Thomas Melle: Die Welt im Rücken
Verlag Rowohlt Berlin 2016
352 Seiten, 19,95 Euro
Zwischen Messias-Komplex und tiefer Scham
Das Leben als Achterbahn: Bei Manisch-Depressiven wechseln Phasen grenzenloser Euphorie und tiefer Niedergeschlagenheit ab. Auch der Autor Thomas Melle leidet an der bipolaren Störung. Was das heißt, berichtet er in seinem Buch "Die Welt im Rücken".
Thomas Melle ist ein erfolgreicher Autor von Romanen und Theaterstücken. Gerade hat es sein jüngstes Buch "Die Welt im Rücken" auf die Longlist für den Deutschen Buchpreis geschafft. Darin erzählt der Autor von seiner Krankheit: Seit vielen Jahren leidet er unter einer bipolaren Störung.
Bisher hatte er drei schwere manische Schübe: "1999 war der erste, der ging etwa drei Monate und hat dann eine etwas längere Depression nach sich gezogen. 2006 der zweite, der ging schon ein Jahr, und das ist eigentlich das höchste Maß, das so eine Manie eigentlich haben kann. Und 2010 dann noch mal eine Manie, die anderthalb Jahre ging. Das geht schon weit über die Medizinbücher hinaus."
Scham und Leere kennzeichnen die depressiven Phasen
In seinem Buch macht Melle deutlich, was es bedeutet an dieser Krankheit zu leiden: So sind die manischen Phasen durch einen Weltenretter-Komplex gekennzeichnet, in denen er sich für den Messias hält, gepaart mit Wahnvorstellungen. "Zunächst mal ist da einfach ein Überschuss an Gefühlen, man weiß nicht, wohin mit diesem Gefühl, beginnt die Impulse ganz ungehemmt auszuleben", sagt er.
Auf diese manischen Phasen folgten immer längere depressive Perioden, in deren Verlauf Melle auch zwei Suizidversuche unternommen hat. Dahinter stehe auch "die Scham, eigentlich nicht man selbst gewesen zu sein, sein Leben und seinen Ruf ruiniert zu haben", sagt der Autor. "Zusammen mit dieser schmerzhaften Leere der Depression scheint einem dann kein weiterer Ausweg möglich."
Auch von diesen peinlichen und beschämenden Momenten erzählt das Buch - in der Hoffnung, sich dadurch von der Krankheit "freischreiben" zu können: "Ein bisschen komme ich mir sozusagen stigmatisiert vor mit dieser Krankheit, aber ich stigmatisiere mich nochmal, um mich eigentlich dann zu 'entstigmatisieren'. Also, es ist ein sehr seltsamer dialektischer Vorgang."