Buchungsplattform Gigmit
Ein Match mit einem Veranstalter: Darauf hoffen Künstlerinnen und Künstler, wenn sie sich auf der digitalen Buchungsplattform Gigmit anmelden. © Getty Images / iStockphoto / Unitone
Mit einem Swipe zum Live-Auftritt
06:02 Minuten
Seit zehn Jahren gibt es die Buchungsplattform Gigmit, die Musiker und Veranstalter zusammenbringt. Für manche Bands hat das schon zum Erfolg geführt, aber es gibt auch skeptische Einschätzungen: Kann eine App den persönlichen Kontakt ersetzen?
"It’s a Match!" Dieser Sound sorgt auf der Partnervermittlungsplattform Tinder für Bauchkribbeln. Ein Match mit einem Veranstalter, darauf hoffen Künstlerinnen und Künstler, wenn sie sich auf der digitalen Buchungsplattform Gigmit anmelden. Aber kann das wirklich so einfach gehen?
Ich probiere es aus. Einfach Facebook, YouTube und Spotify-Page bei Gigmit einspeisen und schon hat man ein kostenloses Profil.
Damit kommt man aber nicht weit. Dauernd ploppen nervige Popup-Fenster auf. Um gezielt nach Clubs und Festivals zu suchen und mich für Gigs bewerben zu können, brauche ich die ProVersion. 20 Euro im Monat. Das ist für Neulinge, an die sich Gigmit gezielt richtet, schon eine kleine Hürde. Aber es kann sich auch auszahlen, wie bei der Berliner Techno-Liveband "Komfortrauschen".
Die Band Komfortrauschen hat profitiert
Tim, Laurenz und Philipp von Komfortrauschen sind 2018 dank Gigmit in den Nachwuchs-Talentpool INES aufgenommen worden. Das ist ein Netzwerk aus 20 Showcase-Festivals in Europa, die über Gigmit neue Künstlerinnen und Künstler finden und auf ihre Bühnen holen.
Showcase-Festival heißt: Hier spielen Neulinge kurze Shows vor wichtigen Branchenvertretern. So wie auf dem Reeperbahnfestival. Dort haben Komfortrauschen auf der Gigmit-Stage gespielt.
Neben hippen Showcase-Festivals bedient Gigmit auch den Amateur- und Dienstleistungsbereich, sprich: Hochzeits-DJs oder Top-40-Coverbands. DJ-Gigs in Clubs, wie dem Berliner Berghain oder Sysiphos, wird man über Gigmit eher nicht finden, sagen die Musiker von Komfortrauschen. Solche Clubs werden über informelle Strukturen gebucht.
Das bestätigt auch Bookerin Rike van Kleef: "Ich habe Gigmit selber noch nicht verwendet, weder als Veranstalterin noch als Bookerin in einer Agentur." Das heiße aber nicht, dass Gigmit per se kein funktionierendes Medium sei. "Ich stehe dem aber ein bisschen kritisch gegenüber, weil ich glaube, dass eine solche Plattform den persönlichen Austausch nicht ersetzen kann."
Gigmit soll Barrieren abbauen
Der persönliche Austausch, das Netzwerken, kann aber auch Schattenseiten haben, weil es meistens am Abend an der Bar passiert. Dort stehen oft vor allem Männer zusammen. Das spiegelt sich dann entsprechend in den Bühnen-Lineups wider, die auch 2022 von einer gleichberechtigten Beteiligung von Frauen noch Lichtjahre entfernt scheinen.
Gigmit möchte dem entgegenwirken, sagt Marcus Fitzgerald, Gründer und Geschäftsführer der digitalen Booking-Börse: "Wir sehen Gigmit als eine Plattform, die für alle da ist, die keine Barrieren kennt." Fitzgerald will nach eigenen Worten eine barrierefreie Livemusiklandschaft unterstützen und entwickeln.
Die Angst vor dem Unbekannten
Eine barrierefreie Livemusiklandschaft – das klingt zu schön um wahr zu sein. Kann das wirklich durch eine App erreicht werden? Bookerin van Kleef ist da skeptisch. Sie versteht sich als Vermittlerin und Fürsprecherin ihrer Künstlerinnen und Künstler – gerade auch, weil sie vor allem mit weiblichen und nicht-binären Partnern zusammenarbeitet.
Außerdem scheinen die Booking-Apps noch ein Image-Problem zu haben. Wie bei jeder technischen Neuerung steckt dahinter häufig auch die Angst vor dem Unbekannten.
Fitzgerald glaubt nicht, dass Booker etwas befürchten müssen: "Dass digitale Tools genutzt werden, um Business zu machen, ist eine generelle Entwicklung", sagt er. "Wir sind mitnichten daran interessiert, irgendeinem den Job streitig zu machen."
Die Zukunft ist hybride
Schließlich gibt es Gigmit schon seit mehr als zehn Jahren – und Bookerinnen wie van Kleef gibt es immer noch. Denn ihre Aufgabe ist nicht nur, Konzerte zu vermitteln. Sie helfen auch dabei, Karrieren aufzubauen, zu verhandeln und künstlerische Visionen zu verwirklichen.
Die Zukunft wird wahrscheinlich hybride sein, sagt van Kleef. Für ihre Branche kann Gigmit ein hilfreiches Tool sein, um Künstlerinnen und Künstler zu entdecken oder damit diese einen Gig finden.
Aber wie auf Tinder gilt auch hier: Ein Match allein bringt noch nicht die große Liebe. Um sich wirklich zu verlieben, muss man natürlich immer noch auf ein echtes Date gehen.