Rückenleiden

Was Profis empfehlen

05:51 Minuten
Frau mit Rückenschmerzen
Rund 90 Prozent der Menschen in Deutschland haben mindestens einmal in ihrem Leben Probleme mit ihrem Rücken. © Getty Images / BSIP
Von Elmar Krämer |
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Gelenkarthrose, Osteoporose, Bewegungsmangel: Rückenleiden kann viele Ursachen haben. Was hilft, Schmerzen am Rücken zu lindern oder zu vermeiden? Vor dem Tag der Rückengesundheit geben Sportwissenschaftler Tipps.
Ein paar Zahlen vorweg: 90 Prozent der Bundesbürger haben mindestens einmal in ihrem Leben Probleme mit dem Rücken - Sie sind also nicht allein.
Laut den Statistiken der Krankenkassen sind um die 14 Prozent der Krankentage auf Probleme des Muskel-Skelett-Systems und nicht zuletzt des Rückens zurückzuführen. Kein Wunder, ist doch unser Körper grundsätzlich für die Bewegung konzipiert, unser Alltag aber zunehmend bewegungsfeindlich.

Weniger Bewegung durch das Homeoffice

Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln:        
"Natürlich ist es so, dass die langen Sitzreihen dem Rücken am meisten schaden."
Durch das Homeoffice wird in vielen Fällen die Alltagsbewegung zusätzlich reduziert: Wer früher mit dem Rad zur Arbeit fuhr oder wenigstens zu Fuß zur Bahn ging, setzt sich heute oft direkt vor den Bildschirm. Ohne Ausgleich können Faszien verkleben und Muskeln, Sehnen und Bänder verkürzen.                      

Wir haben 150 Muskeln, die direkt auf den Rücken wirken und darüber hinaus ganz viele Wahrnehmungssysteme. Die Inaktivität ist das größte Problem für einen gesunden Rücken.

Sportwissenschaftler Ingo Froböse

Wie wäre es also damit, einen Teil der Zeit, die man zum Beispiel durch wegfallende Arbeitswege spart, in Sport und Bewegung zu investieren - und diese auch in den Alltag zu integrieren?

Tipps für den Arbeitsalltag

34 Prozent der Befragten der TK-Bewegungsstudie 2022 geben allerdings an: Die Zeit zur Bewegung während der Arbeit würde ihnen fehlen – vorgeschobene Argumente findet Ingo Froböse, denn ein niederschwelliger Einstieg geht immer.

„Also aufstehen, vieles im Stehen absolvieren, einfach wechselnde Positionen im Stehen telefonieren oder im Gehen telefonieren. Auch das ist möglich. Bewegungspunkte dort sammeln, wo ich quasi lebe.“ 
Sportwissenschaftler Ingo Froböse
Sportwissenschaftler Ingo Froböse sieht Möglichkeiten, sich auch während der Arbeit mehr zu bewegen.© dpa / picture alliance / Christoph Hardt
Daniel Gärtner, Ex-Kickbox-Weltmeister, Sportwissenschaftler und Dozent an der TU München ergänzt:                                                
„Man sollte mindestens jede Stunde einmal aufstehen, fünf Minuten ganz kurze Beweglichkeitsgymnastik machen - und das bringt schon sehr, sehr viel.“   

Wie einfache Übungen helfen können

Ein Viertel der Befragten der Bewegungsstudie sagt, sie wüssten gar nicht, wie sie sich im Büroalltag mehr bewegen könnten, doch einfache Übungen können helfen: 

„Ich nehme meine Arme nach weit hinten oben außen, strecke meinen Brustkorb, mache das Ganze in einer dynamischen Bewegung, indem ich ein bisschen nachfedere vier-, fünfmal. Und dann drehe ich mich in der Wirbelsäule nach links und rechts ein, sodass die Brustmuskulatur ausgedehnt wird und gleichzeitig die Wirbelsäule ein bisschen eingedreht wird. Dann habe ich den Oberkörper schon ein bisschen entspannt.“ 

Drehbewegungen stärken wichtige Muskeln

Dynamische Drehbewegungen sorgen nicht nur für eine Lockerung der Strukturen um die Wirbelsäule. Sie stärken auch wichtige Muskeln, die die Wirbelsäule stabilisieren.

Wir haben gerade im Rumpfbereich sogenannte gefiederte Muskeln. Man kann sie sich quasi so vorstellen wie die Flügel eines Vogels - und die sind deswegen so wichtig, weil der Muskel auch dafür sorgt, dass wir uns drehen können. Also rotieren im Dienste der Gesundheit. Das ist die Empfehlung, die ich allen mitgeben möchte.  

Sportwissenschaftler Ingo Froböse

Empfehlungen der WHO

Und weiter nach oben: Den Kopf zur Seite drehen oder das Ohr in Richtung Schulter ziehen - lockert und mobilisiert die Halswirbelsäule.

Die WHO empfiehlt mindestens 150 bis 300 Minuten moderate Bewegung in der Woche (das kann auch Radfahren oder Spazierengehen sein) plus zusätzlich zweimal die Woche Krafttraining.
Bücher, Apps, YouTube-Videos: Angebote und Anleitungen gibt es wie Sand am Meer. Besonders wichtig ist es auch, die kleinen, tiefliegenden Muskelfasern an der Wirbelsäule zu erreichen.
Ingo Froböses Lieblingsübung ist der Hacker:     

„Man sitzt aufrecht, oder man steht ganz gerade, legt die Oberarme an, beugt den Arm im Ellbogengelenk 90 Grad. Die Hand ist offen, der Daumen zeigt nach oben. Und dann macht man ganz kleine, schnelle Hackbewegungen, als wenn man so Zwiebelschneiden würde. Auf, ab, ganz schnell. Je schneller, umso besser, weil diese kleine Hackbewegung wirkt mitten rein in die Lendenwirbelsäule. Und damit wird die Wirbelsäule viel besser stabilisiert und gesichert bei allen Bewegungen.“      

Auch Leistungssportler haben Rückenleiden

Oft sind es diese vermeintlichen Pillepalle-Übungen, die für die Stabilität und Flexibilität der Wirbelsäule eine entscheidende Rolle spielen – und das ist nicht nur bei Normalbürger*innen so. Auch austrainierte Leistungssportler kennen den Rückenschmerz und begegnen ihm durch entsprechendes Training. 
Froböse: „Ausgleichstraining tut hier not die feinen kleinen Übungen, die gar nicht so viel Lust insbesondere benötigen. Das ist wichtig, um ein Ausgleichstraining zu betreiben, um alle Muskeln mitzunehmen, um Leistung einfach zu erbringen.“

Bewusstsein für den Rücken schärfen

Grundsätzlich ist es erforderlich, das Bewusstsein für den Rücken zu schärfen: Das fängt bei der richtigen Haltung am Arbeitsplatz an und hört bei der Neigung des Kopfes beim Blick aufs Handy nicht auf, denn ungünstige Haltungen und statisches Verharren vor dem Monitor können zu Verspannungen und Schmerzen führen, denen aber Sport und Bewegung nachhaltig entgegenwirken.
Wie sagt man so schön: „Machen ist wie wollen – nur krasser!“                        

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