Hergé-Erben argumentieren "fadenscheinig"
07:37 Minuten
Die Erben des Comiczeichners Hergé sind klagefreudig. Nun gehen sie gegen einen Künstler vor, der in Collagen Tim aus "Tim und Struppi" in Gemälde von Edward Hopper setzt. Comicexperte Alexander Braun meint, dabei gehe es allein ums Geld.
Es ist nicht die erste künstlerische Aneignung von Edward Hoppers wohl berühmtesten Gemälde "Nighthawks": Der französische Künstler Xavier Marabout hat die Figur Tim aus "Tim und Struppi" an dessen Bar gesetzt. Und er taucht in weiteren Marabout-Collagen auf der Grundlage von Werken Hoppers auf, meist in erotisch aufgeladenen Begegnungen mit Frauen.
Die Erben des belgischen Comiczeichners Hergé gehen nun allerdings juristisch gegen ihn vor. Ihre Begründung: Hergé habe in seinen "Tim und Struppi"-Comics Frauen bewusst keine größere Rolle eingeräumt.
Schadensersatzforderungen in astronomischen Höhen
Dieses Argument hält der Comickurator und Hergé-Experte Alexander Braun allerdings für "fadenscheinig". "Die Erben, also die Witwe und ihr neuer Ehemann, verfolgen seit vielen Jahrzehnten alle Künstler und Kreativen, die sich trauen, 'Tim und Struppi' anzufassen. Sie bekommen dann meist sehr schnell von Brüsseler Anwälten Unterlassungserklärungen und Schadensersatzforderungen in astronomischen Höhen: 30.000, 50.000, 100.000 Euro werden da angedroht." Doch gehe es dabei nie um inhaltliche Fragen, sondern immer um nur ums Geld.
"Wenn man weiß, dass die Merchandisingeinnahmen im Jahr im zweistelligen Millionenbereich sind, dann kostet sie diese Aktion, verbrannte Erde zu schaffen und alle Leute in Angst und Schrecken zu versetzen, nichts." Die Betroffenen seien meist nicht so finanzkräftig, dass sie sich jahrelange Rechtstreits zumuten wollten.
Hergé-Fangemeinschaft wehrte sich
"Tim ist wie die Mickey Mouse - oder wie Marilyn Monroe - eine Person des öffentlichen Bewusstseins geworden und es steht damit natürlich auch anderen Künstlern frei, diese Figur zu verwenden", sagt Braun. Insofern sei eine inhaltliche Begründung durch die Erben notwendig, warum der Künstler in eklatanter Weise gegen das verstoße, was Hergé mit seinem Werk wollte.
"Der erotische Faktor ist sehr verhalten", merkt Braun allerdings an. Dennoch seien die Erben mit ihren Klagen nur ein einziges Mal nicht erfolgreich gewesen. Damals habe sich eine Fangemeinde, die sich in Magazinen mit Hergés Werk auseinandersetzt, erfolgreich gewehrt. "Tolle Fankultur, wo eigentlich jeder Urheber dankbar sein müsste, dass die Marke noch so lebendig ist."
(cwu)