Die ganze Sendung mit Tilman Spengler hören Sie hier:
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"Wir kommen in Teufels Küche"
Hetze und Fake News sollen von den sozialen Medien sofort gelöscht werden. Doch der Schritt zur Zensur sei klein, meint der Autor Tilman Spengler. Niemals dürfe irgendwelchen Leuten oder Algorithmen bei Facebook und Co. erlaubt werden, über Ernst oder Satire zu entscheiden.
Netzwerkdurchsetzungsgesetz – ein typisch deutsches Wortungetüm und besser bekannt unter dem Begriff "Facebook-Gesetz" – richtet sich seit Anfang des Jahres gegen Hetze und Fake News in sozialen Netzwerken. Aber stellt es nicht zugleich einen Angriff auf die Meinungsfreiheit dar – indem es auch die für Meinungsvielfalt wichtige Satire erfasst? Und: Wer soll die Bewertung vornehmen – Menschen oder Algorithmen?
Wer darf entscheiden, was Satire ist?
Unser Studiogast, der Journalist und Schriftsteller Tilman Spengler, hat eine klare Meinung dazu: im Zweifelsfall für die Liberalität im Netz. An das Gesetz müsse deshalb dringend noch einmal Hand angelegt werden, denn:
"Wir begeben uns hier in des Teufels Küche. Wir können nicht den Leuten, die da in dieser Welt der sozialen Medien an den Schaltern sitzen, das Urteil darüber überlassen, was denn nun erlaubte Satire ist, was an die Grenzen geht und was die Grenzen überschreitet."
Tatsächlich wurde kürzlich – in Anspielung auf einen inzwischen von Twitter gelöschten muslimfeindlichen Tweet der AfD-Politikerin Beatrix von Storch – ein satirischer Beitrag des Magazins "Titanic" gelöscht, weil bestimmte Wörter wie "Barbaren" und "Horden" darin vorkamen, die auch von Storch verwendet hatte. Dort war offenbar ein Algorithmus am Werk, der Ernst und Satire nicht unterscheiden kann.
Die Vernunft sagt: Wir müssen das ertragen
Spengler meint, es müssten andere Verfahren und Legitimationen entwickelt werden. In jedem Fall aber solle die bisherige, vergleichsweise liberale Rechtslage in Deutschland beibehalten werden – auch wenn ihn angesichts von Pornografie und Fake News im Netz "das Würgen so häufig am Tag" überfalle, dass er sich doch ab und zu wünsche, "dass irgendwo ein Stöpsel eingebaut würde. Doch die Vernunft sagt einem leider, das muss man ertragen".
Was die Gesetzeslage anbelange, gebe es bereits etliche Möglichkeiten, Medien juristisch zu verfolgen – etwas wegen übler Nachrede.