"Scheiß Bullen!"
Polizisten schützen Demonstrationen, auch die von Rechten. Mancher Gegendemonstrant unterstellt ihnen dann, auch sie seien rechts. Ein Berliner Polizeidienstmeister erzählt, wie er mit Anfeindungen auf der Straße umgeht.
"Mein Name ist Stefan Hoffmann, Polizeidienstmeister, seit 2010 im Polizeidienst. Ich bin Mannschafter bei der Bereitschaftspolizei und meine Aufgabe ist die Aus- und Fortbildung und auch alle anderen Tätigkeiten: Wir betreuen den Schutz der Demos, den Schutz von Fußballspielen, wir machen auch wie kürzlich Evakuierungen oder wir machen auch ganz normale Funkwagenunterstützungen."
"Okay, wir wollen noch mal eine Situation üben mit einem polizeilichen Gegenüber, was jetzt nicht so ganz kooperativ ist. Der Straftäter lässt sich jetzt nicht ohne weiteres festnehmen, pöbelt mal ein bisschen rum: Ihr kriegt mich nicht, ihr nehmt mich nicht fest, ...!"
Die Polizisten in der Turnhalle tun sich zu dritt zusammen, einer übernimmt die Rolle des Straftäters, zwei die der Polizisten. Die Männer und Frauen, die hier trainieren, gehören auch zur so genannten Hundertschaft, der Polizei-Einheit für die Großeinsätze, die häufig mit Körperpanzer und Helm ausrückt. Jetzt eine Übung zur Festnahme eines wenig kooperativen Täters.
"Scheiß Bullen! Ihr krieg mich nicht! Weicheier, kommt ran ihr!"
Immer zwischen den Fronten
Einsatzübung mit Widerstand. Alltag für die Polizisten, die in ihrem Beruf oft zwischen den Fronten stehen. Zwischen Fußballgegnern etwa, oder Demonstranten und Gegendemonstranten.
"Unsere Aufgabe ist es dann, den Schutz der Demo zu gewährleisten. Wir schützen nicht das Thema oder das Motto. Wir schützen das Versammlungsrecht."
Stefan Hoffmann, 26, groß, durchtrainiert, kurze Haare – hat nichts von den vom Leben gezeichneten Polizisten, die so oft in Fernsehkrimis auftauchen. Er wirkt wie einer, der nicht aus der Reihe tanzt, der seine Arbeit gewissenhaft erfüllt und keine Fehler machen will. Er ist gerne bei der Bereitschaftspolizei, sagt er:
"Ich bin keiner, der Routine haben möchte. Deswegen hab ich diesen Job, weil jeder Tag ist anders abwechslungsreich und aufregend."
Und im Gegensatz zur oft anderen Meinung über Polizeiarbeit, findet Hoffmann, dass sein Job auch eine tägliche Übung in Sachen Toleranz ist.
"Ich verbinde Toleranz auch immer mit Unvoreingenommenheit. Wir müssen für alle Demos dasselbe gewährleisten. Natürlich ist es schwierig, aber man muss da teilweise auch drüberstehen, man muss sich vorstellen wir schützen das Grundrecht und nicht ein konkretes Thema."
Anlässe für Chaos und Randale gibt es in Berlin viele
Und das bedeutet oft auch Provokationen und Beleidigungen ertragen.
"Also, die Leute werden auch uns gegenüber aggressiv, viele Leute mögen die Polizei leider nicht und solche Situationen hab ich natürlich auch erlebt. Viele Personen sind auch emotional und alkoholisiert und das führt oft zu Aggressionen, dass wir körperlich angegangen werden oder beschimpft werden oder dass man versucht uns Einsatzmittel zu klauen, aber da ist die Polizei klar gehalten, dementsprechend durchzugreifen und Gesetze durchzusetzen."
Antworten wie aus dem Lehrbuch. Polizist Hoffmann wirkt immer kontrolliert. Sein Berufsalltag ist oft das Gegenteil: Ausschreitungen in Berlin Friedrichshain, Fußballspiele zwischen Dynamo Dresden und FC Union, Auseinandersetzungen zwischen Kurden und Türken, die Walpurgisnacht, die 1.-Mai-Demonstrationen - Anlässe für Chaos und Randale gibt es viele in Berlin. Für Hoffmann ein Grund mehr, professionell zu bleiben und sich an die Paragraphen zu halten.
"Also, man muss als Polizist gerade als Hundertschaft belastbar sein - nicht nur körperlich, sondern auch psychisch, dass man über bestimmte Sachen hinweghört, weil es keinen Sinn macht. Es kommt immer auf die Situation an, wie viele Leute da sind und wie viele man selber ist. Wenn da 50 Leute stehen und das Wort 'Scheiß Bulle' kommt, dann kann man das nicht nachvollziehen und es wird niemand festgenommen."
Vielleicht schafft auch die Uniform Abstand
Persönlich, sagt Hoffmann, steckt er das auch meistens weg, die Aggressionen.
"Man unterhält sich mit eigenen Kollegen, die dabei waren, das hilft auch das Ganze zu verarbeiten. Auch wenn man sich ablenkt, wir machen ja ganz viel Sport, dann vergisst man viele Sachen auch wieder."
Vielleicht ist es auch die Uniform, die Abstand schafft zwischen dem ich und der Welt. Und die sich nach getaner Arbeit abstreifen lässt wie eine zweite Haut. Vielleicht ist es die Gruppe, die vor Ort ausgleicht und beschwichtigt.
"Wir treten nie alleine auf, auch zum Schutz des Beamten selbst sind wir immer zu zweit oder in Gruppen. Man merkt immer, dass man Kollegen im Rücken hat, die einen unterstützen oder wenn man merkt, man steigert sich vielleicht zu sehr rein, dass der auch mal den Kollegen zur Seite nimmt und das Gespräch übernimmt. Das ist ne große Hilfe."
Was Hoffmann nicht gut ertragen kann, ist wenn Kolleginnen bei Einsätzen sexistisch angemacht werden oder wenn er als Nazi beschimpft wird:
"Wir Polizisten werden ja gerne als Nazis bezeichnet. Nur weil wir eine Demo von Rechten begleiten, heißt das aber nicht, dass ich die gut finde. Ich bin nicht rechts gesinnt, aber man muss sich das anhören."