Tijuana

Die Zukunft beginnt jenseits des Zauns

Ein obdachloser Migrant vor der US-mexikanischen Grenze in Tijuana, Mexiko.
Ein obdachloser Migrant vor der US-mexikanischen Grenze in Tijuana, Mexiko. © dpa picture alliance / David Maung
Von Martin Polansky |
Norgen, 20, und Maicol, 17, sind zwei junge Honduraner, die in Tijuana auf ihre Chance warten, die Grenze zu überqueren. Schon der Weg bis nach Mexiko war steinig, in den USA wollen sie hart arbeiten und sich ein Leben aufbauen.
Maicol und Norgen sind sich bisher nie begegnet. Aber beide hat das Schicksal nun zusammengeführt, hier in Tijuana an der Grenze zwischen Mexiko und den USA. Maicol, 17, und Norgen, 20, kommen aus Honduras. Beide sind von dort abgehauen und haben sich alleine nach Tijuana durchgeschlagen in der Hoffung irgendwie über die US-Grenze zu kommen. Maicol trägt Shorts, Turnschuhe, T-Shirt – Typ junger Glücksritter, den nichts schrecken kann – auch wenn er noch nicht mal volljährig ist:
"Meine Mutter hat mir zum Abschied alles Gute gewünscht. Sie versteht, dass ich nicht in Honduras bleiben will. Es war meine Entscheidung, niemand hat mich weggeschickt, ich will auch von niemandem Geld. Es ist meine Herausforderung und die werde ich bestehen."
Kontrolle mit Hubschraubern und Jeeps
Es ist staubtrocken, der Wind bläst. Maicol und Norgen blicken auf das Grenzgelände aus Zäunen, Mauern und Überwachungskameras. Auch das Brachland dahinter kontrollieren die US-Grenzer mit Hubschraubern und Jeeps – immer bereit, illegale Migranten abzufangen. Im Hintergrund die Silhouette von San Diego in Kalifornien, etwas dunstig-verschwommen. Der amerikanische Traum, sagt Norgen:
"Ich habe dort einen Kumpel, der kann mir helfen. Wenn ich drüben ankomme, will ich zuerst mal eine Arbeit finden. Man muss sicher hart ranklotzen. Aber ich will mir dort ein Leben aufbauen und am besten auch für meine Familie, meine Eltern."
Norgen hat ein noch ein ziemliches Kindergesicht. Aber die Schulter-Tattoos und das Muskelshirt lassen ahnen, dass er schon eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat. Sechs Jahre Grundschule irgendwo in der Provinz in Honduras, danach schloss er sich einer Jugendgang an, bekam allerdings Schwierigkeiten mit seinen Jungs. Er hielt es für besser abzuhauen, sagt Norgen. Allerdings: Auch der Weg von Honduras an die US-Grenze war nicht ohne, erzählt er:
"Ich bin auf dem Güterzug, der Bestie, Richtung Norden gefahren. Die Strecke wird von der Drogengang Zetas kontrolliert. Die wollen von jedem, der auf der Bestie sitzt, 400 Dollar haben. Wer nicht zahlt, wird vom Zug gestoßen oder einfach umgebracht. Ich hatte das Geld und mir ist deshalb nichts passiert, Gott sei Dank.“
Warten auf den entscheidenden Moment
Die beiden Jungs aus Honduras warten nun auf ihre Gelegenheit. Den entscheidenden Moment, um den Sprung über die US-Grenze zu wagen. Wenn sie geschnappt werden, droht ihnen die Abschiebung. Das wissen sie. Aber was macht das schon. Man kann es ja immer wieder versuchen. Papiere bekommen sie sowieso nicht. Aber in den USA kann man richtig Geld verdienen, sind Norgen und Maicol überzeugt.
Die Zukunft beginnt jenseits des Zauns, sagt Maicol:
"Ich will arbeiten wie ein Tier. Aber dann auch irgendwann wieder zurückgehen, wenn ich Geld habe. Ich kann mir nicht vorstellen, ewig in den USA zu bleiben. Aber wer weiß das schon im Voraus. Mal sehen was kommt.“

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