Thomas-Cook-Insolvenz

Warum es gerecht ist, Reisekunden mit Steuergeldern zu entschädigen

06:51 Minuten
Ein Airbus von Thomas Cook im Anflug auf dem Flughafen Skiathos in Griechenland.
Die Hohenflüge des Reiseveranstalters Thomas Cook sind jetzt vorbei. © picture alliance
Christian Neuhäuser im Gespräch mit Julius Stucke |
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Die Bundesregierung verspricht die volle Entschädigung für Thomas Cook-Kunden. Der Philosoph Christian Neuhäuser, Autor des Buches "Reichtum als moralisches Problem", findet das richtig. Pauschalreisen würden oft von Menschen gemacht, die wenig Geld haben.
Geschädigte Urlauber des Reiseveranstalters "Thomas Cook" können aufatmen. Die Bundesregierung hat beschlossen, betroffenen Pauschalurlaubern mit Steuergeld finanziell unter die Arme greifen.
Dabei geht es nicht nur um Anzahlungen von einigen zehntausend Kunden, die ihren Urlaub gar nicht antreten konnten, sondern auch um Ansprüche von 140.000 Reisenden, die am Urlaubsort gestrandet waren. Auch Hotelbesitzer machen Ansprüche geltend, weil die Gäste nicht gekommen sind.
Wieviel das die Bundesregierung kosten wird, ist noch unklar - fest steht aber, es wird teuer. Denn der Versicherer haftet nur für 110 Millionen Euro - das ist die gesetzlich festgelegte Haftungsobergrenze. Nach Schätzungen liegen die Kosten deutlich höher. Dass der Staat mit Steuergeldern Reisekunden entschädigt, verärgert viele Verbraucher.

Fehler der Bundesregierung

"Ich kann den Ärger der Leute verstehen", sagt Christian Neuhäuser, Professor für praktische Philosophie an der Universität Dortmund. "Ich denke aber, er sollte sich gegen die Regierung richten."
Diese habe eine EU-Richtlinie nicht richtig umgesetzt, kritisiert Neuhäuser. Anfang des Jahres gab es bereits im Bundestag eine Anfrage, bei der die Bundesregierung geantwortet habe, es sei nicht nötig, die Haftungsgrenze zu erhöhen.
"Jetzt, ein halbes Jahr später, zeigt sich, dass es doch nötig gewesen wäre", sagt Neuhäuser. "Da ist etwas sicherlich falsch gelaufen, da wurde unverantwortlich gehandelt."

Recht auf Entschädigung

Es sei richtig, dass die Betroffenen jetzt entschädigt würden. Die Wut dürfe sich nicht gegen die geschädigten Urlauber richten, denn sie hätten einen besonderen Verbraucherschutz, so der Philosoph. Eigentlich sei vorgesehen, dass die Reiseveranstalter ausreichend versichert seien. "Das ist eine Regulierung, die bei großen Konzernen, die Pauschalreisen anbieten, sehr sinnvoll ist."
Pauschalreisen würden häufig von Leuten unternommen, die nicht viel Geld hätten, sagt Neuhäuser: "Dann ist so eine Verbraucherschutzregelung moralisch richtig und muss wirtschaftlich auch vernünftig umgesetzt werden."
(gem)
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