Die Ausstellung "Fragile" ist bis zum 18. Februar in Kinshasa zu sehen.
"Mir geht es darum, der eigenen Zerbrechlichkeit ins Auge zu schauen"
Foto- und Videokunst von Wolfgang Tillmans war zuletzt in der Tate Modern in London und in Basel zu sehen. Jetzt zeigt der Künstler seine Wanderausstellung "Fragile" in Kinshasa. Zerbrechlichkeit habe in seinem Leben immer eine Bedeutung gehabt.
Wolfgang Tillmans Wanderausstellung "Fragile", die am Freitag in Kinshasa eröffnet, ist seine erste Ausstellung überhaupt auf dem afrikanischen Kontinent. Sie ist in Kooperation mit dem Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) und dem Goethe-Institut entstanden und wird später auch in anderen afrikanischen Städten zu sehen sein, wie Johannesburg und Nairobi.
Obwohl er darüber nachgedacht habe, was er dem Publikum zeige, das wohl weniger vertraut sei mit seinen Arbeiten als das Publikum in Berlin oder London, habe er sich dafür entschieden, keine besondere Auswahl vorzunehmen, sagte Wolfgang Tillmans im Deutschlandfunk Kultur, sondern er zeige genau das, was er auch in Europa zum jetzigen Zeitpunkt präsentieren würde.
"Somit ist es jetzt wirklich eine Ausstellung, die Werke beinhaltet, die vor einem Jahr noch in der Tate Modern in London oder im Sommer noch in der Foundation Beyeler in Basel gehangen haben – von genau derselben Qualität."
Inhaltlich behandle er darin Themen, die auch sonst in seinen Arbeiten eine Rolle spielen würden. "Einerseits dem Auge trauen, andrerseits das Auge hinterfragen", wie Wolfgang Tillmans es nennt.
"Es gibt Detailaufnahmen von Stofffaltungen, von Essensüberresten, bis hin zu Bildern aus dem Weltall, von Bildern aus Adis Abeba oder Indien, bis zum Nachtleben aus London. Eine Vielfalt, wo ich dachte, ich will nichts speziell zensieren oder hervorheben für ein afrikanisches Publikum."
"Es ist keine Feier der Zerbrechlichkeit"
Der Ausstellungstitel "Fragile" sei daher auch nicht als ein Lob der Unvollkommenheit, gegen eine zunehmende Perfektionslust unserer westlichen Gesellschaft zu verstehen. Vielmehr beziehe sich "Fragile" auf das französische Wort "zerbrechlich".
"Das Wort hat in meinem Leben immer eine Bedeutung gehabt. Es geht mir darum, der eigenen Zerbrechlichkeit ins Auge zu schauen, das zu akzeptieren und das nicht als Schwäche zu sehen, sondern letzten Endes kann daraus nur Stärke erwachsen, dass man seine eigene Zerbrechlichkeit anerkennt und versucht, zu verstehen. Es ist keine Feier der Zerbrechlichkeit, aber auf der anderen Seite ist es eben eine Tatsache."
So erklärt sich Wolfgang Tillmans auch seine Zuneigung für Fotografie als Medium, wie er sagte. Diese dünnen, fragilen Blätter, die dann diese enorme Schönheit und Bedeutsamkeit entfachen:
"Zerbrechlichkeit und Schönheit hat für mich etwas miteinander zu tun. Auch wenn Menschen sich zu sicher ihrer Sache sind, oder sich zu stark vorkommen, finde ich das unattraktiv oder uninteressant. Aber Menschen, die in Berührung, in Kontakt mit ihrer eigenen Zerbrechlichkeit und Schwäche sind, die finde ich viel attraktiver und interessanter."
Und diese Botschaft sei in seinen Bildern auch immer irgendwie enthalten, so Tillmans.
In ihrer Gesamtheit betrachtet Wolfgang Tillmans die Wanderausstellung als "eine Komposition". Er denke dabei immer auch in Tönen und Klängen, an ein zeitliches Erlebnis, durch das man hindurchgehe. Seit mehreren Tagen richte er bereits die Ausstellungsräume in Kinshasa ein, und um diese Räume überhaupt "zum Klingen zu bringen", müsste er sich auch dafür interessieren, was er dort zeige.
In ihrer Gesamtheit betrachtet Wolfgang Tillmans die Wanderausstellung als "eine Komposition". Er denke dabei immer auch in Tönen und Klängen, an ein zeitliches Erlebnis, durch das man hindurchgehe. Seit mehreren Tagen richte er bereits die Ausstellungsräume in Kinshasa ein, und um diese Räume überhaupt "zum Klingen zu bringen", müsste er sich auch dafür interessieren, was er dort zeige.
"Wenn ich seit 20 Jahren nur eine chronologische Abfolge meiner Werke zeigen würden, dann würde mich das langweilen. Wichtig ist, dass es mich interessiert. Und wenn es mich interessiert, dann sind da genügend Pfeile drin, die hoffentlich auch für das allgemeine Publikum sprechen. Ich habe mir natürlich schon genau Gedanken gemacht, wie das gelesen werden könnte. Aber man weiß als Künstler nie, wie die Sachen gelesen werden. Und meine Erfahrung ist, dass oft der Versuch, es vorherzusehen, scheitert und die Sache irgendwie begrenzt."
Angespannte Situation im Kongo
Die Ausstellung findet aktuell in einem politisch angespannten Klima im Kongo statt. Wolfgang Tillmans selbst habe bisher aber wenig von der zugespitzten Lage mitbekommen, wie er sagte. Ihm wurde aber berichtet, dass viele Menschen zurzeit lieber Zuhause bleiben würden, weil keiner wisse, ob es etwas passieren würde und es zu Unruhen kommen könnte.
"Aber es gibt keine alarmierte Stimmung", betonte Tillmans im Interivew.
Auf all seinen Reisen im Ausland habe er auch immer wieder die Erfahrung gemacht, dass die Situation am Ende viel einfacher und besser sei, als gedacht. Und auch in Kinshasa sei es weniger schlimm, als der Ruf der Stadt vermuten lasse.
"Es ist hochchaotisch, aber ich habe nicht das Gefühl, in einer besonderen Bedrohung zu sein."
(jde)