Tiefensee wirbt für "Revolution in der Mobilität"
Deutschland soll nach dem Willen der Bundesregierung zum Marktführer für Elektromobilität werden. In zehn Jahren sollen nach den Worten von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen unterwegs sein.
Birgit Kolkmann: Im Auto unterwegs, ohne Lärm, ohne Abgase und dazu noch kostengünstig. Irgendwann Mitte des Jahrhunderts sollen in Deutschland nur noch Elektroautos und -räder rollen, so soll die mobile Zukunft aussehen. Der Weg dahin ist lang und die technologische Revolution stellt Autoindustrie und Regierungen auf eine harte Probe. Die Bundesregierung will heute die ersten Schritte machen und im Kabinett den nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität verabschieden. Das Ziel: bis 2020 eine Million Elektroautos. Zum Vergleich: in Deutschland sind die Bürger im Moment mit 50 Millionen Kraftfahrzeugen unterwegs. – In Deutschlandradio Kultur begrüße ich jetzt Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee von der SPD. Schönen guten Morgen!
Wolfgang Tiefensee: Ich grüße Sie, Frau Kolkmann.
Kolkmann: Herr Tiefensee, jetzt haben die Deutschen gerade abgewrackt, da kommen die Elektroauto-Pläne. Was bekommen wir vom Staat, wenn wir elektrisch fahren?
Tiefensee: Wir reden momentan darüber, in den nächsten zehn Jahren eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bekommen. Wie wir das genau fördern, das wollen wir in den nächsten zwei Jahren genauso überlegen, wie wir über die neuen Technologien, über die Standardisierung von Batterien, von Ladestationen nachdenken müssen. Das heißt, wir brauchen noch zwei Jahre, etwa zwei Jahre, um zu wissen, wie wir diese Fahrzeuge produzieren, welche Standards sie haben werden, und auch – und das war Ihre Frage -, wie wir ihren Kauf und ihre Verbreitung anreizen.
Kolkmann: Jetzt, vor der heutigen Entscheidung im Kabinett, konnten sich ja die zuständigen Ministerien mal nicht einigen, zumal ja auch gerade kein Geld mehr da ist. Die Abwrackprämie ist ja ausgezahlt worden und da sagt der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, mit dieser Abwrackprämie ist der Markt auch für Elektroautos gerade kaputt gemacht worden, denn gerade haben alle in alte Technik investiert. Fatal?
Tiefensee: Falsch! Das ist eine richtig falsche Aussage. Wir werden im Laufe der nächsten zehn Jahre Deutschland im Automobilmarkt Schritt für Schritt umstellen, wie gesagt mit dem Ziel, eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu haben. Dazu haben wir jetzt die Weichen gestellt mit einem sehr ehrgeizigen nationalen Entwicklungsplan. Wir haben darüber hinaus im Konjunkturpaket II auf Vorschlag von Frank-Walter Steinmeier 500 Millionen Euro in die Hand genommen; die werden in den nächsten zwei Jahren eingesetzt, um die Batterietechnologie voranzubringen. Bei mir im Ministerium haben wir Modellregionen, acht Modellregionen aus ganz Deutschland ausgemacht, in denen die Infrastruktur, die Anwendung von Elektromobilität geprüft wird – übrigens nicht nur bei den PKW, sondern auch bei den LKW, bei den Fahrzeugen der Abfallentsorgung und so weiter -, und dann wird Deutschland sich zum Leitmarkt für Elektromobilität entwickeln und wird dann Ausstrahlung auf ganz Europa, auf die ganze Welt haben. Das ist unser Ziel und das unterstützen wir.
Kolkmann: Was macht Sie da so sicher, dass Deutschland dann der Marktführer für moderne Antriebstechnologien wird, denn im Moment sind es ja die Japaner, die gleich die ersten drei Plätze bei den Elektro- oder Hybridautos belegen, während die Deutschen auf Platz 7, 8 und 10 hinterherkommen?
Tiefensee: Die deutsche Automobilindustrie muss Fahrt aufnehmen, muss Terrain gutmachen. Wir haben die Patente in Deutschland im Wesentlichen, wir haben eine unglaubliche Ingenieurkapazität einer Automobilindustrie, die stabil ist, die sehr gut aufgestellt ist. Nicht zuletzt hat die Bundesregierung eine Menge dafür getan. Wir haben eine gute Kooperation von Wissenschaft, von Forschung und Industrie und eben Politik. Das sollte die Voraussetzung dafür bieten, dass wir diese Revolution auf dem Automobilmarkt, diese Revolution in der Mobilität schaffen. Wir haben auch gar keine Alternative. Wir müssen weg vom Öl. Unsere Abhängigkeit vom Öl ist viel zu groß, das macht das Autofahren teuer, und mein Ziel ist es, dass jeder, egal ob er ein dickes, oder ein dünnes Portemonnaie hat, auch in Zukunft Autofahren kann. Und im Übrigen brauchen wir Elektromobilität auch für unsere neuen Energiekonzepte, denn die Batterien sind die Speicher von morgen und können uns wieder neue Türen aufstoßen für ganz neue Formen der Stromerzeugung und Stromspeicherung.
Kolkmann: Fragt sich, wo der ganze Strom herkommen soll für die vielen Elektroautos, die dann möglicherweise irgendwann auf unseren Straßen herumfahren. Aus Kohlekraftwerken?
Tiefensee: Auf alle Fälle nicht mit Technologien des 20. Jahrhunderts. Wer auf Atomkraft setzt, der setzt auf eine Technologie, die in die Sackgasse führt. Was wir brauchen sind auf alle Fälle erneuerbare Energien. Hier spielt Deutschland mit seinem Windkraftpotenzial eine große Rolle, aber auch die Photovoltaik wird zunehmend Bedeutung gewinnen. Wir wissen, dass wir uns hier komplett in den nächsten 20, 30 Jahren umstellen müssen. Schritt für Schritt werden erneuerbare Energien zum Zuge kommen und wer da die Entwicklung verschläft, auf alte Technologien wie zum Beispiel die Atomkraft setzt, der braucht sich nicht wundern, dass er in der Welt dann hinterherhinkt.
Kolkmann: Ist aber die Frage, ob der enorme Strombedarf, der dann anfällt, auch gedeckt werden kann durch erneuerbare Energien. Wenn man dann Strom aus Kohlekraftwerken nehmen muss, ist ja die Absicht, dass die Autos möglichst schadstoffarm fahren, dann doch nicht erreicht.
Tiefensee: Ich glaube, es ist eine falsche Vorstellung, dass wir im Laufe der nächsten 50 Jahre ständig mehr Energie verbrauchen und demzufolge auch mehr Stromproduktion brauchen. Es ist ein Dreiklang. Erstens: Energie einsparen, mit weniger Energie die gleiche Leistung erbringen. Zum zweiten: die Energie, die wir verbrauchen, effizienter zu nutzen, also mit höheren Wirkungsgraden. Und als drittes kommt dazu, dass wir auf erneuerbare Energien setzen müssen. Hier ist das Potenzial überhaupt noch nicht ausgelastet. Wir haben hier noch viele Möglichkeiten, die wir aber nur dann erschließen, wenn Wissenschaft und Wirtschaft und Politik an einem Strang ziehen und – ich wiederhole es noch einmal – nicht auf die alten Technologien setzen.
Kolkmann: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee von der SPD. Heute wird im Bundeskabinett der nationale Entwicklungsplan Elektromobilität verabschiedet. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Tiefensee: Ja, gerne. Frau Kolkmann, auf Wiederhören!
Kolkmann: Auf Wiederhören.
Wolfgang Tiefensee: Ich grüße Sie, Frau Kolkmann.
Kolkmann: Herr Tiefensee, jetzt haben die Deutschen gerade abgewrackt, da kommen die Elektroauto-Pläne. Was bekommen wir vom Staat, wenn wir elektrisch fahren?
Tiefensee: Wir reden momentan darüber, in den nächsten zehn Jahren eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu bekommen. Wie wir das genau fördern, das wollen wir in den nächsten zwei Jahren genauso überlegen, wie wir über die neuen Technologien, über die Standardisierung von Batterien, von Ladestationen nachdenken müssen. Das heißt, wir brauchen noch zwei Jahre, etwa zwei Jahre, um zu wissen, wie wir diese Fahrzeuge produzieren, welche Standards sie haben werden, und auch – und das war Ihre Frage -, wie wir ihren Kauf und ihre Verbreitung anreizen.
Kolkmann: Jetzt, vor der heutigen Entscheidung im Kabinett, konnten sich ja die zuständigen Ministerien mal nicht einigen, zumal ja auch gerade kein Geld mehr da ist. Die Abwrackprämie ist ja ausgezahlt worden und da sagt der Spitzenkandidat der Grünen, Jürgen Trittin, mit dieser Abwrackprämie ist der Markt auch für Elektroautos gerade kaputt gemacht worden, denn gerade haben alle in alte Technik investiert. Fatal?
Tiefensee: Falsch! Das ist eine richtig falsche Aussage. Wir werden im Laufe der nächsten zehn Jahre Deutschland im Automobilmarkt Schritt für Schritt umstellen, wie gesagt mit dem Ziel, eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen zu haben. Dazu haben wir jetzt die Weichen gestellt mit einem sehr ehrgeizigen nationalen Entwicklungsplan. Wir haben darüber hinaus im Konjunkturpaket II auf Vorschlag von Frank-Walter Steinmeier 500 Millionen Euro in die Hand genommen; die werden in den nächsten zwei Jahren eingesetzt, um die Batterietechnologie voranzubringen. Bei mir im Ministerium haben wir Modellregionen, acht Modellregionen aus ganz Deutschland ausgemacht, in denen die Infrastruktur, die Anwendung von Elektromobilität geprüft wird – übrigens nicht nur bei den PKW, sondern auch bei den LKW, bei den Fahrzeugen der Abfallentsorgung und so weiter -, und dann wird Deutschland sich zum Leitmarkt für Elektromobilität entwickeln und wird dann Ausstrahlung auf ganz Europa, auf die ganze Welt haben. Das ist unser Ziel und das unterstützen wir.
Kolkmann: Was macht Sie da so sicher, dass Deutschland dann der Marktführer für moderne Antriebstechnologien wird, denn im Moment sind es ja die Japaner, die gleich die ersten drei Plätze bei den Elektro- oder Hybridautos belegen, während die Deutschen auf Platz 7, 8 und 10 hinterherkommen?
Tiefensee: Die deutsche Automobilindustrie muss Fahrt aufnehmen, muss Terrain gutmachen. Wir haben die Patente in Deutschland im Wesentlichen, wir haben eine unglaubliche Ingenieurkapazität einer Automobilindustrie, die stabil ist, die sehr gut aufgestellt ist. Nicht zuletzt hat die Bundesregierung eine Menge dafür getan. Wir haben eine gute Kooperation von Wissenschaft, von Forschung und Industrie und eben Politik. Das sollte die Voraussetzung dafür bieten, dass wir diese Revolution auf dem Automobilmarkt, diese Revolution in der Mobilität schaffen. Wir haben auch gar keine Alternative. Wir müssen weg vom Öl. Unsere Abhängigkeit vom Öl ist viel zu groß, das macht das Autofahren teuer, und mein Ziel ist es, dass jeder, egal ob er ein dickes, oder ein dünnes Portemonnaie hat, auch in Zukunft Autofahren kann. Und im Übrigen brauchen wir Elektromobilität auch für unsere neuen Energiekonzepte, denn die Batterien sind die Speicher von morgen und können uns wieder neue Türen aufstoßen für ganz neue Formen der Stromerzeugung und Stromspeicherung.
Kolkmann: Fragt sich, wo der ganze Strom herkommen soll für die vielen Elektroautos, die dann möglicherweise irgendwann auf unseren Straßen herumfahren. Aus Kohlekraftwerken?
Tiefensee: Auf alle Fälle nicht mit Technologien des 20. Jahrhunderts. Wer auf Atomkraft setzt, der setzt auf eine Technologie, die in die Sackgasse führt. Was wir brauchen sind auf alle Fälle erneuerbare Energien. Hier spielt Deutschland mit seinem Windkraftpotenzial eine große Rolle, aber auch die Photovoltaik wird zunehmend Bedeutung gewinnen. Wir wissen, dass wir uns hier komplett in den nächsten 20, 30 Jahren umstellen müssen. Schritt für Schritt werden erneuerbare Energien zum Zuge kommen und wer da die Entwicklung verschläft, auf alte Technologien wie zum Beispiel die Atomkraft setzt, der braucht sich nicht wundern, dass er in der Welt dann hinterherhinkt.
Kolkmann: Ist aber die Frage, ob der enorme Strombedarf, der dann anfällt, auch gedeckt werden kann durch erneuerbare Energien. Wenn man dann Strom aus Kohlekraftwerken nehmen muss, ist ja die Absicht, dass die Autos möglichst schadstoffarm fahren, dann doch nicht erreicht.
Tiefensee: Ich glaube, es ist eine falsche Vorstellung, dass wir im Laufe der nächsten 50 Jahre ständig mehr Energie verbrauchen und demzufolge auch mehr Stromproduktion brauchen. Es ist ein Dreiklang. Erstens: Energie einsparen, mit weniger Energie die gleiche Leistung erbringen. Zum zweiten: die Energie, die wir verbrauchen, effizienter zu nutzen, also mit höheren Wirkungsgraden. Und als drittes kommt dazu, dass wir auf erneuerbare Energien setzen müssen. Hier ist das Potenzial überhaupt noch nicht ausgelastet. Wir haben hier noch viele Möglichkeiten, die wir aber nur dann erschließen, wenn Wissenschaft und Wirtschaft und Politik an einem Strang ziehen und – ich wiederhole es noch einmal – nicht auf die alten Technologien setzen.
Kolkmann: Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee von der SPD. Heute wird im Bundeskabinett der nationale Entwicklungsplan Elektromobilität verabschiedet. Ich bedanke mich für das Gespräch.
Tiefensee: Ja, gerne. Frau Kolkmann, auf Wiederhören!
Kolkmann: Auf Wiederhören.