Wahrnehmungsfallen
Timo Kahlens Konzeption haptischer Klänge
Von Julian Kämper
Produktion: Dlf Kultur 2021
Flauschige Objekte auf glatten Screens
55:56 Minuten
Ob flauschige Klangobjekte mit Federn und Kunstpelzen oder bedrohlich vibrierende Stahlquader: das Publikum verspürt den Drang, sie zu berühren – und muss dieser Verlockung hier gar nicht widerstehen.
Für die Rezeption von Kunst existieren gelernte Grundannahmen und Codes: Musik und Klang werden primär über das Ohr wahrgenommen; im Museum ist Abstand zu den ausgestellten Exponaten geboten, damit Museumswächter oder Hochsicherheitsanlagen nicht Alarm schlagen.
Bitte berühren!
Doch für die Arbeiten des Berliner Sound- und Medienkünstlers Timo Kahlen, Jahrgang 1966, treffen sie nur begrenzt zu. Denn einige seiner Klangskulpturen sind darauf ausgelegt, multisensorisch erlebt zu werden – man soll sie hören, sehen, tasten.
Es sind handliche oder übergroße Objekte mit flauschigen oder widerspenstigen Oberflächen, die vibrieren oder brummen und offenbar ein Eigenleben führen, sie sollen vom Publikum angefasst, gestreichelt, erfühlt, mit Händen oder dem ganzen Körper gespürt werden.
Dass der Künstler so sehr auf haptische Erfahrung setzt, scheint paradox im Hinblick auf die Materialien, aus denen viele seiner Klangarbeiten bestehen: seit den 1990er Jahren interessiert sich Timo Kahlen für Unsichtbares, Immaterielles, Ephemeres, arbeitet mit Wind, Licht, Schall- und Radiowellen und hat Strategien entwickelt, um diese zu formen und wahrnehmbar zu machen.
Es sind handliche oder übergroße Objekte mit flauschigen oder widerspenstigen Oberflächen, die vibrieren oder brummen und offenbar ein Eigenleben führen, sie sollen vom Publikum angefasst, gestreichelt, erfühlt, mit Händen oder dem ganzen Körper gespürt werden.
Dass der Künstler so sehr auf haptische Erfahrung setzt, scheint paradox im Hinblick auf die Materialien, aus denen viele seiner Klangarbeiten bestehen: seit den 1990er Jahren interessiert sich Timo Kahlen für Unsichtbares, Immaterielles, Ephemeres, arbeitet mit Wind, Licht, Schall- und Radiowellen und hat Strategien entwickelt, um diese zu formen und wahrnehmbar zu machen.
Flauschige Objekte auf glatten Screens
Die Idee haptisch erfahrbarer Soundskulpturen hat Timo Kahlen auch ins Digitale übertragen. Nach der Verbreitung des Flashplayers in den 2000er Jahren entwickelte er erste interaktive Netzkunstarbeiten. Durch diese Computersoftware war es den Rezipierenden vor dem heimischen Bildschirm möglich, die Computermaus als Verlängerung der Finger zu begreifen: sie bewegten den Cursor über visuelle Grafiken und lösten, wenn sie dabei bestimmte Schaltflächen berührten, Klangereignisse aus, die sich zunehmend zu einem komplexen Soundkonstrukt verdichteten.
Klang entstand hier im Moment und in Abhängigkeit der (virtuellen) Berührung. Weil der Flashplayer seit dem Neujahrstag 2021, also inmitten des Kultur-Lockdowns, nicht mehr unterstützt wird, verschwanden Kahlens Netzarbeiten vorerst im Nichts. Dennoch lösen seine Arbeiten ein großes Versprechen vom allseits ersehnten Live-Erlebnis ein: wahrhaftige Berührung.
Klang entstand hier im Moment und in Abhängigkeit der (virtuellen) Berührung. Weil der Flashplayer seit dem Neujahrstag 2021, also inmitten des Kultur-Lockdowns, nicht mehr unterstützt wird, verschwanden Kahlens Netzarbeiten vorerst im Nichts. Dennoch lösen seine Arbeiten ein großes Versprechen vom allseits ersehnten Live-Erlebnis ein: wahrhaftige Berührung.