeit im Stück passe zur Vorbereitung zur Premiere, bei der völlig ungewiss sei, wann sie stattfinde, sagt Koch:
"Wir haben gesagt, wir machen jetzt volle Lotte: zwei Proben am Tag. Wir legen los und gucken, wie weit wir mit Spaß und mit Lust kommen. Wir amüsieren uns viel. Wir merken, dass uns der Text unheimlich angeht. Hätte ich nie gedacht."
(mle)
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