Tiervideos im Internet
Tiervideos bedeuten viele Klicks für die Betreiber von Social-Media-Plattformen. © imago / Westend61 / Retales Botijero
Verstecktes Leid vor der Kamera
08:19 Minuten
Hunde, Katzen, Otter – auch Tiere machen in den sozialen Medien Karriere. Die Videos der „Petfluencer“ sind oft vermeintlich lustig und werden millionenfach geklickt. Doch in vielen Fällen leiden die Tiere unbemerkt, weiß Tierärztin Michaela Fels.
Lustige Tiervideos gibt es im Internet wie Sand am Meer. Doch für die Tiere sind sie oft alles andere als lustig. Die Tierärztin Michaela Fels analysiert in einem Projekt Tiervideos auf Social-Media-Plattformen. Bereits auf Hunderte Filme sei sie mit ihrer Kollegin gestoßen. „Wahnsinnig viele“ diese Filme enthalten laut Fels „verstecktes Tierleid“.
Stress durch „Challenges“
Weit verbreitet sind beispielsweise Videos, in denen Haustiere Missgeschicke erleben oder mit ihnen sogenannte Challenges durchgeführt, also kleine Fallen gestellt oder Hinterhältigkeiten arrangiert werden, berichtet Fels. Eine solche Challenge: Es werden Gurken hinter Katzen gelegt. Sobald die Tiere die Gurke entdecken, erschrecken sie sich, springen in die Luft und verletzten sich gegebenenfalls, so Fels.
Anderen Tieren würden Käsescheiben ins Gesicht und auf die Augen geworfen. „Die Tiere fangen dann an zu torkeln, können sich nicht orientieren und versuchen, die Käsescheiben loszuwerden. Also alles Dinge, die durchaus Stress auslösen bei den Tieren und die wir als tierschutzrelevant einstufen“, sagt die Veterinärin.
Tiere geben deutliche Signale
Fels glaubt, vielen Internet-Nutzern sei nicht bewusst, was solche „Challenges“ bei den Tieren auslösen. Man benötige oftmals ein bisschen Hintergrundwissen, um beurteilen zu können, ob eine Stresssituation für die Tiere vorliege, sagt die Veterinärin. Laut Fels lässt sich dann jedoch „teils sehr deutlich“ erkennen, wenn einem Tier eine Situation unangenehm ist.
Zu den Warnhinweisen bei Hunden und Katzen gehören über die Schnauze lecken, den Kopf abwenden, die Ohren anlegen, sich abwenden oder erstarrten. Ein solches Verhalten zeige dann zum Beispiel, dass es „durchaus kein Spaß ist für ein Tier, in einem Kostüm zu stecken“, sagt Fels.
Was lässt sich gegen das „versteckte Tierleid“ unternehmen? Die Medizinerin appelliert an Nutzer von YouTube, TikTok und Co., vermeintlich lustige Tiervideos gar nicht erst aufzurufen und sie erst recht nicht zu teilen oder zu liken. Denn jeder Klick und jede Reaktion auf ein Video führe dazu, dass die Algorithmen der Plattformen es weiterverbreiteten.
Bei den Plattformbetreibern selbst etwas zu erreichen, ist nach Ansicht von Fels dagegen „ganz, ganz schwierig“, denn die Betreiber hätten natürlich auch ein gewisses Interesse daran, dass sich Videos schnell verbreiten und viel geklickt werden. „Und solche Tiervideos sind halt wahnsinnig beliebt.“
(tmk)