Zum Tod von Fred Fussbroich
Für ein Foto lächelten sie auch mal in die Kamera. Beim Dreh der Serie gelang es ihnen ansonsten, diese völlig unbekümmert zu ignorieren: Fred und Annemie Fussbroich 1995. © picture alliance / dpa / United Archives / Frank Hempel
Naturtalent des Reality-TV
06:39 Minuten
Die Doku-Familienserie "Die Fussbroichs" war Kult in der Pionierzeit des Reality-TV um 1990. Vater Fred trat darin so schlagfertig wie gelassen auf, erinnert sich der Filmkritiker Uwe Mies. Jetzt ist Fred Fussbroich mit 81 Jahren gestorben.
Falsch abgebogen auf dem Weg zum Ponyhof, Heimwerker-Drama nach dem Möbelkauf: Die häuslichen Szenen bei Familie Fussbroich sorgten vor dem Bildschirm oft für große Heiterkeit. Der Filmkritiker Uwe Mies erinnert sich an "eine Balance aus Fremdschämen und Schadenfreude, aber auch einem unverkennbaren Wiedererkennungseffekt".
TV-Dreh in der Drei-Zimmer-Wohnung
Als die Dokumentation über den Alltag einer Kölner Arbeiterfamilie 1990 in Serie ging, war eines von Anfang an sehr ungewöhnlich, sagt Mies: Die Fussbroichs schauten niemals in die Kamera. Das Filmteam, das sie in ihrer Drei-Zimmer-Wohnung auf Schritt und Tritt begleitete, schienen sie überhaupt nicht wahrzunehmen.
Völlig selbstverständlich agierten sie vor der Kamera, ließen sich bei der Urlaubsplanung zuschauen oder bei Diskussionen über die Schulprobleme des Sohnes. Vater Fred Fussbroich habe sich dabei stets durch besondere Gelassenheit hervorgetan, sagt Mies. Das TV-Publikum wurde Zeuge von "Widersprüchen und kleinen Brüchen", aber: "Die sind nie vor der Kamera aus der Haut gefahren."
Leute wie wir – nur ein bisschen speziell
Die Regisseurin Ute Diehl, die für die Serie 1992 eine Grimme-Preis erhielt, hatte mit der Kölner Familie offenbar eine gute Wahl getroffen. Der gemäßigte Dialekt der Fussbroichs wirkte authentisch, sei aber auch in Bielefeld oder Paderborn noch gut zu verstehen gewesen, meint Mies.
Wenn Fred Fussbroich versuchte, eine Kommode aus einem schwedischen Möbelhaus zusammenzuschrauben, und kläglich scheiterte, dachten vor dem Bildschirm viele: "Das habe ich auch schon erlebt." In Köln gehöre die Serie bis heute zur Folklore, sagt Uwe Mies. Die Menschen hätten ehemals gespürt: "Das sind Leute wie du und ich – nur ein klein bisschen anders."