Soziale Medien in Russland

Sperrungen und staatliche Propaganda

08:25 Minuten
TikTok informiert seine User in Russland über eingeschränkte Dienste.
TikTok informiert seine User in Russland, dass der Dienst nur noch eingeschränkt funktioniert. Grund sind neue Mediengesetze. © picture alliance / dpa / Stringer
Simon Hurtz im Gespräch mit Vladimir Balzer · 09.03.2022
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Russland hat Facebook und Twitter gesperrt, doch das falle nicht besonders ins Gewicht, sagt Social Media-Experte Simon Hurtz. Instagram, Whatsapp und YouTube seien dort viel wichtiger. Besonders YouTube werde derzeit von staatlichen Sendern massiv bespielt.
Parallel zum Krieg am Boden in der Ukraine führt Russland einen Krieg der Informationen, auch in den sozialen Netzwerken. Facebook und Twitter wurden inzwischen im Land blockiert. Und auch TikTok lässt sich dort nur noch sehr eingeschränkt nutzen.
Facebook und Twitter seien allerdings in Russland nie sehr wichtig gewesen, sagt Simon Hurtz vom Social Media Watchblog. "Das Verbot wird gemeinhin eher als symbolischer Akt interpretiert, der sich gegen den Westen richtet. Die größten und wichtigsten Plattformen in Russland sind YouTube, Instagram, und WhatsApp."

Mediengesetze schränken Plattformen ein

Oppositionelle und Aktivisten in Russland berichteten, dass die staatlichen Sendern Youtube massiv bespielten, sagt Hurtz. Und während TikTok in der Ukraine zu einem Sprachrohr für die Menschen geworden sei, gebe es in Russland massive Einschränkungen wegen der neuen Mediengesetze.
"Dortige User können mittlerweile weder Videos hochladen noch Livestreams starten und auch keine Inhalte aus anderen Ländern anschauen. Damit ist TikTok in Russland quasi unbenutzbar und bedeutungslos geworden."
Auch gebe es russische Staatspropaganda auf TikTok:

Da gibt es diverse Accounts, die nicht eindeutig staatlich assoziiert sind, sondern sich als vermeintlich unabhängige Influencer oder einfach private Accounts ausgeben. Da werden prorussische Informationen verbreitet, die oft an der Grenze zur Desinformation sind.

Raffinierte Propaganda

Grundsätzlich sei die russische Propaganda durchaus raffiniert, meint Hurtz, wenn auch nicht sehr aufwendig: "Deepfakes haben sich zum Beispiel nicht durchgesetzt, weil man erkannt hat, dass es gar nicht nötig ist. Oft reicht es, Bilder und Videos aus dem Kontext zu reißen, altes Material zu nehmen und neue Sounds darüberzulegen, Dinge einfach zu behaupten. Wenn man genug Menschen erreicht, die anfällig dafür sind, muss man sich gar nicht so viel Mühe geben."
Insgesamt werde es in Russland immer schwieriger, sich unabhängige Informationen zu beschaffen, so Hurtz: Die freie Meinungsäußerung sei kaum noch möglich.
(rja)
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