"Die meisten Aggressionsfälle sind krankheitsbedingt"
Ein Hund beißt zwei Menschen tot. Helfen Rasselisten? Tierpsychologe Thomas Riepe hält das für Hunderassismus. Aber warum werden Hunde überhaupt aggressiv?
"Die meisten Aggressionsfälle sind krankheitsbedingt", sagt Hundepsychologe Thomas Riepe im Gespräch mit Deutschlandfunk Kultur. "Wenn Hunde in der Entwicklungsphase in zu kleinen Stadtwohnungen aufwachsen und nicht genügend Außenreize bekommen, kommt es zu einem Deprivationssyndrom. Das heißt, der Hund kann mit einem Überfluss an Reizen nicht mehr umgehen. Wenn dann noch Krankheiten wie Tumore im Kopf, im Maul oder im Bewegungsapparat hinzukommen, kann das das auslösenden Moment sein, dass der Hund völlig überreagiert."
Auch eine falsche Haltung wie eine Ausbildung über Strafe, Unterdrückung und Schmerz könne ein Grund für die Aggressionen sein.
Jüngst hatten zwei Fälle von Hundebissen mit Todesfolge für Aufsehen gesorgt.
Spezielle Rassen auf eine Verbotsliste zusetzen, sei aber nicht die Lösung, findet Riepe. Das sei "Hunderassismus". Generell hält er von dem Begriff "Kampfhund" wenig: "Es stimmt, dass spezielle Rassen im 19. Jahrhundert gezüchtet wurden, um Hundekämpfe auszuführen. Da wurde das Konkurrenzverhalten Hunden gegenüber verstärkt, gleichzeitig aber auch das kooperative Verhalten Menschen gegenüber. (…) Mitte des 19. Jahrhunderts wurden diese Rassen nach Amerika gebracht und dort als Familienhunde selektiert. Wenn diese Hunde aus einer seriösen Zucht kommen, sind sie von der Genetik her auch gar nicht für Menschen gefährlich."
(sel)
Thomas Riepe ist Hundepsychologe mit 15 Jahren Berufserfahrung und Mitglied des Berufsverbands der Hundepsychologen.