Die Untersuchung „Generation Z“ – das ist die Generation der um die Jahrtausendwende geborenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen der heute 16-25-Jährigen – wurde vom Arolsen Archiv in Auftrag gegeben, dem weltweit größten Archiv der Welt zu den Opfern des Nationalsozialismus mit Sitz im nordhessischen Bad Arolsen.
Erinnerungsarbeit auf TikTok
Die Gedenkstätte Neuengamme ist seit November bereits auf TikTok aktiv und lässt Freiwillige auf aller Welt dort Videos posten. © Screenshot TikTok / Deutschlandradio
Neue Dialog-Formate mit Holocaust-Überlebenden
09:02 Minuten
Um bei der Erinnerungsarbeit auch junge Leute zu erreichen, setzen immer mehr Gedenkstätten und Zeitzeugen auch auf die Videoplattform TikTok. Eine Initiative hilft dabei, mit dem passenden Handwerkszeug den richtigen Ton zu treffen.
Junge Leute interessieren sich laut einer Studie wieder stärker für die Zeit des Nationalsozialismus als ihre Eltern. Aber wie erreicht man junge Menschen im digitalen Zeitalter, vor allem, wenn Zeitzeugen nicht mehr von ihren eigenen Erfahrungen berichten können?
Neue Möglichkeiten bei TikTok
Helfen können Plattformen wie TikTok, auf denen viele junge Menschen unterwegs sind. Während der Pandemie sei deutlich geworden, dass TikTok nicht nur eine spielerische Videoplattform sei, sagt der Filmhistoriker Tobias Ebbrecht-Hartmann von der Hebräischen Universität in Jerusalem.
Es gehe dort nicht nur um Unterhaltung, Tanzen und Karaoke, sondern auch um politische Inhalte. Gerade kurze Bildungs- und Erklärvideos seien längst angepasst worden, seit es im Sommer 2020 eine kritische Debatte um deren Gestaltung gegeben habe.
Projekt bietet Handwerkszeug
Ebbrecht-Hartmann ist einer der Initiatoren des Projekts: "TikTok Shoah Commemoration & Education Initiative" und will mit diesem Projekt Gedenkstätten und Zeitzeugen das Handwerkszeug vermitteln, um junge Leute beispielsweise digital besser zu erreichen.
Dabei gehe es darum, beispielsweise die spezifische TikTok Anmutung in die Erinnerungsarbeit einzubinden. So biete sich die Möglichkeit historische Orte oder Fotografien in die Videos interaktiv einzubinden.
Neue Formen für junge Leute
"Wir brauchen die direkte Ansprache", sagt Ebbrecht-Hartmann. Das zeige sich beispielsweise bei den Videos der Gedenkstätte Neuengamme, die bereits seit November auf TikTok aktiv ist. Dort seien junge Freiwillige aus verschiedenen Ländern an der Produktion der Videos beteiligt.
Außerdem laufe viel über Details, so Ebbrecht-Hartmann. "Kleine Objekte, kleine Aspekte in der Ausstellung oder bestimmte Orte auf dem Gelände, die in ganz kurzer Form Aufmerksamkeit bekommen und in einen Kontext gestellt werden." Auf diese Weise werde Neugier erzeugt, um dann selber weiter zu forschen oder weiter zu klicken, um noch mehr Videos anzusehen, sagt der Filmhistoriker.
Kampf gegen Trivialisierung
Natürlich gebe es auf TikTok wie auf allen Plattformen im Internet auch die Trivialisierung, die in der Vergangenheit beispielsweise von der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem kritisiert wurde, so Ebbrecht-Hartmann. Es gebe die Verharmlosung, Leugnung des Holocaust, Antisemitismus und Rassismus. "Das ist auch ein Problem."
Aber es gebe inzwischen viele Initiativen, die so wie seine versuchten, einen anderen Ton anzuschlagen und eine andere Atmosphäre zu schaffen. Der Filmhistoriker wies vor allem auf die Holocaust-Überlebenden hin, die zusammen mit ihren Enkeln und Urenkeln auf TikTok aktiv seien. Sie hätten eine ganz neue Form des Überlebendengesprächs auf dieser Plattform entwickelt, wo Fragen und Antworten möglich seien.
(gem)
(gem)