Maja Göpel ist Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU). Die Medienwirtin promovierte 2007 in politischer Ökonomie. 2019 wurde sie zur Honorarprofessorin an der Leuphana ernannt. Sie forscht vor allem zu den Themen Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Transformation. Göpel initiierte die Bewegung Scientists for Future mit. Zuletzt erschien von ihr das Buch "Unsere Welt neu denken: Eine Einladung" (Ullstein, 2020).
Wenn Sexismus Konsequenzen hat
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Der Publizist Roland Tichy ließ einen sexistischen Text über Sawsan Chebli (SPD) veröffentlichen. Nun gibt er auf Druck den Vorsitz der Erhard-Stiftung ab. Die Politökonomin Maja Göpel sieht den Fall als Teil einer gefährlichen Debattenkultur.
Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) zog sich aus der Ludwig-Erhard-Stiftung zurück, außerdem machten offenbar auch Bundesbankchef Jens Weidmann und andere Stiftungsmitglieder Druck: Roland Tichy tritt nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung im Oktober nicht mehr für den Vorsitz an. Der Publizist hatte in seinem Magazin "Tichys Einblick" den Beitrag eines Autors veröffentlicht, der die SPD-Politikerin Sawsan Chebli schwer sexistisch angriff.
Tichy bezeichnet sein Magazin selbst als liberal-konservativ. Die Politökonomin Maja Göpel beobachtet allerdings mit Unbehagen, wie der Begriff "liberal" neuerdings gebraucht werde, nämlich "fast als ein Deckwort für unflätig oder anstandsbefreit". Sie sehe mit Sorge, mit welcher Selbstverständlichkeit vor allem in den sozialen Medien Frauen "angemacht, niedergemacht und angegangen werden", bis hin zu Vergewaltigungsfantasien. Wenn sie sich die Debattenkultur anschaue, frage sie sich, was da "verrutscht" sei.
Scharfer Wind ist die Essenz von Demokratie
Sie sei jetzt deshalb "sehr froh ob der wirklich breiten Resonanz" im Falle Tichy. "Ich glaube, es ist sehr wichtig, jetzt da dran zu bleiben", so Göpel, "weil wir uns im Endeffekt dadurch in einer Demokratie natürlich torpedieren, wenn Menschen zunehmend Angst bekommen müssen, sich öffentlich zu positionieren."
Das Argument, wonach man als Person der Öffentlichkeit mit scharfen Attacken zurechtkommen müsse, weist Göpel in seiner Absolutheit zurück. "Ich finde den scharfen Wind total gut, das ist ja die Essenz von Demokratie. Aber bitte die Sache von der Person trennen." Auch mit Blick auf die Bedrohungen von Bürgermeistern oder Lokalpolitikerinnen sagt sie: "Wenn wir in einer Demokratie freie Meinungsäußerung erhalten wollen, dann müssen Menschen doch das Gefühl haben, selbst wenn sie abweichende, unangenehme Meinungen vertreten, dass sie nicht persönlich niedergemacht, beschimpft oder auch in ihrem Privatleben so rumgeschnüffelt und ins Öffentliche gezerrt werden, dass sie als Person diffamiert werden."
(bth)