Thomas Oberender über Theater im Lockdown

"Was bleibt, ist eine neue Nachdenklichkeit"

10:04 Minuten
Thomas Oberender, Kurator und Intendant der Berliner Festspiele
Gemeistert: Mit ihren kreativen Ideen hätten die Theater die Lockdowns bisher gut überstanden, meint Thomas Oberender. © picture alliance/dpa/Jörg Carstensen
Moderation: Vladimir Balzer |
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Die coronabedingten Zwangspausen haben der Kulturszene viele neue Impulse gegeben, meint Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele. Die Szene habe digital "aufgerüstet" - und die Finanzhilfen zeigten, dass Kultur wichtig sei.
Thomas Oberender, Intendant der Berliner Festspiele, sieht das Gute im Schlechten. Noch nie sei so anregend und intensiv in der Theaterszene diskutiert worden wie derzeit, betont er: Wofür Theater da sei, was Auftrag und Spielräume seien. Das sei quasi eine Errungenschaft des Lockdowns in der Coronapandemie, meint er.

Wertvolle neue Formate

Die neue Aufmerksamkeit, die das digitale Zeitalter im Moment den alten Institutionen zukommen lasse, hält er für "sehr wertvoll". Die Theater rüsteten schnell digital auf und entwickelten völlig neue Kommunikationsstrategien: "Wir schließen andere Arten von Verträgen, entwickeln andere Formate, die zum Teil online stattfinden. Und ich bin sicher, dass das nie wieder verschwindet."
Was künstlerische Produktionen betreffe, habe sich der Begriff der "Bühne" gewandelt. "Auch das Internet ist plötzlich die Bühne, und das, glaube ich, ist noch nie mit so einer Macht in die Institutionen eingedrungen wie im Moment."
Natürlich heiße das nicht, dass alles einfach sei: "Wir müssen weiter Opfer bringen", sagt der Intendant. Und die einzelnen Künstlerinnen und Künstler bräuchten am stärksten Unterstützung. Oberender sieht die Gefahr des kulturellen Kahlschlags. Die Krise werde nur mit großer Solidarität und politischem Willen zu lösen sein:
"Wir versuchen, für das Geld, was wir haben, Programm zu machen und Künstlerinnen und Künstler zu engagieren. Der Staat kommt, wie ich finde, relativ gut seiner Pflicht zur Unterstützung in dieser Krisenzeit nach, wir müssen da gemeinsam durchgehen."

Finanzhilfen ohne Wenn und Aber

Er glaube, dass die Kulturinstitutionen gesellschaftlich einen sehr hohen Stellenwert hätten, sagt Oberender. Das habe man auch daran gemerkt, dass es keine öffentliche Debatte um die finanziellen Hilfspakete für die Kultur gegeben habe, so Oberender:
"Niemand hat gesagt, die Kultur braucht das nicht. Also wir müssen da auch die Kirche im Dorf lassen." Die große Herausforderung der nächsten Monate werde nun sein, smarter und intelligenter zu reagieren, da es weitere Wellen geben werde. "Was bei uns allen bleibt, ist eine neue Nachdenklichkeit."
(kpa)
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