Thomas Brasch: "Heute wird sich alles ändern"

Drei verrückte Kindergeschichten aus den 70ern

Marion Brasch und Matthias Mücke im Gespräch mit Frank Meyer |
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Der in der DDR zensierte Autor Thomas Brasch schrieb auch für Kinder. Seine Geschichten über die Erfinder Bell, Henlein und Daguerre erscheinen jetzt als Bilderbuch - und als Hörspiel, erzählt von der Schwester des Autors, Marion Brasch.
Der Ostberliner Schriftsteller, Dramatiker und Regisseur Thomas Brasch (1945 - 2001) publizierte Gedichte, Prosa und Theaterstücke. Etliche seiner Arbeiten fielen der Zensur zum Opfer. Mitte der 1970er Jahre siedelte er nach Westdeutschland über. Dort erschien 1977 sein Text "Vor den Vätern sterben die Söhne", der ein großer Erfolg wurde.

Der einsame Herr Bell und das Telefon

Kaum bekannt ist, dass Brasch auch Kindergeschichten geschrieben hat. Nur eine davon erschien in der DDR und wurde dort auch als Hörspiel auf Schallplatte publiziert. Es ist die Geschichte vom dicken Herrn Bell, der das Telefon erfunden hat. Denn er war so dick, dass er ein ganzes Zimmer ausfüllte und sich etwas einfallen lassen musste, um mit der Welt in Kontakt treten zu können.
Der Künstler Matthias Mücke hat jetzt drei Kindergeschichten von Thomas Brasch in einem von ihm illustrierten Buch herausgebracht und auch als Hörspiel vertonen lassen. In der akustischen Umsetzung wirkt auch die Schwester des Autors, die Journalistin und Schriftstellerin Marion Brasch, mit.
"Er hat eigentlich immer Kindergeschichten geschrieben", erinnert sich Marion Brasch. Ihr Bruder habe zum Beispiel auch Märchen von Hans Christian Andersen bearbeitet, die in der DDR auf Schallplatte erschienen. "Er hatte immer eine Affinität für Kinder und hat wunderbar fabuliert." Sie selbst habe die Geschichte vom dicken Herrn Bell schon als Kind sehr gemocht.

Zensur der Kinder-Schallplatte

Die DDR brachte den "Herrn Bell" als Schallplatte heraus, aber "da wurde nur eine Seite gepresst", erzählt Matthias Mücke. Die zweite Seite sei der Zensur zum Opfer gefallen. Auf dieser Plattenrückseite hätte eigentlich schon damals die "Geschichte von Herrn Henlein, der die Taschenuhr erfunden hat" erscheinen sollen.
SW-Porträt des Schriftstellers Thomas Brasch.
Seine Kindergeschichten sind noch zu entdecken: Thomas Brasch.© picture alliance / akg-images / Binder
Diese Geschichte hat jetzt erstmals wieder ihren Weg in die Öffentlichkeit gefunden. Sie stammt aus dem Nachlass von Thomas Brasch, der in der Berliner Akademie der Künste verwahrt wird. Außerdem findet sich in dem neuen Kinderbuch eine Geschichte über den Fotografen Daguerre, auch sie voller Fantasie, Witz und Doppelbödigkeit. Sie war zuvor nur im Westen publiziert worden.
(huc)

Thomas Brasch: "Heute wird sich alles ändern. Drei Erfinder-Geschichten"
Mit Illustrationen von Matthias Mücke und einem dreiteiligen Hörspiel
mit Marion Brasch, Stefan Kaminski und Stefan Kaminsky
Edition Mückenschwarm, Berlin 2020
114 Seiten, 48 Euro

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